IBM und seine Softwarepartner treten in die Mittelstands-Pedale

16.10.2003
Ohne Infrastrukturlösungen von Microsoft kommt kaum ein Softwarehaus im Mittelstandsgeschäft aus. Seit dem Einstieg der Gates-Company in das Anwendungsgeschäft setzen viele ISVs wie SAP und Siebel aber auch im SMB auf IBM. Von ComputerPartner-Redakteur Eberhard Heins

Wo IBM drauf steht, muss nicht immer IBM drin sein: "IBM Finanzwesen", "IBM Personalabrechnung", "IBM Kostenauswertung", "IBM Auftragsbearbeitung" sind Anwendungspakete, die auf "Windows" laufen und von der Hamburger Software GmbH offeriert werden. Die Norddeutschen entwickeln und vertreiben seit 1979 branchenunabhängige Software, seit 1984 als Lizenzgeber für IBM.

Big Blue selbst hat sich konsequent aus dem Geschäft mit Anwendungssoftware zurückgezogen. Ganz? Nein, nicht ganz! Durch Partnerschaften mit Softwarehäusern wie Siebel oder SAP partizipiert der IT-Gigant am Geschäft mit Unternehmenssoftware.

IBM ist größter SAP-Reseller für "All-in-one"

8.000 gemeinsame Kunden haben allein SAP und IBM weltweit. Wie sich diese nach den Produktlinien "Business One", "All in one" und "R/3" beziehungsweise "Mysap.com" der Walldorfer aufschlüsseln, gaben die Unternehmen nicht bekannt. Zumindest so viel verriet Hans-Jürgen Uhink, Senior Vice President Global Field SMB bei SAP: "IBM ist weltweit der größte Wiederverkäufer von All-in-one." Das überrascht allerdings nicht wirklich. Immerhin bietet die IBM-Tochtergesellschaft Sercon derzeit sechs von künftig 27 vertikalen Lösungen an, die auf dem Softwarepaket für den gehobenen Mittelstand basieren

Seit Juni dieses Jahres vertreibt Big Blue aber auch Business One, das Anwendungspaket für den unteren Mittelstand, über sein Partnernetzwerk. Allein dabei bleibt es nicht: Im ersten Quartal 2004 liefert SAP das bislang nur für den "SQL-Server" von Microsoft verfügbare Softwarepaket auch für die Datenbank "DB2 Express" von IBM aus. Der Einstiegspreis für die IBM-Datenbank beträgt weniger als 500 Dollar.

Hewlett-Packard hatte allerdings bei Business One die Nase vorn. Die Fiorina-Company schloss bereits auf der europäischen Sapphire 2002 ein Abkommen mit den Walldorfern, das die beiden Channels eng mit einander verzahnt und gemeinsame Marketingaktivitäten vorsieht. Auch der Vertriebskanal von Fujitsu Siemens vermarktet Business One mit Primergy-Servern, und über den Business-One-Partner Teufel Software gelangt das ERP-Paket auch auf Dell-Rechner.

SAP verhandelt mit Dell

Das kann sich bald ändern. Wie SAP gegenüber ComputerPartner bestätigte, finden derzeit zwischen den Walldorfern und Dell Gespräche über eine konkrete Zusammenarbeit für die KMU-Software statt. Blut ist aber dicker als Wasser. Die geschwisterlich engen Verbindungen zwischen Big Blue und SAP halten seit über 30 Jahren. Jedes Unternehmen setzt jeweils auf die Produkte des anderen. Während IBM mit knapp 30.000 Anwendern der größte Kunde von SAP ist, setzen die Walldorfer umgekehrt auf Hard- und Software sowie Dienstleistungen des IT-Giganten aus Armonk.

IBM und Siebel schnüren CRM-Paket für KMUs

Big Blue setzt im Mittelstand aber nicht nur auf die Walldorfer. Zusammen mit dem SAP-Wettbewerber Siebel Systems startet der IT-Gigant den Softwaredienst "CRM on Demand". Hans lernt dabei von Hänschen. Was der Web-Services-Anbieter Salesforce.com bereits erfolgreich praktiziert, soll auch dem einstigen Börsenliebling und CRM-Marktführer das KMU-Segment erschließen. Gegen eine monatliche Grundgebühr von 70 Dollar pro Benutzer erhalten Kunden CRM-Anwendungen über das Internet. Dazu gehören beispielsweise Kampagnen- und Lead-Management, eine Wissensdatenbank für Serviceanfragen, die Forecast-Erstellung über mehrere Währungen hinweg sowie Opportunity- und Sales-Cycle-Management. Als Unique Selling Point hebt Stefan Sonntag, Executive Director Marketing and Alliances bei Siebel Systems Deutschland, Real Time Analytics auf Basis eines Datawarehouse hervor: "250 vorgefertigte Analysen sind bereits enthalten." Mit der Enterprise-Version hat das Mittelstandspaket das Datenmodell gemeinsam, erhielt aber ein J2EE-basierendes neues Interface. In Amerika geht der Dienst noch im vierten Quartal 2003 an den Start. Für Deutschland fiel noch keine Entscheidung: "Wir evaluieren noch, sind aber zuversichtlich", erklärt Robert Gmeiner, Country Manager bei Siebel Deutschland.

Meinung des Redakteurs

IBM hat sein Tätigkeitsfeld von denen seiner Softwarepartner sauber getrennt. Anwendungsentwickler vertrauen darauf, dass Big Blue sie als Plattform- und Middleware-Anbieter unterstützt und nicht als Konkurrent bedrängt. Microsoft hat dieses Vertrauensverhältnis zu seinen ISVs (Independent Software Vendors) durch den eigenen Markteintritt verspielt.

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