"Highlights im Distributionsgeschäft gibt es im Moment nicht so viele"

03.09.2000
Actebis hat das ehrgeizige Ziel, in zwei Jahren der größte europäische Distributor zu sein. ComputerPartner-Redakteurin Ingrid Schutzmann sprach während der Cebit mit Michael Urban, Sprecher der Geschäftsführung der Actebis GmbH, über A- und B-Brands, die Positionierung der Eigenmarke und wohin die nächsten Expansionsschritte gehen sollen.

Haben sich Ihre Erwartungen ein Jahr nach der Peacock-Übernahme erfüllt?

Urban: Wir sind sehr zufrieden mit der Peacock-Entwicklung. Bei Peacock hat in den letzten zwölf Monaten eine Reorganisation stattgefunden. Wir haben Dinge optimiert, zum Beispiel gibt es bei Actebis und Peacock keine eigenen Serviceabteilungen mehr. Übergreifend für den Konzern erbringt die Firma Viatec den Service mit dem Hintergrund, das auf europäischer Ebene zu tun.

Wo besteht noch Handlungsbedarf?

Urban: Ich würde mir wünschen, dass Peacock noch mehr die Eigenmarke verkauft.

Apropos Eigenmarke. Sie haben für das letzte Jahr keine Targa-Stückzahlen mehr veröffentlicht. Warum?

Urban: Weil wir dazu übergehen, nur Gruppenzahlen zu veröffentlichen. Wenn wir die Targa-, Peacock- und Schneiderstückzahlen einzeln bekannt geben, kann es passieren, dass wir mit keiner Marke in einer Statistik erscheinen. Deswegen ist es uns lieber, als Actebis-Gruppe aufzutauchen und als Hersteller eine Gesamtzahl abzugeben. Ab und zu werden die Gesellschaften auch Einzelzahlen verkünden.

Was tun Sie denn, um Targa zu stärken?

Urban: Wir haben zum ersten Mal einen dedizierten Targa-Stand hier auf der Cebit. Früher sind wir als Distributor auf die Messe gekommen und haben letztendlich die Distributionsleistung von Actebis verkauft und zusätzlich die Eigenmarke präsentiert. Das ist jetzt andersherum.

Targa ist positioniert als Small-/Medium-Business-Marke. Ganz neu bieten wir jetzt auch eine Server-Schiene an. Wir hatten zwar früher auch schon Server, sie aber nie so konsequent mit Konzept vermarktet. Wir geben eine Beispielkonfiguration vor, die Kunden können aber andere Komponenten wählen.

Peacock hat ja ebenfalls eine recht starke Eigenmarke. Kannibalisieren sich die Marken nicht gegenseitig?

Urban: Ja und nein. In Randbereichen gibt es schon Überschneidungen, wobei die Peacock-Marke, wenn man das Small-/Medium-Business und den Corporate-Bereich betrachtet, eher im oberen Segment positioniert ist. Peacock ist eine Marke für den Medium- und Corporate-Bereich, während Targa eher eine Marke für den Small-/Medium-Bereich ist.

In Deutschland gibt es zwei Millionen Unternehmen, das sind zwei Millionen potentielle Kunden. Da ist der Markt groß genug, und die Überschneidung relativ gering.

Wie groß ist die Überschneidung mit Compaq, IBM oder HP?

Urban: Die ist auch vorhanden, wobei gerade diese Firmen eher im Corporate-Bereich tätig sind. Sie versuchen, mehr in den Medium-Bereich zu gehen, weil dort ein großes Marktpotential ist. Im Regelfall führt der Händler eine oder zwei A-Marken und eine B-Marke. Es kommt keiner auf die Idee, seinem Kunden gleichzeitig zwei A-Brands und zwei B-Brands anzubieten. Deswegen sehe ich auch die Überschneidung im Fachhandelskanal als gering an, weil der eine sich klar als Targa-Händler, der andere als Peacock-Händler darstellt.

Eines Ihrer Ziele für 2000 war, Ihre Eigenmarken neu zu positionieren. Wie?

Urban: Ganz klar, Targa ist gedacht für den Small-/MediumBereich. Die Schneider-Marke ist ein Retail-Produkt.

Sie lassen alle Ihre PCs bei Schäfer IT in Dresden fertigen. Besitzt Actebis Geschäftsanteile an dem Unternehmen?

Urban: Nein. Schäfer IT ist unser Lieferant.

Warum sind Eigenmarken für einen Distributor lukrativ?

Urban: Um sich im Markt von anderen zu unterscheiden, kann ein Distributor verschiedene Strategien aufsetzen. Wir tun das zum Beispiel mit dem HP-Ecto-Programm und mit der Eigenmarke.

Wir adressieren ein anderes Kundenklientel, als es die A-Brands tun. In Deutschland teilt sich der Markt zu 50 Prozent in A-Brands und zu 50 Prozent in B- und C-Brands. Warum sollen wir dieses Feld jemand anderem überlassen? Wenn wir nur noch A-Brands vertreiben, dann erreichen wir nur die Hälfte des Marktes.

Wie entwickeln sich die A- und B-Marken?

Urban: Heute haben wir eine 50:50-Verteilung. Ich glaube, dass die A-Brands innerhalb der nächs-ten 12 bis 24 Monate auf 60 Prozent Marktanteil kommen und dass die C-Brands verlieren. Wir sehen den Trend, dass die B-Brand der C-Brand Marktanteil wegnimmt.

Was läuft denn besser: Ihre Eigenmarke oder die Fremdfertigung für Hersteller?

Urban: Das kann ich pauschal gar nicht beantworten, was besser läuft. Beide Programme laufen sehr gut.

Wie sieht es mit konkreten Stückzahlen aus?

Urban: Im HP-Ecto-Bereich hat Actebis Deutschland eine sechsstellige Stückzahl gefertigt, wobei vorne eine Eins steht. Im Eigenmarkenbereich geht es in den sechsstelligen Bereich mit einer Zwei vornedran.

Nochmal zurück zur PC-Assemblierung. Bei IBM ist man der Meinung, dass der Markt so ein Konzept nicht mehr trägt. IBM hat die Assemblierung aufgegeben. HP hat offenbar kein Prob-lem damit. Woran liegt das?

Urban: HP arbeitet an einer konsequenten Umsetzung des Konzeptes. HP hat von Anfang an einen Partner gesucht, der eine Assemblierungsleistung bringen konnte. Actebis hat ja schon immer assembliert. IBM hat sich Partner gesucht, die keine Ahnung von der Assemblierung hatten. Ich will die Namen jetzt nicht nennen. HP hat außerdem an alle Management-Stufen kommuniziert: "Das ist ein Teil unserer Aktivität." Deswegen ist es sehr erfolgreich.

Das Ecto-Programm ist eine relativ teure Sache für HP, weil der Aufwand sehr groß ist. Die Einzelkomponenten werden erst geprüft, dann zu uns gebracht, zusammengebaut und nochmals geprüft. Erst dann gehen die Geräte zum Endkunden. Aber die Kosten sind nicht so hoch, dass HP sagt, es lohnt sich nicht.

Ich glaube, dass Hersteller wie Compaq oder IBM das Konzept nicht kopieren müssen, weil es vielleicht etwas old-fashioned ist, sondern eher versuchen sollten, den Distributor in ihren Produktionsstandort mit einzubinden. Solche Konzepte sind von Compaq oder IBM ja schon angedacht: dass der Distributor den Hersteller beauftragt, PCs zu fertigen.

Sie fertigen auch für Compaq.

Urban: Ja, den Retail-PC "Presario". Wir kaufen die Komponenten ein und verkaufen den fertigen PC an Compaq.

Wie hat sich das Telekommunikationsgeschäft entwickelt?

Urban: Actebis ist seit fast drei Jahren im Telekommunikationsfeld aktiv. Peacock hat eigentlich erst vor einem Jahr begonnen. Der Entwicklungsgrad ist immer noch sehr gut. Im Hardware-Segment stellen wir einen schnellen Preisverfall fest. Im Telekommunikationsgeschäft verkaufen wir mehr Dienstleistungen wie Anschlüsse, ISDN-Vermittlung, all diese Themen "im weichen Bereich".

Welche Highlights und welche Probleme gibt es derzeit im Distributionsgeschäft?

Urban: Highlights gibt es im Moment nicht so viele, leider. Sie werden von meinem Kollegen auch schon gehört haben, dass der Januar nicht der beste Monat war. Er hat nicht unseren Erwartungen entsprochen. Der Umsatz war auf jeden Fall über dem des Vorjahres.

Im letzten Jahr hat Actebis 2,1 Milliarden Mark Umsatz in Deutschland und europaweit sieben Milliarden Mark Umsatz erwirtschaftet. Wie viel Umsatz erwarten Sie in diesem Jahr?

Urban: Richtig. Peacock hat 1,9, Actebis in Deutschland 2,1 Milliarden Mark umgesetzt. In diesem Jahr gehen wir davon aus, dass wir europaweit mindestens acht Milliarden Mark Umsatz machen, das ist ein organisches Wachstum von ungefähr 20 Prozent plus Akquisitionen.

Wo werden Sie zukaufen?

Urban: Dort, wo wir noch kein Broadline-Distributor sind. Nehmen wir das Beispiel UK heraus, da sind wir stark im Komponenten- und Storage-Bereich. Aus diesem Grunde könnte es attraktiv sein, in UK einen Distributor zu kaufen. Das wird aber nicht nächs-te Woche passieren.

Wir werfen auch einen begehrlichen Blick nach Westen über den großen Teich. Es wird sicher in den nächsten zwei Jahren attraktiv, dort tätig zu werden.

Das klingt ja mutig.

Urban: Ob das mutig ist, weiß ich nicht. Wenn man sich das Ranking der Distributoren ansieht, gibt es weltweit zwei Amerikaner - und Actebis.

Die Amerikaner brauchen einen Nicht-Amerikaner. Die amerikanischen Hersteller sagen uns, "wir brauchen einen Europäer, der das Geschäft versteht", der vielleicht auch Osteuropa und Asien mitmacht. Wenn die nämlich nur von zwei Distributoren abhängen, haben die ein Riesenproblem.

Welche Strategie fährt Ihre Mutterfirma Otto Versand?

Urban: Otto sagt ganz klar: "Actebis als Gruppe muss Nummer eins in Europa werden." Zur Zeit sind wir die Nummer drei. Wenn wir die Akquisitionen, so wie wir sie vorhaben, dieses Jahr schaffen, sind wir ziemlich dicht an der Nummer zwei. Wir kaufen nur gute Firmen, keine schlechten. Wir wollen nächstes Jahr mindestens die Nummer zwei und ein Jahr später die Nummer eins sein, also in zwei Jahren.

www.actebis.de

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