Erwachsenenbildung für Manager

"Ich bin dann mal im Praktikum"

Kommentar  06.02.2020
Von Marina Zubrod
Anarchie in der Wirtschaft: Startups mischen die Chefbüros auf und Manager kochen auch mal wieder Kaffee. Das müssen Sie jetzt wissen.

Das Konzept des lebenslangen Lernens und der persönlichen Weiterentwicklung ist längst auch in den Chefetagen angekommen - so lange es sich um die Mitarbeiter handelt. Dabei sind es besonders Führungskräfte, die immer am Puls der Zeit bleiben müssen. Sie sollten dabei nicht nur Markt und Zielgruppe aus dem Effeff kennen, sondern auch mit Innovationen und neuen Methoden Schritt halten. Doch im Alltagsgeschäft bleiben neue Ideen und innovative Ansätze sowie die persönliche Weiterbildung oft auf der Strecke - oder gelten gar als lästiges Übel. Die Folgen: Silodenken, Betriebsblindheit und Stillstand.

Ein paar Wochen Praktikum im Startup kann jedem erfahrenen Manager gut tun - sagen Innovationsmanager.
Ein paar Wochen Praktikum im Startup kann jedem erfahrenen Manager gut tun - sagen Innovationsmanager.
Foto: Bojan Milinkov - shutterstock.com

Das kann sich heute aber kaum ein Unternehmen leisten, das am Puls der Zeit bleiben möchte. Deshalb geben Konzerne trotz Zeitmangels und Unlust der Angestellten tausende von Euros aus, um ihre Fach- und Führungskräfte zum Beispiel für den digitalen Wandel fit zu machen. Agile Coachings, Weiterbildungen zum Scrum Master, digitales Projektmanagement - unzählige Anbieter überschwemmen Branche um Branche und versprechen für sehr viel Geld die Zukunftsfähigkeit, mit der Startups bereits ins Geschäft einsteigen.

Manager-Weiterbildung durch Innovationsgeist

Sicher wird kaum jemand bezweifeln, dass die besten Ideen aus Leidenschaft entstehen. Sie erwachsen aus der Passion, die ein Jungunternehmer mitbringen muss, um mit seiner Firma überhaupt erst loszulegen. Doch auch für Konzerne gilt: Die Identifikation mit dem Unternehmen und der Idee ist unbezahlbar. Sie ist es, die Chefs und Mitarbeiter zu Höchstleistungen anspornt und Freude an der Arbeit mit sich bringt. Wer schon einmal an einem Konzernschreibtisch gesessen hat, weiß, dass Anonymität und lange Freigabeprozesse schnell zu Lustlosigkeit und Dienst nach Vorschrift führen.

Solche und andere Kettenreaktion zu durchbrechen, gehört zu den komplexesten Aufgaben, die eine Führungskraft in großen Unternehmen meistern muss. Dafür bedarf es jedoch neuer Ansätze. Wie wäre es also, wenn zur Abwechslung nicht die Jungen ein Praktikum bei den "alten Hasen" machten, sondern die Erfahrenen dorthin gingen, wo die Innovation ist? Ein Konzernmanager wird dadurch sicher nicht zum Digital Native. Aber er kann von denen lernen, die bereits ins digitale Zeitalter hineingeboren wurden. Diese Erfahrung muss nicht in einer teuren Reise ins Silicon Valley münden, sondern kann auch in der eigenen Region gesammelt werden.

Lebenslanges Lernen als Win-Win-Situation

Ein paar Wochen "Praktikum" bei Startups könnte jeder Führungskraft guttun - aber auch den Anfängern. Der Konzernmitarbeiter übt sich in einem modernen Umfeld darin, agiler zu arbeiten und zu denken. Er muss sich auf Unwägbarkeiten einlassen, darf nicht alles auf fixe Ziele ausrichten und Budgets bis auf Heller und Cent planen. Das Startup erfährt wie das eigene Unternehmen organisierter wird, indem intensiver vorausgeplant und durchdacht wird. So ein "Manager-in-Residence", wie ich das Konzept gerne nenne, wäre also eine Win-Win-Situation für alle Parteien, ohne gleich immense Kostenberge zu verursachen.

Ein weiterer Nebeneffekt: Es rückt zusammen, was zusammengehört. Schließlich können Startups in Sachen Markterfahrung nicht mit Konzernen konkurrieren. Fehler, die "die Alten" bereits gemacht haben, müssen sie ja nicht unbedingt auch noch erfahren. Aber kein Konzern kann mit unflexiblen Strukturen und Prozessen so innovativ sein, wie eine "kleine Klitsche", die schnell, zielgerichtet und ohne großen bürokratischen Aufwand auf jede kleinste Marktveränderung reagieren kann. Innerhalb weniger Wochen lässt sich so eine große Lücke, die zwischen beiden Parteien natürlicherweise klafft, überbrücken. Es entstehen Synergien und Gemeinschaftssinn, anstatt Konkurrenz und Neid.

Weiterbildung sucht passenden Partner

Natürlich müssen Konzernmitarbeiter eine grundsätzlich positive Haltung gegenüber Neuem, Neugier und Lernbereitschaft sowie Offenheit für Weiterentwicklung und Innovation mitbringen. Aber wer seinen Partner sorgfältig auswählt, wird schnell merken, dass mit diesem Konzept die Besten von den Besten lernen. Dann findet ein Informationsaustausch von Manager zu Manager auf Augenhöhe statt. Und vielleicht stellt sich im Laufe der Zeit heraus, dass es neben dem Manager-in-Residence-Projekt auch noch Potenzial für weitere gemeinsame Projekte gibt.

Fragen Sie sich: Passt das Unternehmen, das Sie als Sparringspartner ausgewählt haben, zu Ihrer Marke und Ihrem Produkt? Oder tut es das ganz bewusst nicht? Weiterentwicklung innerhalb des eigenen Marktes hilft natürlich beiden Parteien und der direkte Lerneffekt ist auf den ersten Blick sicher hoch. Doch wer die Chance hat, bewusst auch einmal ganz weit über den Tellerrand hinauszuschauen, sollte sie ergreifen. Auch als Berater in der FinTech-Branche kann man von den Social-Media-Strategien eines Naturkosmetik-Startups profitieren. Und ein kleines Beauty-Label wird für die Hilfe beim Generieren von Geldern oder für kleine und große Tipps bei der Budgetplanung sicher dankbar sein. (hk)

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