Handel, Banken, Behörden und Logistiker involviert

IBM und Dubai starten große Blockchain-Initiative

Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
IBM arbeitet gemeinsam mit verschiedenen Regierungsbehörden in Dubai sowie mit internationalen Konzernen an einem umfassenden Blockchain-Projekt. Ziel ist die Entwicklung einer übergreifenden Finanz- und Logistiklösung, um die Im- und Export-Handelsprozesse effizienter zu managen.

Wie IBM und Behörden aus Dubai mitteilen sind insgesamt acht Unternehmen und Organisationen involviert, um die Nachverfolgung von Import- und Export-Warenströmen in Dubai zu verbessern. Zu den Teilnehmern gehören neben IBM die Zoll- und Handelseinrichtungen Dubai Customs und Dubai Trade, die Bank Emirates NBD, der Mobilfunk- und Technologie-Provider du, der Logistiker Aramex und die Banco Santander.

Dubai will weltweiter Knotenpunkt der Blockchain-Entwicklung werden.
Dubai will weltweiter Knotenpunkt der Blockchain-Entwicklung werden.
Foto: fokke baarssen - shutterstock.com

IBM arbeitet intensiv mit dem IT-Dienstleister von Dubai Trade und Dubai Customs, DUTECH, zusammen, um die Blockchain-Technologie einsatzfähig für Finanz- und Logistiklösungen zu machen. Dabei geht es vor alle um eine Verbesserung der Import- und Re-Export-Prozesse, wie es in der Mitteilung heißt. Die Lösung, die auf dem Open-Source-Projekt Hyperledger und der IBM Cloud aufsetzt, soll allen an einer Lieferkette beteiligten Stakeholdern in Echtzeit Informationen zum Lieferstatus und Zustand der Güter übermitteln.

Frisches Obst aus Indien - immer im Blick

IBM nennt das Beispiel einer Lieferung von frischem Obst: Die Früchte verlassen Indien auf dem Seeweg in Richtung Dubai, werden dort zu Säften verarbeitet und per Luftfracht weiter nach Spanien transportiert. Das Blockchain-basierte Tracking-System soll dafür sorgen, dass alle an dieser Supply Chain Beteiligten jederzeit Updates über den Status der Waren einholen können.

Die Lösung zielt darauf, Fracht- und Lieferpapiere komplett durch sogenannte Smart Contracts zu ersetzen und damit viel Zeit und Aufwand zu sparen. Für die Erfassung von Sensordaten rund um die Fracht kommt IBMs "Watson IoT" zum Einsatz. Die Lösung soll alle Prozessbeteiligten integrieren, angefangen im Stadium der Auftragserteilung, in der ein Importeur von seiner Bank den Kreditbrief erhält, über die Intermediäre im Bereich Verschiffung und Fracht bis hin zum Kunden und dem Zahlvorgang.

Dubai will weltweiter Blockchain-Hub sein

Dubai hatte vor rund einem Jahr offiziell erklärt, man wolle ein internationaler "Blockchain-Hub" werden und im Rahmen der "Dubai Blockchain Strategy" alle Handelstransaktionen mit der Technologie abwickeln. Die "Dubai Museum oft he Future Foundation" berief dazu das "Global Blockchain Council" ein, in dem IBM Mitglied ist.

Die weltweite Lieferkette im Auge zu haben ist besonders wichtig bei verderblichen Waren.
Die weltweite Lieferkette im Auge zu haben ist besonders wichtig bei verderblichen Waren.
Foto: Santhosh Varghese - shutterstock.com

"IBM glaubt, dass die Blockchain für Transaktionen tut, was das Internet für Informationen getan hat", sagt Amr Refaat, General Manager bei IBM für den Großraum Naher Osten und Pakistan. "Unsere Zusammenarbeit mit führenden Organisationen in Dubai über verschiedene Sektoren in Handel, Finanzen und Logistik hinweg wird zeigen, wie die Blockchain-Technologie die Art und Weise revolutionieren wird, wie Unternehmen untereinander sowie mit Kunden und Lieferanten interagieren werden."

Was ist die Blockchain?

Mit der Blockchain-Technologie werden sichere, direkte Transaktionen im weltweiten Web möglich. Dabei kann es sich beispielsweise um Transportpapiere oder Finanztransaktionen, aber auch um Verträge, Testamente, Beglaubigungen etc. handeln. Kommen heute etwa im Zahlungsverkehr vorwiegend kostenpflichtige Angebote vertrauenswürdiger Vermittler wie Banken, Kreditkartenunternehmen oder PayPal zum Einsatz, könnte die Blockchain theoretisch dafür sorgen, dass sich Lieferanten und Konsumenten direkt und für jedermann nachvollziehbar im Netz verbinden, ohne dass ein Third-Party-Player nötig ist.

Die Blockchain basiert technisch auf einer dezentralen Datenbank, die in einem Peer-to-Peer-Netzwerk von Computern verteilt ist, also allen gemeinsam oder auch niemandem gehört. Sie wird auch als "Digitales Hauptbuch" (Digital Ledger) bezeichnet. Da dieses System von keinem Angreifer mehrheitlich zu kontrollieren ist, lässt es sich auch nicht manipulieren oder hacken. In diesem Netzwerk können Parteien an einer Blockchain-basierenden Lösung teilhaben und den Regeln dieser Blockchain folgen.

Was die Technik letztendlich für die weltweiten Märkte bedeuten wird, ist noch unklar. Man stelle sich etwa eine Versicherung vor, die mit einem Autofahrer tarifliche Regeln vereinbart. Das Fahrverhalten wird dann über die Blockchain analysiert, die Beiträge ändern sich ständig je nach Fahrstil. Vorsichtige Fahrer werden belohnt, risikobereite Fahrer zur Kasse gebeten. Solche Smart Contracts, deren Einhaltung kein Aufseher überwachen muss, sind in vielen Branchen und Nutzungsszenarien denkbar - eben auch in der Welt des Handels und Transports.

Ein oft genanntes Beispiel ist das "Brooklyn Microgrid" in New York, wo zehn Haushalte entlang der President Street andere Straßenbewohner mit Strom versorgen, der über Solarpanels gewonnen wird. Abrechnung und Bezahlung erfolgen ohne zwischengeschalteten Versorger direkt zwischen Erzeuger und Empfänger - über die Blockchain. In diesem Szenario ist die Vermittlung über Stadtwerke, Energieversorger oder Strombörsen überflüssig. Auch der Zustand der Photovoltaik-Installationen oder von Smart Metern könnte über die Blockchain kontrolliert werden.

Wie die Bestseller-Autoren Don und Alex Tapscott in ihrem Buch "Die Blockchain-Revolution" schreibt, wird auch das Internet of Things, in dem "Billionen von Transaktionen" abgewickelt und dokumentiert werden, von der Blockchain-Technologie beeinflusst. "Stellen wir uns vor, dass vernetzte Glühbirnen Strom von einer Stromquelle ersteigern - das wird wohl kaum über bestehende Kanäle abgerechnet werden", so die Autoren im Gespräch mit "brand eins".

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