Hurra: Das Überall-TV kommt

17.02.2005
Spätestens bis 2010 ist Deutschlands TV-Empfang per Antenne komplett digitalisiert. ComputerPartner zeigt auf, welche Produkte es gibt, was der Kunde verlangt und welche Aufgaben auf den Fachhandel zukommen.

Von Ulrike Goreßen

Nachdem das vielfältige Satelliten- und Kabelfernsehen den Marktanteil des alten analogen Antennenfernsehens in den vergangenen Jahren in Deutschland auf rund fünf bis sechs Prozent gedrückt hat, erlebt der TV-Empfang per Antenne dank digitaler Übertragungstechnik einen regelrechten Aufschwung. Mittlerweile ist der Antennenanteil wieder auf rund zehn Prozent gestiegen.

Mitte November 2002 startete in Berlin und Brandenburg die Umstellung vom analogen Empfang auf Digital Video Broadcasting Terrestrial (DVB-T). Es folgte die Umstellung in Ballungsgebieten in Norddeutschland und Nordrheinwestfalen. Ende 2004 stieg die Zahl der Bundesbürger, die Fernsehprogramme digital über Antenne empfangen können, auf 38 Millionen. Und wenn im Mai die bayerischen Ballungsgebiete um Nürnberg und München sowie im November auch Mitteldeutschland den digitalen Betrieb aufnehmen, erhöht sich die Zahl der potenziellen Empfänger auf rund 47 Millionen.

Parallel zu dieser Zahl stiegen auch die Verkaufszahlen von Settop-Boxen. Allein im Großraum Berlin-Brandenburg wurden seit dem Umstellungsstart rund 260.000 Geräte verkauft. Das sind weit mehr Boxen, als es vor der Umstellung Antennenzuschauer in dieser Gegend gab. Selbst heute, mehr als zwei Jahre nach der Umstellung, haben sich die Verkaufszahlen auf einem mittleren Niveau eingependelt.

Auch bundesweit übertreffen die Absatzzahlen die Erwartungen der Hersteller. Laut Angaben des Fachverbandes Consumer Electronics im ZVEI wurden 2004 rund 2,1 Millionen DVB-T-Boxen verkauft, davon allein 1,1 Millionen im vierten Quartal.

Branchenkenner gehen davon aus, dass es sich bei den meisten der Mehrkäufe um Ausstattungen für Zweit- oder Drittgeräte handelt. Aber auch Kabel- oder Satellitenkunden steigen gerne auf DVB-T um. Die einen wollen die hohen Kabelgebühren sparen, die anderen sehen im digitalen Antennenempfang die Chance, ihre Balkone von den hässlichen Schüsseln zu befreien.

Hinzu kommen die mobilen Ausstattungen für Notebooks (USB oder PCI-Karten). In nächster Zukunft erwartet die Branche einen weiteren Hype durch DVB-T-fähige Handhelds sowie Einbaugeräte für Fahrzeuge. Industrie und Sendeanstalten arbeiten derzeit am DVB-H-Standard (H steht für Handheld). Dabei sind neben dem klassischen TV-Programm auch Datenkanäle geplant, über die der Mobilnutzer weitere Infos wie GPS oder Börsendaten erhalten und über den Rückkanal via Mobilfunk interaktive Angebote wahrnehmen kann. In Berlin werden mittlerweile zwei Projekte erprobt: bmco (Broadcast_mobile_convergence), an dem Nokia, Philips, Vodafone und die Universal Studios beteiligt sind, sowie MMD (Mobile Media Distribution) von T-Systems.

Aktuell ist aber die Settop-Box fürs Wohnzimmer der absolute Verkaufsschlager. Das schlägt sich auch auf die Vielfalt der Produktangebote nieder. Rund 500 verschiedene Boxen werden derzeit angeboten. Hinzu kommen ein paar Dutzend Fernsehgeräte, die teils mit integriertem DVB-T-Empfänger ausgestattet oder zumindest nachrüstbar sind, diverse portable Mediaplayer sowie rund 20 USB- oder PCI-basierte Lösungen für Notebooks und etwa ein Dutzend Kfz-Einbau-Kits. Zur CeBIT, spätestens aber zur diesjährigen IFA, wird sich wohl die Produktzahl vor allem bei den mobilen Lösungen nochmals deutlich erhöhen.

Produkte für jeden Geschmack

Ausstattung und Design der Settop-Boxen variieren sehr stark - und damit auch die Preise. Diese reichen von 60 Euro bis rund 1.000 Euro. Der Fachhändler sollte Kunden, die gleichzeitig eine Sendung ansehen und eine andere aufnehmen wollen, unbedingt zum Kauf eines Gerätes mit zwei Tunern raten. Aktuell im Angebot sind derzeit unter anderem Radix DTR9000 (Preis etwa 150 Euro), Technisat DigiPal2 (zirka 120 Euro), Siemens Gigaset M740AV mit USB-Anschluss für externe Festplatte (rund 250 Euro), Topfield TF5000PVRT 80 GB mit digitalem Sound und einer integrierten 80-GB-Festplatte (etwa 640 Euro) sowie Homecast T8000 Twin PVR 80 GB für rund 500 Euro und Kathrein UFD 580/S, ebenfalls mit 80-GB-Festplatte für rund 630 Euro.

Kunden, die auch nach der Umstellung auf DVB-T nicht auf den Bezahlsender Premiere verzichten wollen, finden entsprechend ausgestattete Settop-Boxen unter anderem bei Grundig, Humax, Kathrein, Loewe, Panasonic, Preisner, Technisat und Telestar.

In der Anfangsphase klagten Kunden wie Händler oftmals über schlechte Handbücher, Wärmeentwicklung (in der Regel bei den günstigen Einsteigerprodukten), instabile Software (unter anderem auch beim Siemens Gigaset) und enorm lange Reaktionszeiten, etwa bei der Sendersuche. Auch die oft versprochenen elektronischen Programmführer waren nur bedingt nutzbar.

Doch diese Kinderkrankheiten sind in der Regel überwunden. Derzeit gibt es laut Händleraussagen kaum Schwierigkeiten mit den Settop-Boxen. Mario Landmann, Inhaber von Expert Starke in Berlin, berichtet, dass er nur noch in jedem dritten Fall Vor-Ort-Service leisten muss. Dabei stelle die optimale Antennenausrichtung das größte Problem dar. Je nach Wohnlage reicht nämlich die übliche Zimmerantenne nicht immer aus und muss durch eine aktive ersetzt werden.

Software-Updates oder Informationen über weitere zugeschaltete Sender werden beispielsweise von Technisat heute schon on air an die Geräte geschickt, andere Hersteller werden bald folgen.

Siemens geht den Weg über den Fachhändler. Dieser kann über ein eigenes Partnerportal Infos und Updates abfragen und dann beim Kunden installieren.

Besonders zukunftsträchtig sind in den Augen der Fachhändler die Produktsegmente LCD-TV mit integriertem DVB-T-Receiver sowie mobile Lösungen. Letztere werden schon heute besonders stark bei IT-Fachhändlern nachgefragt, wie etwa beim Berliner Vobis-Megastore. In diesem Marktbereich hält sich die Service-Nachfrage der Kunden deutlich zurück. Die simple Wohnzimmerausstattung hingegen gilt für das Gros der Kunden immer noch als Domäne des klassischen UE-Händlers, einschließlich Lieferung und Installation. Im Zuge der Funktionserweiterung der Produkte und damit der Möglichkeit, TV, Settop-Box und PC oder Notebook zu vernetzen, kann aber auch der klassische IT-Handel seine Fachkompetenz in die Waagschale werfen und neue Kundengruppen gewinnen.

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