IBM und Dell: unheilige Allianz für den Handel

03.11.1999

Freitag morgen, nach der Lektüre der Morgenzeitung, dürfte so manchem Systemhäusler und PC-Händler die Kaffeetasse aus der Hand gefallen sein: IBM und Dell präsentierten sich händeschüttelnd als Allianzpartner. Große Freude bei Dell - klar, der Direktanbieter hat alle Vorteile in der Hand. Offenbar kann man schon mal 16 Milliarden Dollar locker machen, um zukünftig mit IBM-Technik in Dell-Rechnern werben zu können. Freude auch bei IBM. Aber wieso eigentlich? Na ja, ein 16-Milliarden-Vertrag ist nicht zu verachten. Und um Compaq eins auszuwischen, mußte sich Big Blue etwas einfallen lassen, das ist verständlich. Unverständlich aber scheint die Wahl des Bündnispartners. Wenn nicht - und da kommt Spekulation ins Spiel - hinter der Komponentenvereinbarung noch etwas ganz anderes, viel Größeres steht. Eine strategische Allianz, nämlich: Dell darf von IBMs Reputation, Service- und den Support-Abteilungen im High-End-Bereich profitieren, dafür schustert Big Blue dem Direktanbieter seine ungeliebte PC-Abteilung zu. Ein Systemhauspartner formulierte, was wohl allen in den Köpfen herumspukt: "IBMs PC-Abteilung heißt demnächst noch Dell." Denn: Für IBM ist das PC-Geschäft das klassische Sorgenkind. Es mag und mag nicht in die Gänge kommen, und Geld verdient der Hersteller damit schon gar nicht. Womit die Frage, warum die Hersteller sich so freuen, erklärt wäre. Warum allerdings einige Systemhäuser in Deutschland mitfeiern, fällt meiner Ansicht nach unter die Rubrik "zu früh gefreut". Bei manch einem herrscht offenbar die Hoffnung, er käme jetzt endlich an die Dell-Kunden ran und könnte ihnen Lösungen, Dienstleistungen, Support und Service verkaufen. Als ob IBM das nicht auch ganz gerne selber machen würde...So naiv, wie manch ein großer Lösungsanbieter, sehen die Betreiber klassicher PC-Shops die Allianz übrigens nicht: "Mich hat die Nachricht fast umgeworfen: Das heißt doch, daß auf lange Sicht Dell die IBM-PCs und Notebooks übers Internet anbietet, und ich bin draußen", so die verbitterte Reaktion eines Hamburger Computerhändlers.

Eine Hoffnung bleibt allerdings, die Handelspartner, unabhängig von Größe und Art des Geschäfts, formulierten: IBM, so herrscht Einigkeit, gilt als Monolith, als nicht gerade partnerschaftsfähig. "Dells junge, flexible und aggressive Mannschaft - und die älteren Herren bei IBM", so schmunzelt ein Lösungsanbieter, "das wird, wenn überhaupt, erst in der nächsten Manager-Generation klappen."

Ute Dorau

udorau@computerpartner.de

Zur Startseite