Heißbegehrte Fachkräfte sind nicht nur auf hohe Gehälter scharf

22.06.2000
Der anhaltende Fachkräftemangel zwingt die IT-Branche, sich mehr und mehr Gedanken zu machen, wie sie an qualifizierte Mitarbeiter kommt und diese danach auch hält. Eine Studie der Unternehmensberatung R&P zeigt: Die Trends der letzten Jahre wandeln sich.

Die althergebrachte Stellenanzeige in der Tageszeitung hat für die meisten Unternehmen auf Mitarbeitersuche immer weniger Wert. Die meisten Personalchefs halten der traditionellen Printanzeige zwar noch die Treue, aber der Trend geht eher in Richtung Fachzeitschrift. Mehr und mehr an Bedeutung gewinnt das Internet. Digitale Stellenanzeigen und Jobbörsen werden nach Einschätzung von über zwei Drittel der befragten 117 Unternehmen bei der Jagd nach qualifizierten Mitarbeitern immer wichtiger.

Ein anderer Weg, der immer beliebter wird, ist der direkte Gang zu den Brutstätten der Spezialisten - zu den Hochschulen. Auf so genannten "Rekrutierungs-Events" werden Köder ausgelegt, um die begehrten IT-Studenten ins eigene Lager zu locken. Doch nicht nur diese, auch Ingenieure sind "Raritäten". Laut der Studie von R&P werden weniger Führungskräfte gesucht, denn eher wirkliche IT-Spezialisten - und laut Aussage der Unternehmen nicht in den zent- ralen IT-Abteilungen, sondern in den Fachabteilungen. Die wachsende Normalität im Umgang mit Computern macht den User-Support, der durch die Firma hüpft und Standardsoftware installiert, mehr und mehr zum Urgestein. Die Neuzugänge werden für Spezialaufgaben oder Projekte benötigt.

Die Personalverantwortlichen der befragten Firmen sind sich durchaus bewusst, dass der Bedarf an Fachkräften trotz Greencard weiterhin steigen wird. Dies zeigt sich daran, dass über die Hälfte für die Zukunft mit höheren Kosten für Personalbeschaffung im IT-Bereich rechnet. Auch die Gehälter werden steigen - ein Drittel der befragten Arbeitgeber erwartet in den nächsten drei Jahren einen Preisanstieg von bis zu 3,5 Prozent. Über 40 Prozent planen bis zu fünf Prozent ein, und gut 24 Prozent prophezeien einen Zuwachs von 7,5 Prozent.

Getränke und die Kantine sind Motivationsfaktoren

Wenngleich das vorrangigste Personalproblem die Beschaffung ist (54 Prozent), haben die Unternehmen auch noch andere Schuhe, die sie drücken. Die Fluktuation zum Beispiel. Laut der R&P-Studie ist "der Markt so wechselhaft und chancenvielfältig" geworden, dass gut ein Viertel der Befragten intensiv darüber nachdenkt, wie man die eroberten Spezialisten auch im Unternehmen halten kann. Neun Prozent der Arbeitgeber knapsen an zu hohen Gehältern - nicht ohne die Befürchtung, dass "draußen" durch die Spezialisten-Knappheit "exorbitante Gehaltsentwicklungen" möglich sind.

Die Arbeitnehmer dagegen sind laut einer Studie von Integra, Anbieter von E-Commerce- und Websites, nicht einmal so sehr am Geld interessiert. Vielmehr steht für die Mehrheit der Beschäftigten der persönliche Freiheitsgrad im Job im Vordergrund. Freie Arbeitszeit, zwanglose Kleiderordnung oder das "Duzen" im Betrieb sind nur einige Motivationspunkte. Ebenso wichtig sind so scheinbar nebensächliche Dinge wie freie Getränke oder die Qualität der Kantine.

Ebenso maßgeblich sind für Arbeitnehmer Chancen, am Erfolg des Unternehmens teilzuhaben. Sie legen zum Beispiel viel Wert auf Aktienoptionen. Diesen Trend sieht die Studie vor allem bei den neuen Internet-Firmen. In der sogenannten "Offline-Wirtschaft" wollen nicht einmal zehn Prozent der Beschäftigten am Unternehmen beteiligt sein. (gn)

www.rpmc.org

www.integra-europe.de

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