Hanseatisch bescheiden

23.03.2006
Seit fast 15 Jahren arbeitet Wick Hill mit einem kleinen Portfolio an Security-Lösungen leise und beständig vor sich hin. So scheint es zumindest. Wachstum verboten?

Von Alexander Roth

Was aus einem anderen Mund wie eine dahergesagte Marketingparole klingt - dem hanseatisch-kühlen Helge Scherff, verantwortlich für das Deutschland-Geschäft des englischen Value Added Distributors Wick Hill, nimmt man es ab: "Wir werden immer wieder von Fachhändlern angerufen und gefragt, ob wir nicht den einen oder anderen Security-Spezialisten wieder an Bord nehmen könnten. Hersteller, mit denen wir bereits in der Vergangenheit gearbeitet haben und die jetzt bei anderen Distributoren anscheinend nicht adäquat weitervertrieben werden."

Diese Aussage beschreibt das Geschäft von Wick Hill und zugleich die Strategie des Unternehmens möglicherweise besser, als Scherff es beabsichtigt hatte. Denn die "Wick-Hillsche" Art der Value Added Distribution scheint ihren Preis zu haben. Die Firmenpolitik des VADs - ob englische Mutter oder deutsche Tochter - besagt: Das Portfolio bleibt limitiert auf maximal 15 Hersteller, da können die Fachhändler noch so oft anrufen.

Mehrwert gehörte von Anfang an zum Portfolio

Die Hamburger Niederlassung von Wick Hill vertreibt seit Anfang der 90er-Jahre Sicherheitslösungen, viele Hersteller kamen und gingen. Mehrwert durch Beratung, Schulungen und Support gehörten dabei von Anfang an zum Angebot des Distributors.

Derzeit finden sich zehn Sicherheitsspezialisten im Sortiment von Wick Hill. Die Lösungspalette dreht sich um die Themen Internetsicherheit, Webmanagement und Internetzugang, mit entsprechenden Produkten von Herstellern wie Allot, Kaspersky, Innominate, Barracuda oder Finjan. Die treueste Partnerschaft besteht mit Watchguard: WickHill wurde in diesen Tagen von dem US-Sicherheitsspezialisten, der seinen deutschen Sitz ebenfalls in Hamburg hat, gleich doppelt geehrt: als weltweit größter Distributor und zum zehnjährigen Vertriebsjubiläum. Aber warum kommt für Wick Hill Deutschland eine langfristige Erweiterung des Portfolios, gerade in einem wachsenden Security-Markt, nicht in Frage? Scherff: "Erstens folgen wir der Strategie des Londoner Hauptsitzes, die ein möglich identisches Sortiment in beiden Ländern anstrebt, und zweitens wollen wir unsere technischen Berater nicht mit einem unübersichtlichen Portfolio überfordern. Das ist das Erfolgsrezept und zugleich unser Qualitätsanspruch."

Scherff betont, dass ein Value Added Distributor schnell den ersten Teil dieser Nomenklatur verlieren könne, wenn die Vertriebsmitarbeiter, egal ob im Pre-Sales-Bereich oder im Support, keinen detaillierten Überblick über die Lösungspalette mehr hätten. "Das ist bei mehr als 15 Herstellern in der Regel der Fall", gibt sich Scherff bescheiden und fügt hinzu, dass Wick Hill Wachstum nicht an steigender Zahl von Distributionsabkommen misst, sondern eher daran, wie die Kooperationen mit den Fachhändlern und Herstellern zu intensiviert werden.

Schnelle Lieferungen aus England

Potenzial ist da: Aktuell beliefert Wick Hill nach Aussagen von Scherff zwar einige tausend Wiederverkäufer, wirklich eng arbeiten jedoch nur einige hundert mit dem Unternehmen zusammen. So soll möglichst schnell die deutsche 25-köpfige Mannschaft um eine Hand voll weiterer Vertriebsmitarbeiter aufgestockt werden. Scherff ist überzeugt davon, auch mit relativ wenigen Herstellern im Channel wachsen zu können. "Gerade im Security-Bereich sind Teststellungen ein wichtiges Thema. Hier haben wir dank der engen Zusammenarbeit mit den Herstellern überdurchschnittlich viele Möglichkeiten." Auch in puncto Lieferung, obwohl das Hauptlager in London liegt. Scherff: "Dank der Zeitverschiebung und der einfachen Zollbestimmungen können wir über England jede innerdeutsche Bestellung am nächsten Tag ausliefern, die bis 17 Uhr bei uns eingeht."

Überhaupt verdanke Wick Hill Deutschland viel der englischen Mutter. Denn der dortige Security-Markt ist aus Sicht von Scherff dem hiesigen um drei Jahre voraus. So setzt die deutsche Niederlassung automatisch frühzeitig auf Lösungen, die sich in England als Zugpferde erwiesen haben: Der neueste Distributionsvertrag wurde mit Surfcontrol abgeschlossen, einem Unternehmen, das die immer stärker gefragten Themen Compliance und Content-Analyse besetzt. Scherff: "Man muss sich frühzeitig der kommenden Gefahren wie der wachsenden Industriespionage bewusst werden. Denn irgendwann werden auch Hype-Themen wie Spyware abgefrühstückt sein."

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