Hektik im Speichermarkt

24.05.2002

Wenn man den Speichermarkt betrachtet, könnte man das Gefühl bekommen, große Dinge würden ihre Schatten vorauswerfen. Aber keiner weiß, wo die Entwicklung letztendlich hingeht.

In den letzten Monaten überschlugen sich die Ankündigungen für neue Speichertechnologien. Die PR-Kampagne, die SIS wie Phönix aus der Asche auferstehen ließ, brachte zunächst die DDR-333-Lawine ins Rollen. Noch bevor man sich auf einen gemeinsamen Standard geeinigt hatte, gab es Chipsätze für diesen Speicher. Wo Nachfrage ist, entsteht auch immer ein Angebot. Doch das Risiko, das die Industrie in diesem Fall eingeht, ist nicht zu unterschätzen. Bisher hatten Fachhandel und Assemblierer die Gewissheit, dass dort wo DDR 266 drauf steht, auch DDR 266 drin war. Für DDR 333 gilt das derzeit nicht. Lediglich für SO-DIMMs gibt es eine relativ dünne Spec der JEDEC. An den endgültigen Eckdaten für DDR 333 SDRAM wird derweil noch fieberhaft gearbeitet. Wer heute also Rechner mit PC 2700 Modulen verkauft, muss hoffen, dass die verwendeten Speicher demnächst innerhalb der Norm liegen. Das Risiko liegt allein beim Händler. Auch die Interoperabilität ist nicht gewährleistet. Sicherlich testen die A-Brands die wichtigsten Produkte der Konkurrenz, aber was ist mit den Modulen kleinerer Hersteller. Memory Solution verzichtet daher bis zum Abschluss der Beratungen der JEDEC darauf, für die Eigenmarke takeMS DDR 333 Module zu fertigen. Das wir uns dabei in bester Gesellschaft befinden, beweist Intel. Auch dort wartet man mit der Produktion eines eigenen Chipsatzes für DDR 333 die "final Spec" ab.

Dafür sorgt man dort bei den Rambus-Modulen für einige Verwirrung. Auch wenn es in den offiziellen Pressemitteilungen anders steht - der neue 845G Chipsatz ist PC 1066 tauglich. Der für die neuen P4s mit 533 MHz Frontside-Bus gedachte Chip hat aber zwei Haken. Zum einen gibt es noch keine PC 1066 Module, da Intel den Launch um sechs Wochen vorgezogen und somit alle Speicherhersteller auf dem falschen Fuß erwischt hat. Zum anderen benötigen die Prozessoren mit dem schnelleren Frontside-Bus Module mit einer Zugriffszeit von 40 Nanosekunden anstelle der bisher verwendeten 45 Nanosekunden Riegel. Ein "Recycling" alter RDRAMs in neuen Maschinen fällt somit aus. Auch beim Aufrüsten gilt es demnächst, genauer nachzufragen, was denn schon im Rechner steckt. Die hektischen Aktivitäten erstrecken sich jedoch nicht nur auf die neuesten, sondern gleichzeitig auf die zukünftigen Speichergenerationen. DDR 400, ursprünglich als erstes Modul des DDR-II-Standards gedacht, droht jetzt in zwei Varianten auf den Markt zu kommen. Weil die nächsten Chipsätze von VIA und SIS es unterstützen, hat Samsung die ersten PC-3200-Speicher nach alter DDR-Spec vorgestellt. Dass dabei die paar MHz gleich wieder den schlechteren Latenzzeiten geopfert werden, scheint keine Rolle zu spielen. Für den Anwender wird außer teureren Modulen nicht viel Verwertbares herausspringen. Da aber die zu heutigen DDR-SDRAMs nicht pinkompatiblen PC-3200-Speicher nach DDR-II-Standard schon für den Herbst dieses Jahres geplant sind, bleibt die Hoffnung, dass sich das DDR-Konsortium noch einmal auf ein gemeinsames Vorgehen einigt. So könnte man auch die Preisturbulenzen der letzten Wochen ein wenig in den Griff bekommen. Denn nicht alles, was passierte, lässt sich auf die Übernahmeschlacht von Micron und Hynix schieben. Preissprünge von bis zu 25 Prozent über Nacht sind jedenfalls ein unkalkulierbares Risiko für Grossisten wie Fachhändler. Ein Ende all dieser Hektik ist derweil nicht abzusehen.

Edmund Dägele,

Geschäftsführer Memory Solution

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