Handys: ODM-Hersteller heizen Markenanbietern mächtig ein

07.08.2003
Über Lieferverträge mit Original Design Manufacturer (ODMs) treten die Mobilfunkbetreiber zunehmend in Konkurrenz zu den Markenanbietern. Microsoft wittert Chancen, sich gegen die Übermacht der Symbian-Fraktion vorzuboxen und vergibt großzügig Lizenzen.

Sein neues Handy namens "Qtek" sei das beste, das er jemals besessen habe, wird der schwedische Unternehmer Fredrik Blomkvist von dem Nachrichtendienst Bloomberg zitiert. "Das ist das Telefon, worauf ich die ganze Zeit gewartet habe. Es ist das Gerät der Zukunft", erklärt der 37-Jährige, der gerade ein Restaurant in Stockholm eröffnet hat. Was er da so über allen Klee lobt ist ein GPRS-Smartphone mit großem Farbdisplay, einer eingebauten Kamera und vom PC gewohnten Microsoft-Anwendungen wie E-Mail- und Kalenderabfrage.

Und das Gerät kommt nicht etwa von Nokia, Motorola oder Sony Ericsson, sondern von einem taiwanischen Unternehmen namens High Tech Computer (HTC), wie Chipsatz-Anbieter VIA im Besitz von Cher Wang, Toch-ter des chinesischen Milliardärs Wang Yung-ching (siehe ComputerPartner 25/03, Seite 37). Es handelt sich dabei um einen der größten ODM-Hersteller für Handys und PDAs. ODM steht für Original Design Manufacturer, und die meisten davon sitzen in Taiwan und Israel.

Flexibilität ist Trumpf

Derzeit liegt ihr Anteil am Weltmarkt bei etwa 10 Prozent. Bis 2005 sollen es 40 Prozent sein. Davon geht jedenfalls das Stockholmer Marktforschungsinstitut Northstream aus, das in zwei Jahren mit einem Weltmarktvolumen von 100 Milliarden Dollar rechnet. Vertragspartner der ODMs sind in zunehmendem Maße die großen Netzbetreiber wie Orange SA und T-Mobile, die den Markenanbietern im Gerätemarkt vermehrt selbst Konkurrenz machen.

So haben die Top Five der Markenanbieter seit dem Jahr 2000 zusammen bereits 220 Milliarden Dollar an Wertverlust hinnehmen müssen. Der einzige Hersteller, dessen Börsenwert gestiegen ist, ist der Drittplatzierte Samsung. Was das koreanische Unternehmen so schnell an die Spitze katapultiert hat, ist ein hohes Maß an Innovation. Und da hat es mit den ODMs einiges gemeinsam. Denn diese können in der Regel wesentlich schneller auf Kundenwünsche reagieren als die Großen.

Microsoft wittert Chancen gegen die Symbian-Fraktion

"Wenn wir an einen Betreiber herantreten, sagen wir ihm, das sei die Plattform, der Rest läge an ihm", erklärt Avner Mor, CEO des israelischen Herstellers Alphacell, neben HTC und Acer-Ableger Benq einer der führenden Anbieter im ODM-Markt. Je nach Wunsch können laut Mor Anwendungen und Hot Keys hinzugefügt sowie die Sprache und der Text verändert werden.

Nachdem die Netzbetreiber Hunderte von Milliarden für die UMTS-Lizenzen ausgegeben haben, hoffen sie, mit individuellen Angeboten die Gunst der Kunden gewinnen zu können. Als der schwedisch-finnische Marktführer Telia Sonera Oyi das "Qtek" in Auftrag gab, hatte er zuvor bei 1.000 Geschäftskunden einen Testlauf gestartet. Ergebnis der Untersuchung war, dass die meis-ten Probanden die E-Mail- und die Kalenderfunktion zu ihren bevorzugten Anwendungen erklärten.

Der steile Aufstieg der ODMs ist nicht zuletzt auch eine Chance für Microsoft, in dem Markt mehr Gewicht zu erlangen. Denn die meisten großen Markenhersteller halten es mit Symbian, einem Joint Venture mit Beteiligung unter anderem von Nokia, Motorola und Samsung. Erleichtert wurde der Neueinstieg in den Markt auch, als Texas Instruments, Motorola und Ericsson AB begonnen haben, die Technologie für die benötigten Chips frei zu lizenzieren.

Während sich Peter Wissinger, Leiter der europäischen Microsoft-Mobilfunkdivision in Stockholm, schon die Hände reibt, dem Weltmarktführer Anteile abluchsen zu können, gibt sich Nokia-CEO Jorma Ollila relativ gelassen. Die ODMs seien in der Regel "zu klein, um als Konkurrenz gesehen zu werden" und Microsoft mit seinem PC-Legat in dem Mobilfunkmarkt zu unerfahren "mit dem unausweichlichen Ergebnis", so der 52-jährige Finne.

www.htc.com.tw; www.nokia.de

www.northstream.com

ComputerPartner-Meinung

Den Fachhändlern mag ein wachsendes ODM-Angebot der Betreiber vordergründig als Gefahr erscheinen. Indirekt könnte es ihnen aber auch nutzen, sind die Markenanbieter so vielleicht gezwungen, ihnen wieder etwas mehr Entgegenkommen zu zeigen. (kh)

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