Verdi spricht von schweren Management-Fehlern

IBM will fast 1000 Stellen in Deutschland streichen

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Wieder einmal will IBM in Deutschland Jobs abbauen. Knapp 1000 Stellen sollen in den kommenden Monaten gestrichen werden. Die Gewerkschaft Verdi spricht von einer verfehlten Unternehmenspolitik und forderte das Management auf, die Streichungen zurückzunehmen.

IBM will in Deutschland massiv Stellen abbauen. Das Management habe am 30. März Aufsichtsräte, Gesamtbetriebsräte sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über den geplanten Abbau von fast 1000 Stellen informiert, gab die Gewerkschaft Verdi bekannt. Betroffen von den Kürzungen sind vor allem die hiesigen Service-Bereiche des US-amerikanischen IT-Konzerns. Im Zusammenhang mit dem Jobabbau soll unter anderem auch eine Betriebsstätte in Hannover komplett geschlossen werden.

Nach der Ankündigung haben die ver.di-Tarifkommission und die ver.di-Betriebsgruppenvorsitzenden im IBM-Konzern gegen diese Maßnahme protestiert. In einem offenen Brief an die deutsche Geschäftsführung werfen sie IBM vor, die massiven Managementfehler der vergangenen Jahre nun auf dem Rücken der Belegschaft auszutragen. Statt in Forschung und Entwicklung sowie neue Produkte und Dienstleistungen zu investieren, habe der Konzern Milliarden Dollar an der Börse verbrannt. Seit dem Jahr 2000 seien über 165 Milliarden Dollar für Aktienrückkäufe und Dividenden verschwendet worden. "Diese verfehlte Unternehmenspolitik rächt sich jetzt", lautet das Fazit der Gewerkschafter. IBM drohe in vielen Bereichen die Rolle als weltweit führender IT-Konzern zu verlieren oder habe es schon.

Stellenabbau ist die falsche Entscheidung

Statt in Motivation und Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu investieren, setze IBM wieder einmal auf Programme zum Stellenabbau. Das sei eine falsche Entscheidung, kritisiert die Gewerkschaft. Sie schaffe in der IBM eine verstärkte Atmosphäre der Angst. Verdi forderte IBM auf, die geplanten Stellenstreichungen zurückzunehmen und wieder stärker in das Kapital Mitarbeiter zu investieren. Die Gewerkschafter kündigten an, auch mit Protestaktionen auf den Stellenabbau reagieren zu wollen.

Ob dieser Appell gehört wird, bleibt abzuwarten. Der Traditionskonzern steckt derzeit in einer schwierigen Phase. Seit über drei Jahren verzeichnet IBM Quartal für Quartal rückläufige Einnahmen und Gewinne. Im vergangenen Geschäftsjahr 2015 schrumpfte der Umsatz im Jahresvergleich um 11,9 Prozent von 92,8 auf gut 81,7 Milliarden Dollar. Neben dem starken Dollar und den daraus resultierenden hohen Preisen, die sich vor allem auf die Geschäfte in den sich entwickelnden Märkten wie Brasilien, Russland, Indien und China (BRIC) negativ auswirken, macht IBM der Umbau des eigenen Geschäfts zu schaffen. Die Rückgänge in den klassischen Geschäftssparten wie Hardware, Software und Services können die neuen zukunftsträchtigen Bereiche wie Cloud, Analytics, Social, Mobile und Security derzeit noch nicht auffangen.

IBMs Umbau braucht seine Zeit

Dennoch gab sich IBM-Chefin Virginia "Ginni" Rometty zuletzt zuversichtlich. Die strategischen Geschäftsfelder seien im vergangenen Geschäftsjahr um 26 Prozent auf ein Volumen von 29 Milliarden Dollar gewachsen und würden mit 35 Prozent bereits mehr als ein Drittel zum Gesamtumsatz beitragen. Doch trotz aller zu Schau gestellten Zuversicht, ist derzeit nicht abzusehen, wie lange IBM noch in der Abwärtsspirale stecken wird. "Wir bauen ein großes Unternehmen um", sagte Anfang des Jahres Chief Financial Officer (CFO) Martin Schroeter. "Und wir haben immer gesagt, dass dies eine gewisse Zeit braucht."

IBM-Chefin Virginia "Ginni" Rometty bemüht sich, trotz schrumpfender Einnahmen Zuversicht zu verbreiten.
IBM-Chefin Virginia "Ginni" Rometty bemüht sich, trotz schrumpfender Einnahmen Zuversicht zu verbreiten.
Foto: James Niccolai / IDGNS

Unbestreitbar ist jedoch, dass der Umbau für Unruhe sorgt. In der Belegschaft wie in der Chefetage. So hat das Management bereits in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich Stellen gestrichen. Arbeiteten vor rund sieben Jahren noch gut 21.000 Mitarbeiter für IBM in Deutschland, waren es zuletzt nurmehr etwa 16.500. Auch in der Gesamtorganisation sind heute deutlich weniger Menschen beschäftigt. 2013 standen noch über 431.000 Namen auf IBMs Gehaltsliste, im aktuellen Geschäftsbericht für das Jahr 2015 zählt der Konzern insgesamt noch knapp 378.000 Mitarbeiter.

Und auch im Management rumort es. Neben dem langjährigen Softwarechef Steve Mills haben kürzlich auch Danny Sabbah, Chief Technology Officer (CTO) für den Cloud-Bereich, und Brendan Hannigan, General Manager für die Security-Sparte, dem Konzern den Rücken gekehrt.

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