Verbündete im Gebrauchtsoftware-Handel

Henkel und v. Pierer bei UsedSoft

23.11.2012
Hans-Olaf Henkel und Heinrich v. Pierer wollen eine Lanze für den Handel mit Gebrauchtsoftware brechen. Als Verwaltungsräte der UsedSoft wollen sie dem Gebrauchtsoftware-Händler bei der geplanten europäischen Expansion und der Erweiterung des Portfolios unter die Arme greifen. Ein finanzielles Engagement sei bislang aber nicht vorgesehen, betonten Henkel und v. Pierer gleichermaßen.
Erster gemeinsamer Auftritt für UsedSoft (v.l.): Hans-Olaf Henkel, (Verwaltungsrat) Peter Schneider (Geschäftsführer) und Heinrich v. Pierer (Verwaltungsrat)
Erster gemeinsamer Auftritt für UsedSoft (v.l.): Hans-Olaf Henkel, (Verwaltungsrat) Peter Schneider (Geschäftsführer) und Heinrich v. Pierer (Verwaltungsrat)
Foto: UsedSoft

Hans-Olaf Henkel und Heinrich v. Pierer wollen eine Lanze für den Handel mit Gebrauchtsoftware brechen. Als Verwaltungsräte der UsedSoft wollen sie dem Gebrauchtsoftware-Händler bei der geplanten europäischen Expansion und der Erweiterung des Portfolios unter die Arme greifen. Ein finanzielles Engagement sei bislang aber nicht vorgesehen, betonten Henkel und v. Pierer gleichermaßen.
Ausschlaggebend für den Start der Zusammenarbeit mit dem Gebrauchtsoftware-Händler war das richtungsweisende Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 3. Juli 2012, das den Weg für den Handel mit gebrauchter Software frei machte. Demnach ist der Weiterverkauf von Lizenzsoftware erlaubt - auch dann, wenn diese von einer Webseite herunter geladen wurde.

Für UsedSoft-Geschäftsführer Peter Schneider hat sich der Weg durch die juristischen Instanzen nicht nur angesichts der prominenten Mandatsträger im neu geschaffenen Verwaltungsrat gelohnt: "Seit dem Urteil des EuGH am 3. Juli hat sich unser Umsatz sprunghaft erhöht", erklärte er, ohne aber Zahlen nennen zu wollen.

Dem EuGH-Urteil vorausgegangen war ein neun Jahre währender Rechtsstreit, den UsedSoft vor allem mit Microsoft, Oracle und Adobe ausgefochten hatte.

Expansion geplant

Das EuGH-Urteil habe für UsedSoft nun die rechtliche Grundlage geschaffen, um das Handelsgeschäft europaweit auszurollen, wie Schneider erklärte. Im Visier hat das Unternehmen vor allem Südeuropa, Großbritannien, Skandinavien sowie Mittel- und Osteuropa. "Mein erklärtes Ziel ist es, UsedSoft zu einem der großen europäischen Player im Software-Handel zu entwickeln", so Schneider.

Aktuell ist das Unternehmen mit insgesamt 22 Mitarbeitern vor allem in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien, Frankreich und in Luxemburg aktiv und betreut rund 5.000 Kunden. Zu Umsätzen und Erträgen der Usedsoft-Gruppe, deren Muttergesellschaft mittlerweile im Schweizerischen Zug ansässig ist, wollte sich Schneider nicht äußern.

UsedSoft will außerdem nicht nur wie bisher gebrauchte Microsoft-Volumenlizenzen weiter vermarkten, sondern schrittweise auch Standard-Produkte weiterer Anbieter - beispielsweise von Adobe, SAP und Oracle - ins Portfolio nehmen. "Wir werden uns allerdings weiterhin ausschließlich auf den Handel mit gebrauchten Volumenlizenzen konzentrieren. Die Vermarktung gebrauchter Box-Produkte ist nicht unser Geschäft", stellte Schneider klar.

Die Rolle der Verwaltungsräte

Mit ihrem breit gefächerten Kontaktnetzwerk wollen die Verwaltungsräte Henkel und v. Pierer dem Gebrauchtsoftware-Händler bei der europäischen Expansion die Türen zu weiteren Herstellern und Märkten öffnen und das Unternehmen bei der Kundenansprache unterstützen.

Die ersten Kontakte mit dem ehemaligen Siemens-Vorstands- und Aufsichtsrats-Chef Heinrich v. Pierer knüpfte der UsedSoft-Chef auf einer Schiffsreise im Fernen Osten. "Wir haben uns dort nicht nur über die chinesische Wirtschaft ausgetauscht, sondern auch viel über IT und Software und dann auch über UsedSoft gesprochen. Mir hat seine Geschichte gefallen", begründete v. Pierer die spätere Übernahme des Verwaltungsratsmandats. "Es hat mir immer Spaß gemacht, gegen festgefahrene Strukturen und Monopole anzukämpfen, die dem freien Wettbewerb entgegen stehen."

Ebenso wie für v. Pierer war auch für den ehemaligen IBM-Europachef und späteren BDI-Präseidenten Hans-Olaf Henkel das EuGH-Urteil ein Startsignal. "Ich beobachte den Software-Gebrauchtmarkt schon seit geraumer Zeit. Er fasziniert mich, weil er verrottete Strukturen aufbricht. Weil er Monopole beseitigt. Weil er Unternehmen dabei hilft, Hunderte von Millionen, wenn nicht Milliarden zu sparen", sagte Henkel. Er sehe im Handel mit Gebraucht-Software eine große Zukunft.

Milliarden-schwerer Software-Markt

Schätzungen des Bitkom zufolge belaufen sich die Umsätze mit Software-Produkten hierzulande in diesem Jahr auf rund 17 Milliarden Euro. Der Löwenanteil (85 Prozent) geht dabei auf das Konto der Unternehmens-Software. Den Software-Markt 2012 weltweit beziffert der Branchenverband auf rund 265 Milliarden Euro. "Erfahrungsgemäß wird davon ein Drittel auf Europa entfallen. Der Handel mit Gebraucht-Software ist also ein Markt mit Milliarden Potenzial, das nun endlich erreichbar ist", erklärte Schneider.

In den Bitkom-Studien wird allerdings seit Jahren auf den steigenden Anteil Cloud-basierter Software- und Infrastruktur-Dienste verwiesen, Schätzungen zu konkreten Umsätzen veröffentlichte der Bitkom jedoch nicht.

Keine Angst vor der Software aus der Cloud

Obwohl gerade Standard-Software zunehmend als Service aus der Cloud bezogen wird, sehen Schneider, Henkel und v. Pierer das Geschäftsmodell der UsedSoft auch langfristig keineswegs bedroht. "Hersteller werden weiterhin ihre Software im klassischen Lizenzmodell verkaufen", zeigte sich Schneider überzeugt, und erklärte mit Rückblick auf die bereits in den 80-er Jahren zum Auslaufmodell erklärten IBM-Mainframe-Systeme: "Die Mainframes sind immer noch im Einsatz. Totgesagte leben länger."

(rb)

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