Mit dem Siegeszug sozialer Netzwerke wie Facebook hat der Online-Exhibitionismus der Nutzer eine völlig neue Dimension angenommen. Für diejenigen, denen die Selbstdarstellungsmöglichkeiten der Web-Communitys noch immer zu wenig sind, um sich selbst öffentlich zu entblößen, zeichnet sich nun bereits der nächste Stern am Himmel ab: Schon 2011 soll eine App namens "Jigsaw" auf den Markt kommen, die sowohl das eingebaute Mikrofon als auch die GPS- und Bewegungssensoren von Smartphones überwacht, daraus die aktuellen Aktivitäten des Users ableitet und die gefundenen Informationen an alle Online-Kontakte verschickt.
"Jigsaw ermöglicht es, zu protokollieren, wie aktiv die Nutzer jeden Tag sind", zitiert der NewScientist den Computerwissenschaftler Hong Lu vom Dartmouth College in Hew Hampshire, der gemeinsam mit dem Nokia Research Center an der entsprechenden App-Umsetzung arbeitet. Die gesammelten Daten könnten dann etwa an Ärzte oder Fitnesstrainer weitergeleitet werden und so längerfristig den Gesundheits- bzw. Fitnesszustand der User verbessern, gibt sich Lu überzeugt. Auf Wunsch lassen sich die Ergebnisse aber auch automatisch an alle Facebook-Freunde verschicken.
Gefahr der Überwachung
"Die Frage, die sich in Zusammenhang mit derartigen Ansätzen immer stellt, ist die, ob die betreffenden Applikationen tatsächlich eine sinnvolle Aufgabe für die User erfüllen oder lediglich die Datensammelbemühungen der Hersteller widerspiegeln", betont Marit Hansen, stellvertretende Landesbeauftragte beim Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein. Im Fall von Jigsaw müsse man zu einer endgültigen Einschätzung aber wohl oder übel noch auf den offiziellen Marktstart warten.
Aus datenschutzrechtlicher Sicht müsse in Bezug auf die App aber vor allem darauf geachtet werden, wo und in welchem Umfang die erhobenen User-Daten gespeichert werden. Jigsaw-Entwickler Lu verspricht, dass keinerlei Daten auf externe Server wandern, sondern immer nur auf dem Handyspeicher abgelegt werden sollen. "Auch wenn dies wirklich stimmt, lässt sich nicht leugnen, dass durch solche Anwendungen die Gefahr der Überwachung prinzipiell stark ansteigt", kritisiert Hansen.
Algorithmus erkennt Verhaltensmuster
Der technische Ansatz, der hinter Jigsaw steckt, ist dabei recht einfach: Die App nutzt das Mikrofon sowie die GPS- und Bewegungssensoren, um Daten über die aktuellen Aktivitäten eines Smartphone-Besitzers zu sammeln. Die zusammengetragenen Informationen werden anschließend von einem speziellen Algorithmus einer Reihe vordefinierter Verhaltensmuster zugeordnet, die wiederum einen Rückschluss auf die tatsächlichen Aktivitäten des Users zulässt.
Wie App-Entwickler Lu verrät, wird das System dabei technisch so genau arbeiten, dass es keinen Unterschied macht, wo am Körper ein Nutzer sein Smartphone mit sich führt. Egal, ob er es in der Hosentasche aufbewahrt, die in der Regel mehr Erschütterungen zu spüren bekommt, oder in der etwas geschützteren Jacke - die Software kann in beiden Fällen problemlos erkennen, ob sich ein User gerade bewegt oder nicht. Die Markteinführung ist im kommenden Jahr für Apples iPhone und Nokia-Smartphones vorgesehen. pte (bw)