Heikles Thema: Sexuelle Belästigung im Betrieb

28.11.1997
MÜNCHEN: Auf Empfehlung der EG-Kommission wurde vom Deutschen Bundestag 1994 das Beschäftigtenschutzgesetz (BSchG) erlassen. Ziel ist es dabei, die Würde von Frauen und Männern durch den Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu wahren. Der Arbeitgeber ist somit verpflichtet, gegen den Belästiger arbeitsrechtliche Schritte einzuleiten. Das darf jedoch nicht als Freibrief verstanden werden, unliebsame Mitarbeiter anzuschwärzen, denn auch in diesem Fall kann die Kündigung drohen.Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz kommt sicherlich häufiger vor, als es sich in der hierzu recht spärlich vorliegenden Rechtsprechung widerspiegelt. Der drohende Verlust des Arbeitsplatzes, das Schamgefühl oder die unsichere Beweisfrage machen es verständlich, daß Belästigte dieses Tabuthema, trotz gravierender Ehrverletzung und Wut, in letzter Konsequenz nicht beim Arbeitgeber vortragen. Dabei hat schon 1991 die EG-Kommission eine Empfehlung zum Schutz der Würde von Männern und Frauen am Arbeitsplatz ausgesprochen. Diesen Vorschlag hat der deutsche Bundestag durch das Gesetz vom 24.06.94 zum Schutz der Beschäftigten vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz aufgegriffen und als Schutzgesetz (Beschäftigtenschutzgesetz - BSchG) umgesetzt.

MÜNCHEN: Auf Empfehlung der EG-Kommission wurde vom Deutschen Bundestag 1994 das Beschäftigtenschutzgesetz (BSchG) erlassen. Ziel ist es dabei, die Würde von Frauen und Männern durch den Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu wahren. Der Arbeitgeber ist somit verpflichtet, gegen den Belästiger arbeitsrechtliche Schritte einzuleiten. Das darf jedoch nicht als Freibrief verstanden werden, unliebsame Mitarbeiter anzuschwärzen, denn auch in diesem Fall kann die Kündigung drohen.Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz kommt sicherlich häufiger vor, als es sich in der hierzu recht spärlich vorliegenden Rechtsprechung widerspiegelt. Der drohende Verlust des Arbeitsplatzes, das Schamgefühl oder die unsichere Beweisfrage machen es verständlich, daß Belästigte dieses Tabuthema, trotz gravierender Ehrverletzung und Wut, in letzter Konsequenz nicht beim Arbeitgeber vortragen. Dabei hat schon 1991 die EG-Kommission eine Empfehlung zum Schutz der Würde von Männern und Frauen am Arbeitsplatz ausgesprochen. Diesen Vorschlag hat der deutsche Bundestag durch das Gesetz vom 24.06.94 zum Schutz der Beschäftigten vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz aufgegriffen und als Schutzgesetz (Beschäftigtenschutzgesetz - BSchG) umgesetzt.

Ziel des Beschäftigtenschutzgesetzes ist die Wahrung der Würde von Frauen und Männern durch den Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Gemäß ñ 1 II BSchG gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes sowohl für private als auch für öffentliche Betriebe. Nach ñ 2 I BSchG haben Arbeitgeber und Dienstvorgesetzte die Beschäftigten vor sexuellen Belästigungen am Arbeitsplatz zu schützen, wobei dieser Schutz auch vorbeugende Maßnahmen umfaßt.

Als sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz gelten nicht nur die sexuellen Handlungen und Verhaltensweisen, die nach unserem Strafgesetzbuch unter Strafe gestellt sind. Vielmehr gehören nach ñ 2 II Ziff. 2 BSchG auch sonstige Handlungen und Aufforderungen, etwa sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie das Zeigen pornographischer Darstellungen, die von den Betroffenen erkennbar abgelehnt werden, zur sexuellen Belästigung. Demnach ist eine Handlung im Sinne des Gesetzes als sexuell auszulegen, wenn sie nach ihrem äußeren Erscheinungsbild für das allgemeine Verständnis eine Beziehung zum Geschlechtlichen aufweist, wobei bei zweideutigen oder ambivalenten Handlungen eine sexuelle Absicht hinzukommen muß.

Körperliche - auch kurzfristige, flüchtige oder über die Kleidung ausgeführte - Berührungen der primären oder sekundären Geschlechtsmerkmale sowie am Gesäß fallen ebenfalls unter das Gesetz. Bemerkungen sexuellen Inhalts sind Aussagen, die offen oder in verschleierter Form über Partnerwahl, sexuelles Verhalten, sexuelle Vorlieben oder auch die sexuelle Ausstrahlung von An- oder Abwesenden gemacht werden.

Die Pflichten des Arbeitgebers

Letztlich ist bei sexuellen Belästigungen der Arbeitgeber nach ñ 4 I Ziffer 1 BSchG verpflichtet, gegen den Belästiger die im Einzelfall angemessenen arbeitsrechtlichen Maßnahmen wie Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung zu ergreifen. Nach dieser Vorschrift hat also der Arbeitgeber auch bei sexuellen Belästigungen gegenüber dem Belästiger den allgemein im Arbeitsrecht geltenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, indem er in abgestufter Form Maßnahmen zu treffen hat. Deshalb kann der Arbeitgeber auf eine sexuelle Belästigung gegenüber dem Belästiger nur dann mit dem Ausspruch einer Kündigung reagieren, wenn eine Abmahnung, Umsetzung oder Versetzung nicht ausreicht, um die Fortsetzung sexueller Belästigungen durch diesen zu unterbinden. Der sofortige Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung ist daher regelmäßig nur dann, unter engen Voraussetzungen, angemessen, wenn der Umfang und die Intensität der bisherigen sexuellen Belästigungen sowie die Abwägung der beiderseitigen Interessen diese Maßnahme auf die sittliche Verfehlung rechtfertigen (LAG Hamm, Az.: 6 Sa 730/96). Zu diesem Ergebnis ist das Landesarbeitsgericht Hamm (Az.: 17 Sa 1544/96) auch in einer weiteren Entscheidung gekommen: Weil ein Ausbilder seinen Arm um die Schulter einer Auszubildenden gelegt hatte, kündigte ihm der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos. Der Arbeitgeber hielt diese außerordentliche Kündigung für gerechtfertigt, weil bereits dieses Verhalten eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz darstellt. Ähnlich sahen das auch die Richter, sie hielten die fristlose Kündigung aber in diesem konkreten Fall für überzogen.

Zwar stellt das Legen des Armes um die Schultern einer Auszubildenden eine sexuelle Belästigung der Auszubildenden am Arbeitsplatz dar. Das gilt auch dann, wenn der Ausbilder mit diesem Verhalten keine sexuellen Absichten verfolgt. Denn nach § 2 II Ziffer 2 BSchG sind sämtliche körperlichen Berührungen, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild für das allgemeine Verständnis eine Beziehung zum Geschlechtlichen aufweisen und die von der hiervon Betroffenen erkennbar abgelehnt werden, untersagt. Da aber gemäß ñ 4 I Ziffer 1 BSchG vom Arbeitgeber bei seiner Reaktion auf sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten ist, darf der Arbeitgeber auf ein solches Armumlegen des Ausbilders grundsätzlich zunächst nur mit einer Abmahnung und nicht bereits mit der außerordentlichen fristlosen Kündigung reagieren.

Gravierendere Übergriffe, wie das Abtasten der Brust oder der Griff unter den Rock, rechtfertigen dagegen regelmäßig die außerordentliche Kündigung (LAG Hamm, Az.: 17 Sa 956/90). Das gilt auch dann, wenn sich die so Belästigte nicht sofort bei den Vorgesetzten des Belästigers oder beim Arbeitgeber direkt beschwert hat (Bundesarbeitsgericht, Az.: 2 ABR 24/85).

Der Arbeitgeber ist gut beraten, entsprechenden Hinweisen oder Beschwerden nachzugehen und geeignete Maßnahmen zur Unterbindung der sexuellen Belästigung zu treffen. Denn: Unterläßt er das, ist der Belästigte berechtigt, seine Arbeitstätigkeit ohne Verlust des Arbeitsentgelts einzustellen, soweit das zu seinem Schutz erforderlich ist (§ 4 II BSchG).

Beschäftigtenschutzgesetz: Kein Freibrief für Denunzianten

Das Beschäftigtenschutzgesetz ist andererseits aber auch kein Freibrief, um mißliebige Kollegen anzuschwärzen.

Wer bewußt wahrheitswidrig behauptet, er sei von einem Kollegen sexuell belästigt worden, riskiert nämlich selbst die Kündigung. Denn eine solche Denunzierung würde eine grobe Beleidigung darstellen und das Vertrauensverhältnis, auch unter Kollegen, tiefgreifend erschüttern (LAG Rheinland-Pfalz, Az.: 10 Sa 1090/95). (jlp, Rechtsanwalt Reinhard Hahn)

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