Hyperlinks: Linken und linken lassen ?

09.07.2000
Internet-Präsenz ist für Unternehmen inzwischen (über)lebenswichtig geworden. Und so präsentieren insbesondere Firmen in der IT-Branche ihre Leistungsfähigkeit durch geeignete Darstellungen auf einer Homepage oder innerhalb eines Internet-Portals. Was hierbei in Hinblick auf die Verknüpfung mit fremden Websites zu beachten ist, erklärt Hans-Ulrich Buckenberger*.

Die professionelle Gestaltung von Web-Seiten ist inzwischen ein eigener Berufszweig geworden. "Mediengestalter" oder "Webdesigner" verlangen für gute Leistungen Honorare in einem Umfang, welcher schnell das Budget des Auftraggebers sprengen kann. Wenn allerdings der Programmier-Aufwand sowie die Erfassung spezifischer Daten schon vor der Eingabe in die hauseigene Internet-Präsentation die begrenzten finanziellen Ressourcen übersteigen, was liegt dann näher, als kurzerhand auf Gestaltungen und Aussagen anderer Internet-Anbieter (zum Beispiel eines Lieferanten) Bezug zu nehmen oder sie sogar durch Anklicken eines so genannten Hyperlinks aktivierbar zu machen ? Jedoch: Darf man dies so ohne weiteres ?

Auch heute gilt mehr denn je: Die Gedanken sind frei, auch fremde. Wer einmal etwas der Internet-Gemeinde zugänglich gemacht hat, muss sich gefallen lassen, dass andere darauf Bezug nehmen, auch durch ein "Verlinken". Nichtsdestotrotz ist das Internet kein vollkommen rechtsfreier Raum. Was muss man dabei beachten ?

Urheberrechtliche Fragen

Die zugänglich gemachten fremden Informationen, Dateien oder Grafiken beruhen oft auf erheblichen und kostenintensiven geistigen Leistungen. Sind diese originell genug (weisen sie also ein bestimmtes Minimum an "Schöpfungshöhe" aus, so die Juristensprache), greift der urheberrechtliche Schutz ein. Die fremde Site in ihrer Gesamtheit genießt meist nicht diesen Schutz, wohl aber deren besonders eigentümliche und kreativen Gestaltungselemente (Text-, Bild-, Tonwerke, auch nicht-triviale Datenbanken). Auf solche Originalitäten kommt es dem linkenden Vermittler gerade dann an, wenn er sich eigene Arbeit (und seien es auch "nur" komplexere Erklärungen für seinen Site-Besucher) sparen will. Urheberrechtlich relevant können übrigens auch umfangreiche Link-Sammlungen sein, welche von einem Dritten mit großem Arbeitseinsatz erstellt wurden und daher zu einer bequemen Vereinnahmung per Link geradezu reizen.

Verletzt werden kann prinzipiell nicht nur das Persönlichkeitsrecht des Urhebers, sondern auch sein Recht zur Verwertung des Werkes (Wiedergabe, Vervielfältigung, Bearbeitung). Bei den reinen Surface-Links scheidet ein Rechtsverstoß jedoch stets aus. Auch hier gilt der Grundsatz: Wer seine Leistung in das Internet gestellt hat, muss auch hinnehmen, dass andere darauf verweisen. Gleiches gilt für Deep-Links, sofern der Veranlasser nicht durch raffinierte Gestaltung dem unbefangenen Betrachter den irrigen Eindruck eigener Leistung vermittelt. Eben deshalb ist wiederum ein listig gestaltetes oder das Ursprungswerk entstellendes beziehungsweise beeinträchtigendes Framing unzulässig. Selbstredend gilt dies erst recht für einen Inline-Link, vor allem, wenn dem Betrachter auch noch verborgen bleibt, dass fremde Inhalte schlicht "geklaut" wurden.

Faustregel sollte also sein: Immer dann, wenn eine Verletzung fremder Urheberrechte zu befürchten ist, sollte man zumindest auf die Identität des Werkschöpfers verweisen (beispielsweise durch den (c)-Vermerk). Ganz sicher kann man nur dann gehen, wenn man den potentiell verletzten Urheber um sein Einverständnis bittet.

Hüten sollte man sich immer davor (also nicht nur unter urheberrechtlichen Gesichtspunkten), dass eine Link-Verknüpfung den Betrachter in der Zuordnung einer Website oder auch Teilen verwirrt.

Dass eine Verweisung nicht die Ehre der Zielperson verletzen oder diese anderweitig in Misskredit bringen darf, sollte selbstverständlich sein: Niemand muss sich gefallen lassen, auch nur durch einen bloßen Surface-Link für politischen Extremismus, Gewalttätigkeit, Pornografie, Hetze oder Rassismus virtuell vereinnahmt zu werden.

Wettbewerbsrechtliche Aspekte

Auch hier gilt zunächst: Das Setzen von Hyperlinks ist grundsätzlich frei und sollte auch nicht durch eine zu engherzige Anwendung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) behindert werden. Selbst wenn durch Framing oder einen Deep-Link dem "vereinnahmten" Internet-Anbieter Werbeeinnahmen entgehen sollten, kann dies noch nicht ohne weiteres rechtlich beanstandet werden. Erst recht scheidet ein Gesetzesverstoß aus, wenn Akteur und Betroffener eines Hyperlinks nicht einmal in einem Wettbewerbsverhältnis stehen. Vielmehr müssen Umstände hinzukommen, die eine solche Vereinnahmung besonders schmarotzerisch oder trittbrettfahrerhaft erscheinen lassen. Dies hat zum Beispiel das Oberlandesgericht Celle (Urteil vom 12.05.1999, Az.: 13 U 38/99) für das Herstellen eines Deep-Links zu einer umfangreichen Kundenliste auf der Website eines Konkurrenten angenommen. Der Ausgangspunkt war sicher richtig: Eine "Ausbeutung fremder Leistung" muss auch im Internet niemand hinnehmen. Das Gericht ist allerdings auch kritisiert worden. Es hatte sich nämlich zum einen von den am Bildschirm wahrnehmbaren Inhalten keinen eigenen Eindruck verschafft (sondern sich mit Bildschirmausdrucken begnügt), zum anderen das so genannte "Webhosting" des Klägers ohne weiteres als dessen investitionsintensive eigene Leistung beurteilt. Solche und weitere Entscheidungen zeigen: Die Parteien und ihre Anwälte sind gut beraten, wenn sie auf Gebieten, die immer noch juristisches Neuland sind, den Gerichten genau vermitteln, was sich am Bildschirm wirklich abspielt und was nicht.

Zu Dreistigkeit sollte sich dagegen niemand hinreißen lassen: Wer beispielsweise in seinen Hyperlinks fremde Internet-Werbung unterdrückt und dabei auch noch seine Schädigungsabsicht erkennbar macht, trägt die wettbewerbsrechtlichen Konsequenzen verdientermaßen.

Nur am Rande vermerkt: Irreführung der Site-Besucher (was nach § 3 UWG unzulässig wäre) ist in der Praxis bislang ebenso wenig relevant geworden wie eine unzulässige vergleichende Werbung (wo vor kurzem ohnedies das strenge deutsche Recht liberalisiert wurde). Man sollte aber auch hier keine zitierfähigen Schulbeispiele liefern.

Haftung für den Inhalt fremder Zielseiten

Der Hyperlink-Setzer sollte stets sorgfältig prüfen, ob auf den Zielseiten, auf welche er gerne hinlenken möchte, nicht selbst rechtswidrige Inhalte verbreitet werden. Solche Inhalte müssen nicht unbedingt strafbar sein; auch Verstöße gegen das Urheber-, das allgemeine Persönlichkeits- oder das Wettbewerbsrecht durch die Zielperson können kritisch werden. Beispiel: Sie verweisen auf den Produktkatalog Ihres Lieferanten, der sich dort allerdings schmähende Äußerungen über die Konkurrenzware leistet. Genauso problematisch sind Hyperlinks zu Web-Seiten, auf denen digitale Musik- und Video-Raubkopien zum Download angeboten werden.

Für die (Mit-)Haftung des Link-Setzers ist entscheidend, ob erkennbar wird, dass er den Zielinhalt billigt oder sogar für seine geschäftlichen Interessen zu eigen macht. Das bloße Setzen eines Surface- und Deep-Links reicht dafür noch nicht aus, wohl aber ein positiver oder gar anpreisender Begleittext auf der Ausgangsseite. Beim Framing und erst recht beim Inline-Link wird regelmäßig eine Haftung für die fremden Inhalte gegeben sein. Außerdem sollte der Link-Setzer folgende Erkenntnis stets beherzigen: Die Gerichte urteilen nicht danach, wie er seine Verlinkung gemeint oder was er sich dabei vielleicht gedacht hat. Entscheidend ist vielmehr, wie der durchschnittliche Betrachter den Sinn und Inhalt der Verweisung verstehen muss.

Diese Grundsätze zeigen deutliche Parallelen zur Provider-Haftung nach dem Teledienstegesetz (TDG). Es überzeugt jedenfalls, dass bei der Bewertung des jeweiligen Auftretens im virtuellen Markt insoweit gleiche Maßstäbe angelegt werden.

Praktische Tipps

In welchen Fällen ist Vorsicht geboten?

- Wichtig ist zunächst die Art des Hyperlinks und die Intensität der "Vereinnahmung". Je mehr die fremden Inhalte integriert werden, desto kritischer wird es.

- Vorsicht ist immer dann geboten, wenn die Zielperson Konkurrent ist oder besonders originelle schöpferische Leistungen erbracht hat.

- Blindes oder naives Vereinnahmen fremder Inhalte kann nur schaden. Wer sich nicht sicher ist, ob er dafür von dritter Seite in die Mithaftung genommen werden kann, sollte sich vorher sachkundig beraten lassen.

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