Hotline-Beratung: von echter Hilfe keine Spur

06.08.2000
Ein vernichtendes Urteil fällte die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, die die Beratungskünste der Call-Center von acht Herstellern und zwei Handelsketten genauer unter die Lupe nahm.

Klassenziel gefährdet", attestiert die Verbraucherzent-rale NRW den Call-Cen-tern von acht PC-Herstellern und zwei Vertriebsketten. Die Verbraucherschützer klopften im April telefonisch bei den PC-Notdiensten von Compaq, Acer, Fujitsu Siemens, Peacock, Toshiba, Gateway, Hewlett-Packard sowie bei den Hotlines von Vobis und Comtech an. Vorab stellt Georg Tryba, Redakteur der monatlichen erscheinenden Zeitschrift "Verbraucher aktuell" der Verbraucherzentrale NRW, eines klar und relativiert damit gleichzeitig die schlechten Noten für die Hotlines: "Die Anrufe bei den Unternehmen sind keinesfalls als repräsentative Untersuchung zu werten. Wir können nicht ausschließen, dass die Unternehmen ansonsten gut arbeiten. Bei unseren Tests war das jedenfalls nicht der Fall."

Die Mitarbeiter der Call-Center wurden mit eher leicht zu beantwortenden Fragen konfrontiert. So beispielsweise woran es liegen könne, dass der Drucker nur undeutbare Hieroglyphen produziere. Das mehr als enttäuschende Resultat: "Kaum einer der Hotline-Mitarbeiter war in der Lage, das gestellte Problem eindeutig einzugrenzen." Süffisant lassen sich die Tester über einen ratlosen Acer-Mitarbeiter aus, der ihrer Meinung nach zumindest das Dilemma der Berater auf den Punkt brachte: "Der Fehler kann fast überall liegen."

Checken Sie mal ...

Acht der zehn Befragten wussten genauer, wo das von der Verbraucherzentrale beschriebene Druck-erproblem liegt: "Im Bios!" Nur seltsam, dass gerade die PC-User, die etwas vom Bios verstehen, wohl kaum bei einem Call-Center anrufen würden. Die würden erst einmal alle Anschlüsse überprüfen, den PC neu booten, ins Handbuch schauen, einen Spezialisten im Freundeskreis fragen oder vielleicht die Treiber sowie die Software neu installieren. Formal-rechtlich müssen die Telefonseelsorger für ihre Beratung gerade-stehen, erklärt Jurist Jürgen Schröder von der Verbraucherzentrale NRW. "Das Problem: Der Geschädigte hat einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Beratung am Telefon und dem Schaden nachzuweisen. Das ist schwierig." Auch über das Pseudo-Profikauderwelsch der Berater zeigten sich die Verbraucherschützer nicht gerade erfreut. "Checken Sie mal die Einstellungen im Master-Volume", lautete eine der Antworten. "Aha, im Master-Volume liegt also der Hund begraben, wenn aus meinen Boxen kein Ton kommt", denkt sich der Laie und kommt ins Grübeln: "Nur, was zum Teufel, ist ein Master-Volume?"

Den Vogel schoss aber nach Meinung der Verbraucherschützer ein Siemens-Mitarbeiter ab: "Frei von jedem Helfersyndrom mochte der sich partout nicht vorstellen, dass ein Fehler im Computer für Druckprobleme verantwortlich sein könnte. Er verwies den Anrufer an die Telefon-Hotline des Druckerherstellers." Diese kundenfeindliche Abschiebetaktik legten beim Test auch die Hotlines von Gateway und Compaq an den Tag.

Der Preis ist heiß

"Soviel Unlust gibt es keineswegs im Sonderangebot", ereifern sich die Verbraucherschützer, denn für die intensive telefonische Beratung würden immerhin bis zu 3,63 Mark pro Minute für den Hilfesuchenden fällig. Lediglich bei Gateway ist der Telefondienst kostenlos. "Besonders ins Geld geht der Anruf - wie im Falle von Hewlett-Packard oder Siemens - wenn der Kunde erst mal in der Warteschleife schimmelt", erklären die Tester resignierend. Innerhalb der Garantiezeit fallen bei Hewlett-Packard 0,24 Mark pro Minute an, außerhalb der Garantiezeit werden neben den Telefonkosten 45 Mark fällig, wenn das Problem gelöst wird.

Zumindest ein kleines Lob bekam Vobis. Denn wenn gerade kein Techniker frei war, wurde der Kunde gebeten, später noch einmal anzurufen.

Die Tipps der Verbraucherschützer: "Vor dem meist kostspieligen Griff zum Hörer lohnt zunächst ein Blick ins Handbuch, auf die Homepage des Herstellers oder in eine Fachzeitschrift. Laien sollten einen PC-erfahrenen Freund neben sich wissen." (mm)

www.vz-nrw.de

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