"Get Global or stay Niche"

Hersteller treiben Konsolidierung in der Distribution

20.07.2012
Für rein europäisch aufgestellte Distributoren in Privathand wird die Luft offenbar immer dünner. Jüngstes Beispiel dafür ist die Übernahme von Magirus durch Avnet.
Christian Magirus, Vorstand der Magirus AG: "Der Investitionsbedarf in der Distribution wird massiv steigen."
Christian Magirus, Vorstand der Magirus AG: "Der Investitionsbedarf in der Distribution wird massiv steigen."
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Für rein europäisch aufgestellte, privat geführte Distributoren wird die Luft derzeit offenbar immer dünner. Wesentlicher Treiber dieser Konsolidierung sind die großen amerikanischen A-Brand-Hersteller. Doch es gibt auch andere Gründe für diese Entwicklung, insbesondere in der europaweiten Value Added Distribution.
Sicher - für einige Branchenvertreter stand schon vor zehn Jahren außer Frage, dass regional aufgestellte Distributoren langfristig Probleme haben würden. Zum einen, weil große Hersteller wie Cisco oder HP bereits seit etwa 2002 dazu übergingen, sich auf wenige, möglichst international tätige Distributoren zu konzentrieren. Zum anderen werde es für regionale Grossisten immer schwerer werden, weiteres Wachstum aus eigener Kraft zu finanzieren, so die Prognosen der Skeptiker zu Beginn des neuen Jahrtausends.
Die Zukunft gehöre so genannten hybriden Distributoren mit finanzkräftigen, weltweit aktiven Muttergesellschaften, die sowohl Volumen- als auch Value-Produkte unter einem Dach anbieten könnten.

Und in der Tat führte die geänderte Distributionsstrategie beispielsweise von HP bereits 2006 zu den ersten Übernahmen: So sicherte sich unter anderem Avnet hierzulande die Vertriebsrechte durch die Akquisition von Zeta und zwei Jahre später mit der Übernahme des HP- und IBM-Geschäfts von Magirus. Daneben gab die HP-Strategie auch den Ausschlag für eine europaweite Allianz (EWG Europäische Wholesale Group) von Also, Copaco, Esprinet, GNT, Westcoast und MemorySet, die sich allerdings nach der Fusion von Also und Actebis schrittweise auflöste.

Doch allen Unkenrufen zum Trotz ließ die ganz große Konsolidierungswelle in der europäischen Value Added Distribution (VAD) auf sich warten. Es waren - von wenigen Ausnahmen abgesehen - eher kleinere regional starke Value-Distributoren, die zwischen 2003 und 2010 von ihren internationalen Wettbewerbern oder von Broadlinern übernommen wurden.

Die Übernahme der europaweit tätigen Azlan durch Tech Data 2003, ebenso wie die Akquisition von DNS durch Arrow zählten in ihrer Größenordnung schon eher zu den Ausnahmen.
Arrow angelte sich zunächst den Fürstenfeldbrucker Value-Distributor DNS, später unter anderem den britischen Distributor Centia, die skandinavische AKS-Gruppe, die österreichische Internet Security AG sowie die Network Technologies AG und schließlich den französischen Distributor Logix.


Bewegung in der Szene

Seit etwa 2010 allerdings scheint mehr Bewegung in die Szene zu kommen. So verleibt sich die ohnehin äußerst kauffreudige Avnet sich im selben Jahr Bell Micro ein. Generell werden auch die bislang robusteren in Privathand befindlichen europäischen Value-Distributoren zunehmend zu Übernahmekandidaten.
So gab der Security- und Netzwerk-Distributor Entrada, an dem auch die Matthias Nixdorf Kapitalgesellschaft MNK zu einem Drittel beteiligt war, im Juli 2011 seine Eigenständigkeit auf und schlüpfte unter das Dach der Datatec-Tochter Westcon.
Westcon hatte 2002 schon einmal mit der Übernahme von TLK geliebäugelt, den Deal aber kurz vor Abschluss überraschend platzen lassen. TLK blieb danach zehn weitere Jahre eigenständig - bis zum Januar 2012. Seitdem gehört der VAD zur französischen Exclusive Networks Group. Für die Franzosen ist TLK der letzte wichtige Puzzlestein beim Aufbau eines paneuropäischen VADs.

Hinzu kommt, dass gerade die großen Hardware-Hersteller wie Dell, HP und IBM massiv zukaufen, um das gesamte Lösungsspektrum im Datacenter abzudecken. Mit der Vielzahl an Distributoren, die mit den übernommenen Herstellern an Bord kommen, zusätzlich zusammenzuarbeiten, ist offensichtlich zu aufwändig und verlangt deshalb nach einer Konsolidierung.

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