Datenbanken

IBM nimmt mit DB2 Oracle aufs Korn

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Nach vier Jahren Entwicklungszeit hat IBM mit Version 10 ein neues Release seiner Datenbank DB2 vorgestellt. Mit einer erweiterten Kompatibilität zu Oracle-SQL-Scripts will IBM den Rivalen angreifen.

Nach vier Jahren Entwicklungszeit hat IBM mit Version 10 ein neues Release seiner Datenbank DB2 vorgestellt. Mit einer erweiterten Kompatibilität zu Oracle-SQL-Scripts will IBM den Rivalen angreifen.
von Martin Bayer (Computerwoche-Redakteur)
Nachdem IBM bereits 2010 die Mainframe-Variante von DB2 Release 10 herausgebracht hatte, folgt nun DB2 10 für Linux, Unix und Windows. Sie soll ab Ende April verfügbar sein. Um mit der Datenbank zu punkten, geht es für IBM vor allem darum, Kunden von der Konkurrenz abzuwerben. David Faller, Manager Technical Sales für IBMs Bereich Information Management, spricht von einem Verdrängungswettbewerb, gerade in den gesättigten Märkten. Dabei zielt der Konzern mit dem neuen DB2-Release hauptsächlich auf Oracle-Kunden. Die Kompatibilität zur SQL-Logik in Oracle-Datenbanken habe man mit Version 10 auf mittlerweile 99 Prozent ausbauen können, berichtet Stefan Hummel, Senior Technical Sales Professional bei IBM. Damit verringere sich der Aufwand beim Umstieg von Oracle- auf IBM-Datenbanken.

Sparen mit Kompression

Neben der Hilfestellung in Sachen Migration versprechen die IBM-Verantwortlichen den Kunden mit der neuen Datenbank mehr Leistung, geringere Betriebskosten und weniger Administrationsaufwand. Das sind die wichtigsten Funktionen:

  • Adaptive Compression: Anwender sollen mit Hilfe von verbesserten Kompressionstechniken ihre Storage-Kosten senken können. Darüber funktioniere die Datenverdichtung dynamisch. Tabellen müssten bei Veränderungen nicht mehr im Offline-Modus neu organisiert werden.

  • Multi-Temperature-Data-Management: Auch die Organisation der Datenablage klappt IBM zufolge im laufenden Betrieb. Dabei lassen sich nach vordefinierten Regeln Daten je nach Alter auf entsprechenden Speichermedien ablegen. Aktuelle Daten, auf die häufig und schnell zugegriffen werden muss, liegen dabei auf performanten Speichern wie Solid State Drives (SSDs), während ältere Informationen, die nicht mehr so häufig aufgerufen werden, auf günstigeren Speichermedien wie Bandbibliotheken abgelegt werden. Damit ließen sich Storage-Infrastrukturen effizienter nutzen.

  • Time Travel Query: DB2 10 bietet Anwendern mit Time Travel Query die Möglichkeit, verschiedene zeitliche Sichten auf Daten zu legen, beispielsweise was die Entwicklung von Preisen betrifft. Veränderungen ließen sich IBM zufolge jetzt einfacher visualisieren, ohne Historientabellen in der Datenbank aufbauen zu müssen.

  • Row and Column Access Control: Einen vereinfachten Administrationsaufwand verspricht auch die Rechteverwaltung innerhalb der Datenbank. Wer welche Daten einsehen darf, soll sich direkt im System regeln lassen, ohne erst aufwendig verschiedene Views definieren zu müssen.

Leistung steuern

Außerdem stellt IBM mit zusätzlichen Funktionen mehr Leistung und eine effizientere Performance-Steuerung in Aussicht. So sollen sich mit dem neuen Workload Management bestimmten DB-Services dediziert CPU-Ressourcen zuweisen lassen. Früher konnten die Admins lediglich Prioritäten festlegen. Mit Realtime Data Warehousing ließen sich Daten direkt aus den transaktionalen Systemen in das DW laden. Die neuen Funktionen vereinfachten und beschleunigten IBM zufolge die ETL-Prozesse (Extract, Transform, Load).

Gerade die Herausforderungen in Sachen Big Data werden nach Ansicht der IBM-Verantwortlichen die Entwicklungen im Datenbanksektor vorantreiben. Es gehe dabei auch darum, neue Funktionen etwa für Analysen direkt im Datenbankkern zu implementieren, um die drohende Komplexität durch zusätzliche Software-Layer zu verhindern. IBM-Manager Faller spricht von kleinen Revolutionen. Die Gefahr, die klassische Datenbank könnte den Anforderungen nicht mehr genügen, sieht er nicht: "Die Datenbank ist noch lange nicht überholt."

Pferdewechsel

Das bestätigt auch Günther Stürner, Vice President von Oracle. Aber: "Im Datenbankmarkt herrscht Aufruhr", sagt er und verweist im gleichen Atemzug auf die vielen neuen Techniken, die Bewegung in das Geschäft brächten: "Der DB-Markt ist wieder spannend." Vor der Konkurrenz und den Abwerbeversuchen der IBM ist Stürner nicht bange. Zwar ziele IBM auf Oracle-Kunden. "Das ist jedoch mit DB2 10 nicht neu."

In der Vergangenheit habe dies keinen Kunden bewogen, von Oracle zu DB2 zu migrieren. "Es muss immer einen gravierenden Grund geben, die Pferde zu wechseln, denn solche Projekte sind immer ein Risiko und nicht umsonst zu haben." Im Übrigen arbeite auch Oracle an der Sprachangleichung für Systeme wie DB2, Sybase und den SQL Server, um Kunden die Migration zu erleichtern.
(Computerwoche / rb)

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