Hohe Verluste drängen Ericsson aus Handy-Produktion

01.02.2001
Umsatzverluste von 1,9 Milliarden Euro zwingen den schwedischen TK-Riesen Ericsson, fast seine komplette Handy-Produktion an den US-Dienstleister Flextronics abzutreten. Am Design und an der Marke Ericsson soll sich jedoch nichts ändern.

Nach einem Umsatzverlust von 1,9 Milliarden Euro im Handy-Geschäft hat Ericsson beschlossen, die komplette Produktion von Mobiltelefonen an einen externen Produktionsdienstleister abzutreten. Zum ersten April übernimmt das US-Unternehmen Flextronics die Handy-Werke in Brasilien, Malaysia, Schweden und England sowie Teile der US-Fabrik in Virginia und somit auch 4.200 der 16.800 Beschäftigten. 7.000 weitere Mitarbeiter sollen in Ericssons Sparte für Consumer-Produkte verbleiben. Nach Adam Riese werden also mindestens 5.600 Arbeitskräfte wohl bald auf der Straße stehen.

Wie der schwedische Telekommunikationsriese auf seiner Bilanzpressekonferenz am Freitag letzter Woche betonte, bedeute die Auslagerung der Produktion nicht, dass sich der nach Nokia und Motorola drittgrößte Anbieter weltweit aus dem Handy-Geschäft zurückziehe. Vielmehr werde sich Ericsson künftig auf Design, Forschung und Entwicklung (R&D) sowie auf die Vermarktung der Mobiltelefone konzentrieren. An der Marke Ericsson werde sich auch mit dem neuen Produktionspartner Flextronics nichts ändern.

Als Anbieter ist Flextronics in der Öffentlichkeit bisher kaum in Erscheinung getreten. Vor allem operiert das US-amerikanische Unternehmen, das vor einem Jahr die Paderborner Fertigung von Fujitsu Siemens übernommen hatte, als Dienstleister für Produktion und Distribution in der PC-Branche und Unterhaltungselektronik. So arbeitet Flextronics unter anderem mit Microsoft bei der Produktion der neuen Spielekonsole "Xbox" zusammen.

Ebbt der Mobilfunk-Boom ab?

Nach dem Boom-Jahr 2000, in dem laut Marktführer Nokia weltweit 405 Millionen oder 45 Prozent mehr Handys als 1999 verkauft wurden, geht Ericsson für dieses Jahr lediglich von einem Anstieg von 26 bis 33 Prozent auf 500 bis 540 Millionen Geräte aus. Zuvor musste sich Nokia schon Börsenschelte einhandeln, weil der finnische Handy-Krösus seine ursprünglichen Absatzprognosen nicht einhalten konnte. Siemens-Vorstand Rudi Lamprecht hängt seine Erwartungen für den weltweiten Mobilfunkmarkt sogar noch niedriger: auf 20 bis 25 Prozent. Er ist jedoch zuversichtlich, dass sein Unternehmen von Platz vier auf Platz drei aufrücken wird.

Netzwerk-Infrastruktur macht Verluste wett

Die Verluste in der Handy-Sparte hat Ericsson durch den Ausbau des Geschäftes mit Infrastruktur-Geräten für die Mobilnetze wettmachen können. Insgesamt stieg der Gewinn im Geschäftsjahr 2000 von 1,8 auf 3,22 Milliarden Euro. Gleichzeitig konnte der Umsatz um 27 Prozent auf 30,74 Milliarden Euro gesteigert werden.

Große Erwartungen setzen die Schweden auf das Geschäft mit UMTS. Erste Aufträge sind bereits eingegangen. Die Unklarheiten bei der Vorfinanzierung des UMTS-Netzes von Mobilcom, bei dem es immerhin um ein Auftragsvolumen von 1,6 Milliarden Euro geht, könnten jedoch als Indiz gesehen werden, dass die Handy-Produktion vielleicht nicht die einzige Sparte ist, die bei Ericsson auf der Kippe steht. (kh)

www.ericsson.de

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