Hohe Schulden und minimale Erträge drücken Kurse nach unten

23.11.2000
Grund für die Krise der Telekommunikationsaktien sind die hohen Schulden und niedrigen Profite der Unternehmen. Neue Strukturen sollen den Papieren wieder auf die Beine helfen.

Im März notierte die T-Aktie bei 105, derzeit steht sie bei 40 Euro. Der Riesenverlust ist kein Einzelfall, sondern symptomatisch für die ganze Branche. Seit die Internet-Euphorie nachlässt, geht es mit der Kategorie Tele-Aktien auffallend bergab. Problematisch sind die riesigen Schuldenberge, die durch die vielen Übernahmen vorwiegend im Mobilfunksektor und den Erwerb der sündteuren UMTS-Lizenzen entstanden sind. Bei der British Telecom (BT) bestimmt nicht mehr die Konzernstrategie den Kurs, sondern auf welche Weise die rund 100 Milliarden Mark schwere Last abgebaut werden kann. Abhilfe schaffen soll die Aufspaltung. Die gleiche Absicht haben die US-Konzerne AT&T sowie MCI Worldcom geäußert, die Steigerung des arg strapazierten Shareholder Value steht im Vordergrund.

Konzernaufteilung soll Heilung bringen

Der Wert der Einzelteile dürfte den der Konzerne in ihrer jetzigen Struktur deutlich übertreffen. Ein Viertel der BT-Mobilfunksparte schätzen Experten auf einen Bör-senwert in zweistelliger Milliar-denhöhe. Die BT-Bereiche Festnetz, BT-Openworld (Internet-Geschäft), BT-Wireless mit der deutschen Viag Interkom-Beteiligung, BT-Ignite (Datenkommunikation im Breitbandnetz) sowie Yell (Gelbe Seiten und E-Commerce) dürften rund 1.300 Pence - auf die BT-Aktie umgelegt - entsprechen, die derzeit bei 800 Pence dümpelt.

Die AT&T-Aktie kostet derzeit 21 Dollar. Die Papiere der demnächst vier börsennotierten Sparten Mobilfunk, Kabeldienste, Telefonkunden-Unternehmen (AT&T-Business) und private Telefonkunden sollen addiert auf eine Summe zwischen 30 und 40 Dollar kommen. Beim zweitgrößten US-Ferngesprächsanbieter MCI Worldcom werden unter diesem Namen die schneller wachsenden Geschäftszweige vereint (Internet). Das langsamere Consumer-Business (Fernsprechverkehr) läuft künftig unter MCI.

Kaum Zuwächse trotz des stattlichen Konzerngewinns von 1,4 Milliarden Dollar verzeichnete im dritten Quartal der Sektor private Kunden. Enttäuschend trotz 29 Prozent Plus waren auch die viel versprechenden Sparten Datenübertragung und Internet-Geschäft. Die MCI-Aktie ist zwar vergleichsweise niedrig bewertet, jedoch interessiert dies nicht besonders, weil der Unternehmensgewinn tendenziell abwärts zeigt. Wahrscheinlich wird der Konzern nächstes Jahr an die 20 Prozent weniger verdienen. Mit solchen Problemen hat die gesamte Branche zu kämpfen.

Situation an der Börse ist wackelig

Ob die Rechnung auf höhere Kurse aufgeht, hängt noch von anderen Faktoren ab. Die vielen neuen Geschäftsbereichsaktien finden aufgrund ihrer fehlenden Eigentumsrechte bei Analysten und professionellen Geldanlegern gegenwärtig keine große Zustimmung. Und die derzeitige Börsensituation ist recht wackelig. Zeichnet sich keine nachhaltige Besserung der Tendenz ab, so werden die Neuemissionen nur wenig Resonanz finden. In jüngster Zeit haben etliche Tele-Konzerne den Börsengang verschiedener Tölchter verschoben, weil " das Umfeld nicht ergiebig genug sei". Die aktuelle Platzierung der Telekom-Austria (TA)Aktien verlief recht zäh. Die niederländische KPN mit einem Schuldenberg so hoch wie der Börsenwert des Unternehmens (25 Milliarden Euro) gab dieser Tage zur Beschaffung frischen Kapitals neue Aktien und Wandelanleihen heraus. Der Kurs blieb gedrückt. In die Schieflage geraten waren die Holländer durch die Übernahme von ePlus und die milliardenschwere UMTS-Lizenz.

Die France Télécom sieht sich im Mobilfunk dank der 40 Milliarden Euro schweren Übernahme von Orange "gut aufgestellt". Die Orange-Aktienplatzierung wurde jedoch verschoben, die Übernahme der Datenkomm-Gruppe Equant ausgesetzt. Die Franzosen stehen ohnehin mit über 75 Milliarden Euro in der Kreide.

Bei der Deutschen Telekom relativieren sich die starken Zuwächse beim Umsatz und Gewinn durch die Einflüsse außerordentlicher Erträge. Ohne sie liegt das Ergebnis ungefähr halb so hoch wie in der Vorjahresperiode. Einige Analys-ten meinen gar, dass die Telekom im dritten Quartal nur ein ausgeglichenes Resultat erreicht hat. Galt das Papier einigen renommierten Bankadressen lange Zeit als "starker Kauf", so heißt es auf dem derzeitigen Niveau nur noch "nicht mehr verkaufen".

Mobilfunk zeigt Sättigungstendenzen

Wie bei der Konkurrenz steht die Frage offen, ob die Zeiten der hohen Wachstumsraten vorbei sind. Auf dem bisherigen Boommarkt Mobilfunk zeigen sich Sättigungstendenzen. Daneben schadet die anhaltende Führungskrise bei T-Online dem Image. Die Aktionäre von Tele-Aktien werden viel Geduld brauchen. Verhalten sind auch die Kommentare zu anderen früheren Favoriten wie Telecom Italia oder der relativ preiswerten spanischen Telefónica-Aktie. Eine zwischenzeitliche Kurserholung ist zwar möglich, doch werden die alten Höchstkurse für einige Zeit in weiter Ferne bleiben.

Weshalb die T-Aktien und andere Tele-Papiere von Analysten zu Höchstkursen empfohlen wurden, ist kaum zu erklären. Denn Anzeichen für nachlassende Wachstumsraten, schwächere Ergebnisse, Management-Probleme und Schwierigkeiten bei Großfusionen gab es schon länger. Außerdem war allgemein bekannt, dass die Aktien im Verhältnis zur Ertragskraft der Unternehmen völlig überteuert waren. Die anfangs sehr erfolgreichen Telekommunikations-Aktienfonds verzeichneten bis diesen März den größten Mittelzufluss der Investmentgeschichte. Seither sind die Fondspreise kräftig ins Minus gerutscht. Die Anleger haben Konsequenzen gezogen. Die TMT-Aktienfonds verzeichnen nur mehr knapp sechs Prozent der gesamten Mittelzuflüsse, verglichen mit 30 Prozent im Durchschnitt der vergangenen zwölf Monate. (kk)

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