Missverhältnis zwischen Vertrag und Arbeitseinsatz

Hungerlöhne für Praktikanten sind sittenwidrig

06.03.2009
Wer ein Praktikum absolviert und die volle Arbeitsleitung erbringt, hat Anspruch auf die berufsübliche Entlohnung.

In seinem Urteil vom 19.11.2008 hat das Arbeitsgerichts Kiel entschieden, dass ein Praktikant wie ein Arbeitnehmer zu vergüten ist, wenn bei einem als "Praktikum" bezeichneten Arbeitsverhältnis die Arbeitsleitung den Ausbildungszweck überwiegt (Az.: 4 Ca 1187 d/08).

In dem ausgeurteilten Fall, so der Kieler Fachanwalt für Arbeitsrecht Jens Klarmann, Vizepräsident des VdAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, war der Kläger zunächst im Rahmen einer berufsvorbereitenden Maßnahme bei einem Altenheim eingesetzt und schloss hiernach mit diesem einen auf ein knappes Jahr befristeten Praktikantenvertrag ab. wonach er für eine monatliche Vergütung von 200 Euro wöchentlich 38.5 Stunden im Altenheim anwesend sein musste. Gleichzeitig unterzeichneten die Parteien eine Stellenbeschreibung für Wohnbereichshelfer.

Für den Fall, dass das Praktikum erfolgreich absolviert werde, wurde dem Kläger von dem Altenheim ein Ausbildungsplatz für eine 18-monatige Ausbildung zum Altenpflegehelfer in Aussicht gestellt. Während des Praktikums wurde der Kläger sodann in den Dienstplänen des Altenheims geführt und wie ein Wohnbereichshelfer eingesetzt. Nach Ablauf dieser Vereinbarung wurde dem Kläger jedoch seitens des Altenheims kein Ausbildungsvertrag angeboten, woraufhin dieser die für die Vertragslaufzeit übliche Vergütung für einen Wohnbereichshelfer von monatlich 1,286 Euro brutto einklagte, hier insgesamt 10.317 Euro.

Diese Klage, so Klarmann, war vor dem Arbeitsgericht in vollem Umfang erfolgreich, wobei das Urteil allerdings noch nicht rechtskräftig ist. Das Gericht sah das Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis an und stellte hierbei klar, dass es nicht auf den Wortlaut der Vereinbarung - hier "Praktikant" -, sondern auf die praktische Durchführung des Vertragsverhältnisses ankomme. Hierbei sei entscheidend, dass bei einem Praktikum der Ausbildungszweck im Vordergrund stehen müsse, während für ein Arbeitsverhältnis - wie hier - kennzeichnend sei, dass der Betreffende "weisungsgebundene Leistungen" erbringe und in den Betrieb des Arbeitsgebers eingebunden ist.

Zur Startseite