IBM-Wechsel in der Presse: Für den netten Motivator Staudt kommt der kalte Exekutor Raizner

16.01.2003
Die Ablösung von Erwin Staudt, Deutschland-Chef der IBM, durch Walter Raizner (ComputerPartner berichtete), stieß bei den großen Tageszeitungen auf ein unterschiedliches Echo. Die Financial Times Deutschland (FTD) widmete dem Thema in ihrer gestrigen Ausgabe gleich drei Beiträge und machte das Managament-Revirement sogar zum Aufmacher auf der Titelseite. Unter den Schlagzeilen "IBM entmachtet Deutschland-Chef" und "IBM Deutschland steht radikaler Umbau bevor" erweckt das Blatt den Eindruck, die Hintergründe des Wachwechsels in Stuttgart zu kennen. Dem FTD-Artikel zufolge fiel die Entscheidung über den Austausch des Deutschland-Chefs direkt in der Zentrale in Armonk. Aus "IBM-nahen Kreisen" will die FTD in Erfahrung gebracht haben, "Staudt sei das Opfer seiner schlechten Zahlen geworden". IBM gebe zu, so heißt es weiter, "dass das Deutschland-Geschäft schwächelt". Allerdings scheinen sich die FTD-Redakteure nicht ganz einig über diese Diagnose zu sein, denn an anderer Stelle heißt es, dass IBM Deutschland "auch im vergangenen Jahr (...) recht ordentlich abgeschnitten habe". Jedenfalls werde sich Raizner, der sich "einen Namen als Sanierer gemacht" habe, voll auf das operative Geschäft konzentrieren". Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) thematisiert den IBM-Wechsel in einem Dreispalter im Wirtschaftsteil und einem Zweispalter in der Rubrik "Namen und Nachrichten". Unter der neutralen Schlagzeile "IBM tauscht überraschend die deutsche Führung aus" fährt das Blatt schwere Geschütze gegen den bisherigen Deutschland-Geschäftsführer Staudt auf. Seine Ablösung sei, schreibt die FAZ, "die Konsequenz daraus, dass die Zielvorgaben der amerikanischen Zentrale zum wiederholten Male deutlich verfehlt wurden". Die FAZ will in Erfahrung gebracht haben, dass IBM Deutschland "in den vergangenen anderthalb bis zwei Jahren immer um ein gutes Drittel unter dem vom Konzern vorgegebenen Sollwerten gelegen" habe. "Daher sei intern bereits seit längerer Zeit über eine Ablösung Staudts spekuliert worden". Staudt sei ein "Motivationskünstler", der "trotz der schlechten Zahlen wenigstens noch für gute Stimmung sorgen" konnte. Darüberhinaus schreibt das Blatt, dass Staudt "wegen seines wohl etwas geringen Arbeitszeitpensums zeitweise auch als `Frühstücksdirektor´" verspottet wurde. Er sei aber kein "`Apparatschik´, der lediglich die Konzernvorgaben ausführe". Das Bild, das die FAZ von Staudts Nachfolger zeichnet, ist nicht viel netter. Danach haben es die 26.000 IBM-Mitarbeiter in Zukunft mit einem kalten Exekutoren amerikanischer Befehle zu tun. Für das US-Headquarter sei Raizner, der lange in den USA gearbeitet hat, der "ideale Kandidat: ein Deutscher, der die Sitten und Arbeitskultur des Landes kennt, aber trotzdem die zumeist rigiden Vorgaben der Muttergesellschaft willfährig umsetzt. `Das ist jemand, der jawohl sagt´, vermuten Mitarbeiter des Unternehmens." Im Vergleich zur FTD und FAZ fällt die Berichterstattung in den übrigen auflagenstarken Tageszeitungen Handelsblatt, Die Welt und Süddeutsche Zeitung (SZ) qualitativ stark ab. Wie die übrigen Zeitungen hat auch das Handelsblatt mit keinem der beteiligten Personen sprechen können und beruft sich daher ebenfalls auf Branchenkenner. Es müssen aber andere gewesen sein als bei FTD und FAZ, denn die Branchenkenner des Handelsblattes sehen die Ablösungs Staudts "nicht als Reaktion auf die rückläufigen Ergebnisse der deutschen Tochter in den vergangenen Jahren. Vielmehr habe sich IBM `im Vergleich zur Branche in Deutschland gut geschlagen´". Wahrscheinlicher sei es, dass IBM-Chef Sam Palmisano "die operative Verantwortung der einzelnen IBM-Landesgesellschaften künftig stärker als bisher" betonen wolle. Die Süddeutsche Zeitung, die über den Wechsel lediglich in der Rubrik "Personalien" berichtet, stochert über die Hintergründe im Nebel. Ein "Generationenwechsel" könne wohl nicht die Absicht gewesen sein, dazu sei der Altersunterschied zu gering. "Differenzen" zwischen der deutschen IBM-Organisation und der Konzernzentrale in Armonk "soll es auch nicht gegeben haben". Aber in Armonk, wo Palmisano im März 2002 das Kommando übernommen hat, sei "auch nicht mehr alles so, wie es früher war". Der SZ gelingt es jedoch, für Staudt auch die guten Seiten dieser Situationsveränderung herauszustreichen: Als Aufsichtsratschef könne er seinen gesellschaftlichen und politischen Anliegen (Greencard, D21, Bücherschreiben) mehr Zeit widmen. Die Welt bringt unter der Headline "Der Internet-Missionar gibt die IBM-Führung ab" eine Würdigung der Leistung von Staudt. Der habe nämlich "mit seiner Modernisierungskampagne in Politik und Wirtschaft viel erreicht". Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Hermann-Josef Lamberti, der aus Frust über den zentralistischen Führungsstil aus den USA kündigte, habe Staudt mit seinen "geringen operativen Einfluss-Möglichkeiten wenig Probleme" gehabt. Er nutzte seine Freiräume, "um Kontakte zu knüpfen, Politik zu machen". Dennoch müsse der "Missionar der Internet-Wirtschaft", der "einer der prominentesten Verfechter der New Economy in Deutschland" war, seine Ablösung "als bitter empfinden". (sic)

Die Ablösung von Erwin Staudt, Deutschland-Chef der IBM, durch Walter Raizner (ComputerPartner berichtete), stieß bei den großen Tageszeitungen auf ein unterschiedliches Echo. Die Financial Times Deutschland (FTD) widmete dem Thema in ihrer gestrigen Ausgabe gleich drei Beiträge und machte das Managament-Revirement sogar zum Aufmacher auf der Titelseite. Unter den Schlagzeilen "IBM entmachtet Deutschland-Chef" und "IBM Deutschland steht radikaler Umbau bevor" erweckt das Blatt den Eindruck, die Hintergründe des Wachwechsels in Stuttgart zu kennen. Dem FTD-Artikel zufolge fiel die Entscheidung über den Austausch des Deutschland-Chefs direkt in der Zentrale in Armonk. Aus "IBM-nahen Kreisen" will die FTD in Erfahrung gebracht haben, "Staudt sei das Opfer seiner schlechten Zahlen geworden". IBM gebe zu, so heißt es weiter, "dass das Deutschland-Geschäft schwächelt". Allerdings scheinen sich die FTD-Redakteure nicht ganz einig über diese Diagnose zu sein, denn an anderer Stelle heißt es, dass IBM Deutschland "auch im vergangenen Jahr (...) recht ordentlich abgeschnitten habe". Jedenfalls werde sich Raizner, der sich "einen Namen als Sanierer gemacht" habe, voll auf das operative Geschäft konzentrieren". Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) thematisiert den IBM-Wechsel in einem Dreispalter im Wirtschaftsteil und einem Zweispalter in der Rubrik "Namen und Nachrichten". Unter der neutralen Schlagzeile "IBM tauscht überraschend die deutsche Führung aus" fährt das Blatt schwere Geschütze gegen den bisherigen Deutschland-Geschäftsführer Staudt auf. Seine Ablösung sei, schreibt die FAZ, "die Konsequenz daraus, dass die Zielvorgaben der amerikanischen Zentrale zum wiederholten Male deutlich verfehlt wurden". Die FAZ will in Erfahrung gebracht haben, dass IBM Deutschland "in den vergangenen anderthalb bis zwei Jahren immer um ein gutes Drittel unter dem vom Konzern vorgegebenen Sollwerten gelegen" habe. "Daher sei intern bereits seit längerer Zeit über eine Ablösung Staudts spekuliert worden". Staudt sei ein "Motivationskünstler", der "trotz der schlechten Zahlen wenigstens noch für gute Stimmung sorgen" konnte. Darüberhinaus schreibt das Blatt, dass Staudt "wegen seines wohl etwas geringen Arbeitszeitpensums zeitweise auch als `Frühstücksdirektor´" verspottet wurde. Er sei aber kein "`Apparatschik´, der lediglich die Konzernvorgaben ausführe". Das Bild, das die FAZ von Staudts Nachfolger zeichnet, ist nicht viel netter. Danach haben es die 26.000 IBM-Mitarbeiter in Zukunft mit einem kalten Exekutoren amerikanischer Befehle zu tun. Für das US-Headquarter sei Raizner, der lange in den USA gearbeitet hat, der "ideale Kandidat: ein Deutscher, der die Sitten und Arbeitskultur des Landes kennt, aber trotzdem die zumeist rigiden Vorgaben der Muttergesellschaft willfährig umsetzt. `Das ist jemand, der jawohl sagt´, vermuten Mitarbeiter des Unternehmens." Im Vergleich zur FTD und FAZ fällt die Berichterstattung in den übrigen auflagenstarken Tageszeitungen Handelsblatt, Die Welt und Süddeutsche Zeitung (SZ) qualitativ stark ab. Wie die übrigen Zeitungen hat auch das Handelsblatt mit keinem der beteiligten Personen sprechen können und beruft sich daher ebenfalls auf Branchenkenner. Es müssen aber andere gewesen sein als bei FTD und FAZ, denn die Branchenkenner des Handelsblattes sehen die Ablösungs Staudts "nicht als Reaktion auf die rückläufigen Ergebnisse der deutschen Tochter in den vergangenen Jahren. Vielmehr habe sich IBM `im Vergleich zur Branche in Deutschland gut geschlagen´". Wahrscheinlicher sei es, dass IBM-Chef Sam Palmisano "die operative Verantwortung der einzelnen IBM-Landesgesellschaften künftig stärker als bisher" betonen wolle. Die Süddeutsche Zeitung, die über den Wechsel lediglich in der Rubrik "Personalien" berichtet, stochert über die Hintergründe im Nebel. Ein "Generationenwechsel" könne wohl nicht die Absicht gewesen sein, dazu sei der Altersunterschied zu gering. "Differenzen" zwischen der deutschen IBM-Organisation und der Konzernzentrale in Armonk "soll es auch nicht gegeben haben". Aber in Armonk, wo Palmisano im März 2002 das Kommando übernommen hat, sei "auch nicht mehr alles so, wie es früher war". Der SZ gelingt es jedoch, für Staudt auch die guten Seiten dieser Situationsveränderung herauszustreichen: Als Aufsichtsratschef könne er seinen gesellschaftlichen und politischen Anliegen (Greencard, D21, Bücherschreiben) mehr Zeit widmen. Die Welt bringt unter der Headline "Der Internet-Missionar gibt die IBM-Führung ab" eine Würdigung der Leistung von Staudt. Der habe nämlich "mit seiner Modernisierungskampagne in Politik und Wirtschaft viel erreicht". Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Hermann-Josef Lamberti, der aus Frust über den zentralistischen Führungsstil aus den USA kündigte, habe Staudt mit seinen "geringen operativen Einfluss-Möglichkeiten wenig Probleme" gehabt. Er nutzte seine Freiräume, "um Kontakte zu knüpfen, Politik zu machen". Dennoch müsse der "Missionar der Internet-Wirtschaft", der "einer der prominentesten Verfechter der New Economy in Deutschland" war, seine Ablösung "als bitter empfinden". (sic)

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