HP: "Wenn sich die Retailer behaupten wollen, müssen sie sich differenzieren"

07.02.2002
Regine Stachelhaus, Consumer-Chefin bei Hewlett-Packard Deutschland, fordert ein Umdenken im Retail-Markt: Es müsse Schluss sein mit der "Schnäppchen-Mentalität", die Zukunft der Retailer liege in der kundenspezifischen Angebotsdifferenzierung.

Regine Stachelhaus, die Geschäftsführerin der Consumer-Business-Organisation bei Hewlett-Packard Deutschland, liebt die leisen Töne. Nur selten betritt sie bei HP-Events die Bühne, Marketinggetrommel vor Partnern oder Werbung in eigener Sache sind ihr fremd. Dass sie vor einem Jahr als erste Frau in die Geschäftsführung der deutschen Konzern-tochter berufen wurde, wissen die Wenigsten.

Zu sagen hat die gelernte Juristin aber eine ganze Menge: Als Chefin der Consumer-Business-Organisation leitet sie einen der wachstumsträchtigsten Unternehmenszweige von HP. Weltweit macht der Konzern bereits ein Drittel seiner Umsätze mit dem Retailgeschäft,

in Deutschland schätzen Branchenkenner den Anteil auf rund ein Viertel - Tendenz steigend.

Vor allem der Verkauf von PCs, Digitalkameras und All-in-One-Geräten der Marke HP boomt. So erreichten die Böblinger mit ihren von Medion gebauten Pavillon-PCs auf Anhieb einen Marktanteil von neun Prozent. Die Digitalkameras gingen weg wie warme Semmeln: Schon im ersten Jahr schoss HP auf den zweiten Platz im deutschen Digitalkamera-Markt. Nur Olympus verkauft derzeit noch mehr.

"Wir bieten eine Breite, wie sie kein anderer hat", sagt Regine Stachelhaus. "Mir macht diese Breite Spaß, und mir macht diese Arbeit viel Spaß." Der Begeisterung tat auch das vergangene schwache Jahr, das am IT-Riesen Hewlett-Packard nicht spurlos vorüberging, keinen Abbruch. Man habe sich zwar vom PC-Abverkauf mehr erhofft - "Wir waren der Meinung, dass zehn Prozent Marktanteil zu schaffen sind" -, doch man sei durchaus mit etwas weniger zufrieden, sagt Stachelhaus und ergänzt: "Wir verdienen Geld damit."

Einen regelrechten Boom habe man bei den All-in-One-Geräten und Digitalkameras erlebt. "2002 werden wir bei den Kameras wohl nicht noch mal um 80 Prozent wachsen. Aber wir rechnen wieder mit einem hohen zweistelligen Bereich." Auch die PDAs seien schwer im Kommen. "Das ist ein wichtiger Bereich für die Zukunft. Wir werden hier in Zukunft verstärkt auf Kooperationen mit TK-Anbietern setzen."

Der Consumer-Bereich habe sich auch im ersten Geschäftsquartal 2002 (Start 1. November) positiv entwickelt: "Insbesondere für die PCs war es ein sehr gutes Quartal", so Stachelhaus. Im zweiten und dritten Quartal rechnet man allerdings mit eher verhaltener Stimmung. "Der Wettbewerbsdruck ist immens groß", räumt die Managerin ein. Um ihm standhalten zu können, verabschiedet sich der Hersteller von Produkten, die nicht mehr in das Konzept passen beziehungsweise nach Ansicht des Herstellers keine Zukunft mehr im Markt haben.

So wird es künftig keine Brenner mehr von Hewlett-Packard geben, erzählt Stachelhaus. "Die Brenner wurden im vergangenen Jahr alle abverkauft. Da wird auch nichts Neues mehr kommen. Wir setzen künftig auf DVDs."

Die Billigdrucker der Marke "Apollo" werden hingegen nicht so schnell vom Markt verschwinden, auch wenn das von diversen Marktanalysten bereits prophezeit wurde. "Für uns ist es wichtig, dass wir Apollo für die Grundanforderungen der Kundschaft haben", erklärt Stachelhaus. "Hewlett-Packard lebt auch von der Vielzahl seiner Produkte. Und das untere Ende haben wir nicht immer abgedeckt. Ich halte die Entscheidung für Apollo auch heute noch für richtig." Die Printer hätten eben nach wie vor ihre Kundschaft - im Gegensatz zu den Brennern: "Das war ein Geschäft, das keinen Spaß mehr gemacht hat, weil es keinen Mehrwert mehr bot."

Schnäppchenhaltung reicht nicht zum Überleben

Mehrwert - den werden künftig auch die Retailpartner ihren Kunden bieten müssen, glaubt die Managerin: "Sie werden sich ein Alleinstellungsmerkmal erarbeiten müssen." Durchaus kritisch betrachtet sie die Entwicklung, die sich in diesem Markt zuzuspitzen droht: "Wir haben die Kunden jahrelang zur Schnäppchenhaltung erzogen. Was wir heute haben, ist ein schwieriges Ergebnis."

Auch als Privatperson suche sie Retail-Märkte häufig auf, die Beobachtungen liefern Grund zur Sorge: "Oft wird die Ware bewusst so aufgebaut, das der Eindruck entsteht: Hier ist wenig investiert worden. Denn die deutschen Kunden haben immer das Schnäppchen im Kopf." In der Werbung werde die Einstellung noch vertieft: "Die meisten sprechen den Käufer über den Preis an: Da ist der Frust doch programmiert." Spätestens, wenn der Kunde das gleiche Angebot eine Woche später in einem anderem Markt billiger präsentiert bekomme, sei er unzufrieden. Wer hingegen seine Anforderungen kenne und die Ware danach aussuche, sei trotzdem sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

"Diese Mentalität beobachten wir vor allem im Ausland", so Stachelhaus. Letztendlich gehe es aber überall darum, die Consumer besser zu verstehen, ihre Kaufentscheidungen nachvollziehen zu können. Für Retailer werde dieser Ansatz lebensnotwendig sein: "Wir haben heute schon eine starke geografische Abdeckung. Wenn sich die Retailer langfristig behaupten wollen, müssen sie sich differenzieren", glaubt die Managerin. Sinkende Margen und Wettbewerbsdruck fordern ihrer Ansicht nach ein baldiges Umdenken: "Wir müssen weg von der Preisspirale. Die Partner müssen die Lösungen stärker herausstellen."

Wofür der Consumer bereit ist zu bezahlen, das versucht Hewlett-Packard derzeit in einer weltweiten Endkundenbefragung herauszufinden. "Wir haben die Umfrage in Auftrag gegeben, um zu erfahren, auf welche Kriterien es den Kunden wirklich ankommt", erklärt Stachelhaus. "Wir müssen uns bald wieder umorientieren - weg von der Preisspirale hin zum Qualitätsansatz".

www.hewlett-packard.de

ComputerPartner-Meinung:

Regine Stachelhaus' Blick in die Zukunft ist klar - aber nicht selbstlos: Die Preisspirale in den Retail-Märkten macht auch den Herstellern zu schaffen. Sollte der Umschwung gelingen, würden beide Parteien davon profitieren. Ob der Kunde allerdings zugunsten von Service und Qualität auf billige Angebote verzichten will, darf bezweifelt werden. (mf)

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