HS muß nach IBM-Trennung Marketing und Vertrieb in Eigenregie durchführen

02.07.1997
HAMBURG:14 Jahre dauerte die Kooperation zwischen den Entwicklern der HS Hamburger Software GmbH und der IBM. Mit einer klaren Aufgabenverteilung. Während die Hamburger die betriebs-wirtschaftlichen Programme entwickelten, steuerte Big Blue den Namen bei und übernahm Marketing und Vertrieb. Doch seit kurzem müssen die Hamburger auf eigenen Beinen stehen.Das Jahr 1996 bedeutete für die HS Hamburger Software GmbH eine tiefe Zäsur. Denn nachdem das Unternehmen zwölf Jahre auf dem Verkaufswagen der IBM mitgefahren ist, müssen sich die norddeutschen Software-Entwickler jetzt selber um einen fahrbaren Untersatz bemühen. Doch alles der Reihe nach: HS, 1979 gegründet, schlug 1984 einen für die Entwicklung der Firma richtungsweisenden Weg ein. HS schloß eine strategische Partnerschaft mit der IBM. Diese Kooperation bestand darin, daß die Hamburger für die Entwicklung der Produktreihe IBM Betriebswirtschaftliche Lösungen verantwortlich war, und die IBM das Marketing und den Vertrieb übernahm. Die Produkte trugen auch das IBM-Label. Den Nachteil, nicht mit dem eigenen Namen nach außen sichtbar zu sein, nahm die HS-Geschäftsführung bewußt in Kauf, denn mit der IBM als Partner versprach man sich eine Entwicklung, die man aus eigener Kraft nicht hätte leisten können.

HAMBURG:14 Jahre dauerte die Kooperation zwischen den Entwicklern der HS Hamburger Software GmbH und der IBM. Mit einer klaren Aufgabenverteilung. Während die Hamburger die betriebs-wirtschaftlichen Programme entwickelten, steuerte Big Blue den Namen bei und übernahm Marketing und Vertrieb. Doch seit kurzem müssen die Hamburger auf eigenen Beinen stehen.Das Jahr 1996 bedeutete für die HS Hamburger Software GmbH eine tiefe Zäsur. Denn nachdem das Unternehmen zwölf Jahre auf dem Verkaufswagen der IBM mitgefahren ist, müssen sich die norddeutschen Software-Entwickler jetzt selber um einen fahrbaren Untersatz bemühen. Doch alles der Reihe nach: HS, 1979 gegründet, schlug 1984 einen für die Entwicklung der Firma richtungsweisenden Weg ein. HS schloß eine strategische Partnerschaft mit der IBM. Diese Kooperation bestand darin, daß die Hamburger für die Entwicklung der Produktreihe IBM Betriebswirtschaftliche Lösungen verantwortlich war, und die IBM das Marketing und den Vertrieb übernahm. Die Produkte trugen auch das IBM-Label. Den Nachteil, nicht mit dem eigenen Namen nach außen sichtbar zu sein, nahm die HS-Geschäftsführung bewußt in Kauf, denn mit der IBM als Partner versprach man sich eine Entwicklung, die man aus eigener Kraft nicht hätte leisten können.

Schlußpunkt bei direkter Betreuung gesetzt

Die nunmehr 14jährige Partnerschaft zwischen HS und IBM hat sich im Laufe der Jahre gewandelt. Der vorläufige Schlußpunkt dieser Entwicklung ist im Herbst letzten Jahres gesetzt worden. IBM verabschiedete sich im Bereich des Softwarevertriebes endgültig von einem geschlossenen Händlersystem und der direkten Händlerbetreuung. Seit September '96 übernimmt HS die Gesamtverantwortung für Entwicklung, Marketing und Betreuung ihrer Softwarepakete.

"Erhalten bleiben das IBM-Logo und die IBM-Qualitätsprüfungen für unsere Produkte. Dadurch liefern wir auch in Zukunft original IBM Produkte aus", beschreibt Dr. Thomas Schünemann, einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter von HS, die künftige Logo-Partnerschaft mit IBM. Die Einnahmen aus den Lizenzverkäufen werden weiterhin nach einem bestimmten Schlüssel unter IBM und HS aufgeteilt.

Die branchenunabhängigen Anwendungen der Hamburger Softwareschmiede decken die Bereiche Finanzbuchhaltung, Lohnabrechnung und Auftragsbearbeitung ab. Die Programme werden unter DOS, OS/2 und UNIX angeboten. "Trotz unserer Partnerschaft mit IBM waren unsere Applikationen immer frei verfügbar für die gesamte PC-Welt", betont Schünemanns Kompagnon Walter Ullmer.

Da sich das IBM-Betriebssystem OS/2 bisher noch immer nicht am Markt durchsetzen konnte, laufen rund 90 Prozent der HS-Programme als DOS-Anwendungen in den verschiedenen Unternehmen. Mit über 70.000 Installationen nimmt HS nach eigenen Angaben neben KHK und DB-Soft eine führende Rolle auf dem Sektor der betriebswirtschaftlichen Standardsoftware ein.

Neben den überwiegend klein- und mittelständischen Kunden von HS setzen auch größere Firmen die IBM Programme der Hamburger ein, zum Beispiel die Bahlsen Keksfabrik KG, die Rewe-Zentral AG und der Axel Springer Verlag.

Die 120 Mitarbeiter der Hamburger Softwarefirma erzielten 1995 einen Umsatz von 17,7 Millionen Mark. Im letzten Jahr stiegen die Erlöse auf rund 19 Millionen Mark. Zum Gewinn verrät Dr. Thomas Schünemann nur soviel, daß "seit zehn Jahren kein Pfennig Fremdkapital für Investitionen in Anspruch genommen werden mußte".

Im Gegensatz zu vielen anderen Softwareprodukten soll ein Preisverfall bei der IBM-Software von HS nicht vorhanden sein. Doch der Rückgang des Neugeschäfts verursachte trotzdem einen erheblichen Einnahmeausfall aus Lizenzverkäufen. HS war gezwungen, sich ein weiteres Standbein aufzubauen. Das Dienstleistungsgeschäft mit Bestandskunden rund um die Betriebswirtschaftlichen Lösungen von HS wurde stetig ausgebaut.

Den Mittelpunkt stellen hier die Service- beziehungsweise Wartungsverträge dar. Die heutigen etwa 10.000 Service-Verträge umfassen Programmwartung, Beratung und Informationen für den Anwender. Als Ergänzung zur Beratung und Betreuung vor Ort, die meist durch autorisierte Geschäftspartner erbracht werden, bietet die HS Profiline telefonische Hilfestellung bei Problemen mit der Software an. Sie ist nach Angaben von HS mit 120.000 Anfragen im Jahr mittlerweile die größte Kunden- und Geschäftspartner-Hotline für kaufmännische Lösungen in Deutschland. Der Service umfaßt die neuesten Updates der Programmodule, einen Fax-Abruf mit Tips und Tricks und ein eigenes Kundenmagazin.

"Der Kunde hat keine Lust und keine Zeit, sich lange mit den technischen Details auseinanderzusetzen. Er möchte eine Komplettlösung mit allem drum und dran", begründet Schünemann das große Engagement auf dem Dienstleistungssektor. Gut zwei Drittel des Gesamtumsatzes 1996 entfiel auf das Dienstleistungsgeschäft.

Konzept der Mietsoftware angedacht

Und doch gilt auch hier das Sprichwort "Ohne Nachwuchs keine Zukunft", so daß der Verkauf von Neulizenzen dabei nicht vernachlässigt werden darf. Lag der starke Rückgang der Verkaufszahlen bisher vorwiegend am fehlenden Einsatz von IBM für dieses aufwendige Geschäft, so will 1997 das Hamburger Systemhaus die neuen Freiheiten nutzen und das Händlernetz von 300 auf 500 aktive Partner ausbauen.

Ein weiterer Ansatz ist das Konzept der Mietsoftware. "Die Nachfrage nach der Möglichkeit des Leasings oder Mietens unserer Software besteht schon seit einigen Jahren bei unseren Kunden, doch wir haben erst jetzt die Möglichkeit eines derartigen Abrechnungverfahrens", erläutert Ullmer.

Nach einer positiven Testphase im Sommer des letzten Jahres - innerhalb von acht Wochen konnten 40 Mietverträge für die IBM-Personalabrechnung abgeschlossen werden - steht seit August '96 die gesamte Softwarepalette zur Miete bereit. Die monatlichen Mietpreise richten sich nach gewünschtem Programmodul und der Anzahl der Arbeitsplätze. Sie schwanken zwischen 60 und 644 Mark, wobei der komplette Service inklusive ist. "Die Mietpreise setzen sich aus den Kaufpreisen der Software und den jährlichen Kosten für den Service-Vertrag zusammen. Diese Summe ist unverzinst auf fünf Jahre verteilt und ergibt so den monatlichen Mietpreis", beschreibt Schünemann die Preisstruktur.

Nachteil für den Kunden: Der Mietpreis wird bei einem späteren Kaufentschluß nicht angerechnet. Vorteil: Es besteht die Möglichkeit, den Mietvertrag jederzeit zum Monatsende zu kündigen, so daß damit kein längerfristiges Risiko verbunden ist. Die daraus resultierende Möglichkeit einer kostenlosen Testphase verschweigt Schünemann keineswegs: "Wer die Software am Monatsersten mietet und sie bis zum Monatsende an uns zurückgeschickt hat, bekommt keine Mietkosten angerechnet."

Anfängliche Skepsis bei den Vertriebspartnern

Nach nur vier Monaten wurden für alle Softwarepakete schon zahlreiche Mietverträge abgeschlossen. Die Kündigungsquote liegt dabei unter drei Prozent, was deutlich für die Annahme der neuen Vertriebsform spricht.

Bei den Vertriebspartnern stieß das Mietkonzept allerdings anfänglich auf einige Skepsis, doch mittlerweile sollen die Schwierigkeiten mit dem neuen Abrechnungsverfahren geklärt sein. Die Partner können zwischen einer Einmalprämie und einer Dauerprämie für die von ihnen abgeschlossenen Mietverträge wählen. Ullmer: "Über unsere autorisierten Partner läuft 90 Prozent des Neugeschäftes, daher spielen sie auch bei der neuen Vertriebsform die zentrale Rolle. Mitentscheidend ist dabei, daß unsere starke Service-Orientierung auch von den Geschäftspartnern vor Ort gleichermaßen umgesetzt wird."

Für das Jahr 1997 gilt das Hauptaugenmerk zwei Projekten: Zum einen dem Vorhaben "Neue Medien" - zwei Mitarbeiter arbeiten ausschließlich am Einstieg ins Internet. Mitte 1997 sollen alle Informationen und Teile des Supports auch über das digitale Medium verfügbar sein. Mittelfristig soll die gesamte Wartung über das Internet angeboten werden.

Zum anderen dem Projekt "Phoenix" - alle Anwendungen sollen im Laufe des Jahres 1997 erstmalig mit grafischer Benutzeroberfläche (32-Bit Versionen) für Windows 95 und Windows NT angeboten werden. Hinzu kommt die Verwendung einer offenen Datenbanktechnologie, zum Beispiel Sybase SQL Anywhere 5.0. Auf der CeBIT '97 soll die neue Version der Auftragsbearbeitung vorgestellt werden.

Die Neuauflagen der beiden anderen Pakete, IBM Finanzbuchhaltung und IBM Lohn und Gehalt/2, sollen noch im gleichen Jahr folgen. "Aufgrund unser Partnerschaft mit IBM waren wir lange auf OS/2 festgelegt.

Doch jetzt müssen wir der Marktsituation Rechnung tragen. Der Kunde hat sich eindeutig für Microsoft und die Windows-Plattform entschieden", stellt Schünemann die Bedeutung des Projekt Phoenix heraus. (tol/sic)

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