HP: Kleine Händler fürchten das neue Programm, Systemhäuser die Strategie

02.10.2003
HPs Kampf um die SMB-Kunden spaltet die Partner in zwei Lager: Die kleinen Händler fürchten sich vor den großen Ansprüchen des neuen Partnerprogramms, die großen Systemhäuser misstrauen der Vertriebsstrategie. Und in einem Punkt sind sich alle einig: Ohne HP geht es trotzdem nicht.

Am 18. September fiel der Startschuss: HP-Chefin Carly Fiorina kündigte in den USA die weltweite "Smart-Office-Initiative" ihres Unternehmens an. Die besteht aus Produkten, Lösungen und Partnerschaften, die ausschließlich auf die Anforderungen kleiner und mittelständischer Unternehmen (SMB) zugeschnitten sind. 750 Millionen Dollar ist der Kampf um den "kleinen" Kunden der Managerin wert. Das Geld soll in Forschung und Entwicklung, Marketing sowie Vertriebs- und Serviceprogramme fließen. "Mit dieser Initiative wollen wir unsere weltweite Position als führender IT-Anbieter für SMBs weiter ausbauen", so Fiorina siegesbewusst.

Tatsächlich hat man in diesem Bereich einiges nachzuholen, entsprechend zügig geht es jetzt voran. Das neue Partnerprogramm "Partner One", das Teil der SMB-Initiative ist, ist in Deutschland bereits am 1. September angelaufen. Es beinhaltet zahlreiche Trainings, Zertifizierungen und Marketingmaßnahmen, stellt aber auch höhere Anforderungen an die Partner.

Neue Bewertungskriterien: Die Trauben hängen hoch

Die Händler wurden bereits in vier neue Gruppen unterteilt und klassifiziert, manch einer wurde von seinem Abstieg überrascht: "Die Trauben wurden mit diesem Programm schon besonders hoch gehängt. Wer nicht bereit ist, mehr als früher in die Zusammenarbeit mit HP zu investieren, wird ausgemustert", schimpft ein Händler aus München.

Andere vergleichen mit der Konkurrenz: "Bei IBM ist der Fokus deutlich klarer als bei HP. Die Attraktivität der Programme ist für Distributoren und Händler wesentlich höher", heißt es aus der Branche. "Partner One ist komplexer und zugleich oberflächlicher", so die Kritik der Fachhandelspartner. Was einigen besonders sauer aufstößt, ist die gezielte Verteilung der Marketinggelder: "Da wird massiv in das Tagesgeschehen der Partner eingegriffen." Roland Vogt, General-Manager Zentraleuropa bei Avnet Partner Solutions, findet das hingegen nur gerecht: "Endlich werden die belohnt, die in die Ausbildung ihres Personals investieren. Uns kann das nur recht sein. Für uns ist diese Entwicklung absolut positiv."

Fakt ist, dass der Hersteller in Zukunft "genauer hinschaut", wie Jochen Erlach, Direktor Commercial Channel, bestätigt. "HP investiert jetzt mehr, aber auch gezielter in seine Partner, beispielsweise in ihre Ausbildung und Qualifikation." Gefördert wird eben nur noch, wer sich auch selbst engagiert. Was zählt ist Leistung: "Die Ansprüche der Kunden an ihre Händler sind gewachsen", so Erlach.

Beurteilt wird denn auch nach Kompetenz und Umsatz; wer mehr generiert und komplexere Lösungen anbietet, wird besser betreut als der klassische Boxenschieber - eigentlich gängige Praxis im Markt. Erlach versteht dennoch, dass Partner, die herabgestuft wurden, ihrem Unmut erst mal Luft machen: "Einige wurden abgestuft, andere sind drastisch gewachsen und aufgestiegen - da gibt es eben nicht nur zufriedene Gesichter." Dennoch sei eine Verbesserung immer möglich, die Struktur bleibe in Bewegung: "Wir prüfen alle sechs Monate - wie bisher auch. Partner One ist eine lebende Pyramide."

Das Gespenst Direktvertrieb ist allgegenwärtig

Es scheint, als ob vor allem die kleineren Partner die neuen Leis-tungsanforderungen fürchten. Bei den größeren geht hingegen die Angst um, dass sie für ihr Engagement nicht ausreichend entlohnt werden. Noch immer ist das Gespenst "Direktvertrieb" allgegenwärtig, auch wenn HP gebetsmühlenartig die Bedeutung des Fachhandels wiederholt.

"Jede Strategie kann erfolgreich sein", sagt beispielsweise der Chef eines großen deutschen Sys-temhauses, "man muss sie allerdings konsequent durchziehen." Und HP mangele es derzeit an Gradlinigkeit: "Man kann einerseits nicht predigen, dass der Fachhandel der wichtigste Vertriebskanal ist und sich gleichzeitig im Direktvertrieb versuchen", so die Kritik. Dass HP die Top-50-Kunden direkt betreue, dagegen sei nichts einzuwenden. Doch immer öfter treffe man eben auch im Mittelstand auf die HP-Crew: "Das sieht so aus, als ob man zwar offiziell das Partnergeschäft bevorzugt, aber heimlich eben doch den Angstkonkurrenten Dell kopiert", so seine Befürchtung. Da überlege man sich Investitionen in weitere Schulungen und Zertifizierungen sehr genau: "Ich mache mir wirklich Gedanken, wohin uns die Reise mit HP langfristig führen wird."

Auch Axel Feldhoff, Mitglied des Vorstandes der Magirus AG in Stuttgart, findet HPs neue SMB-Strategie noch zu verschwommen, räumt allerdings ein, dass HP nicht das einzige Unternehmen ist, das sich im Umbruch befindet: "Die großen Hersteller sind derzeit in einem Selbstfindungsprozess: Sollen sie sich für Value oder Volume entscheiden?"

Mittelstand - der geheimnisvolle Kunde?

"Ob IBM, HP oder FSC - von denen hat doch bis heute keiner wirklich kapiert, was Mittelstand eigentlich heißt", meint ein anderer Manager, der erst gar nicht an den Erfolg der SMB-Strategie glauben mag. "Jeder Mittelstandskunde ist anders, da kann man nicht einfach so ein weltweites Programm drüberkämmen. Die sollten alle mal genauer bei Bechtle & Co. hinschauen, wie die mit dem Mittelstand umgehen. Da kann man noch eine Menge lernen."

Über solche Aussagen freut sich Jürgen Schäfer, Geschäftsführer Logistik und Service bei Bechtle. Er glaubt ebenfalls, dass die großen Hersteller alle einen entscheidenden Fehler machen. "Man kann einem Kunden, der zu HP kommt, nicht vermitteln, dass er den Drucker in der einen Division kriegt, der Ansprechpartner für den Server aber schon wieder ein anderer ist. Der Mittelständler will alles aus einer Hand. Insoweit ist HP mit seinem Partner-One-Programm und der Förderung der Systemhäuser durchaus auf dem richtigen Weg."

Im Gegensatz zu seinen Kollegen hat Schäfer auch keine Angst vor einem Direktmarsch des Herstellers zum Kunden. Im Gegenteil: Er hält die Kritik an HP für übertrieben. "Natürlich trifft Bechtle im Markt mal auf HP. Aber dann setzt man sich eben zusammen und klärt das", sagt Schäfer und betont, dass das bisher hervorragend geklappt habe. "Es sieht so aus, als ob sehr viele Kollegen nach einer Entschuldigung suchen, warum es mit ihrem Geschäft derzeit nicht so gut läuft. Aber der HP-Vertrieb ist als Ausrede allmählich wirklich überstrapaziert."

www.hewlett-packard.de

ComputerPartner-Meinung

Was Fiorinas SMB-Strategie den deutschen Händlern bringen wird, liegt eigentlich noch im Dunkeln. Doch das Partner-One-Programm ist ein Lichtblick: Es hilft denen, die sich selber helfen und vor Leistung nicht zurückschrecken. Und diese Ausrichtung kommt nicht überraschend; sie wird von Bärbel Schmidt, Chefin der HP Personal Systems Group, seit Monaten gepredigt. Wer die Botschaft bisher nicht mitbekommen hat, wird vermutlich auch das SMB-Geschäft verschlafen. (mf)

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