"Ich entschuldige mich beim Handelskanal für unsere Vorgehensweise"

08.03.2001
Nach nur einem Monat als Deutschland-Chef hat Ex-HPler Ulrich Kemp das Partnermodell bei FSC völlig umgekrempelt. Auf der Cebit will Kemp das partnerfreundlichere, neue Konzept vorstellen. ComputerPartner berichtet schon heute, was anders wird.

Wir haben in der Vergangenheit oft unsere Partner misshandelt", bekennt der frischgebackene Deutschland-Chef Ulrich Kemp schonungslos. "Wir haben Partnern konsequent Vergütungszusätze weggenommen. Wir haben dem Partnerkanal im Ganzen fünf Prozent Marge aus den einzelnen Bereichen herausgeschnitten, was natürlich zu dramatischen Einbrüchen in den jeweiligen Geschäftsbereichen geführt hat und was sich wiederum in unseren Marketshares widerspiegelt. Ich entschuldige mich beim Handelskanal für diese Vorgehensweise. Ich bin nicht verantwortlich für die Historie, aber trage jetzt die Verantwortung." Und diese Verantwortung nimmt er sehr erst: Das gesamte Partner-Vertragskonstrukt wird überarbeitet und auch das Konditionenmodell wird völlig neu aufgestellt. Dazu gehören die Standardkonditionen, die an die Partner weiter gegeben werden und die Boni und Vergütungen. "Ich denke in diesem Bereich über alles nach, über Lagerwertausgleich bis hin zu verschiedensten Boni-Systemen, die wir einführen werden", erklärt Kemp. "Wir werden auf jeden Fall in einigen Bereichen einen großen Teil dessen, was wir im letzten Jahr eingeführt haben, wieder rückgängig machen." Allein für die geplanten Partner-Entwicklungs-Maßnahmen hat er zehn Millionen Mark zur Verfügung gestellt.

Die Broadline-Distribution wird ein wichtiger Partner

Es krankt aber auch im Wholesale-Bereich. Dort wird FSC ebenfalls Veränderungen durchführen. "Es wird klar in Richtung Broadline-Distribution umstrukturiert und wir werden dort neue Verträge mit Distributoren zeichnen, die wir bislang noch nicht hatten," erläutert Kemp und berichtet von weiteren, einschneidenden Plänen: "Wir werden alle Partner-betreuenden Teile unserer Organisation, die heute noch über ganz Fujitsu Siemens verstreut sind, in einer zentralen Partnerorganisation zusammenführen. Die Entscheidungen für Corporate-Reseller, andere Partner wie ISV/SI-Betreuung sowie für ein neu zu schaffendes Channelmarketing mit Schwerpunktprogrammen für die einzelnen Partnergruppen werden noch im März getroffen. Für das Partner-Management werden wir insgesamt 30 neue Mitarbeiter einstellen. Die Verantwortung für alles liegt dann in einer Hand und auch die Koordinierung aller Partnerprogramme wird zentral geleitet, was heute de facto noch nicht der Fall ist." Die Partner-Manager werden bei den Konditionen flexibler sein. Und Kemp gibt im Teilsegment Small Business den Partner-Managern Profit-and-Loss-Verantwortung.

Nur durch eine faire Partnerschaft macht man Gewinn

FSC staffelt sich aus der Business-Kundensicht in drei Segmente: das Large-Segment-Business, das Mittelstandsgeschäft und das Small Business. In allen drei Segmenten wird FSC über Partner die Geschäfte abwickeln. Damit wird die Situation der Partner nach Ansicht von Kemp auf jeden Fall verbessert, denn: "Sie werden nicht mehr ausgesperrt aus bestimmten Geschäften. Oder was noch schlimmer ist: Ich habe erfahren, dass FSC gemeinsam mit einem Partner ein Geschäft angegangen ist und letztendlich den Abschluss ohne den Partner gemacht hat. Das wird nicht mehr passieren."

Alle Vertriebsbereiche, auch die Endkundenvertriebe, werden Zielvorgaben bekommen, bei denen sich die Einbindung der Partner in den Gehaltssystemen der einzelnen Endkunden-VBs (Vertriebsbeauftragte) widerspiegeln wird. So wird das erfolgsabhängige Gehalt weiter über Gewinn und Umsatz definiert und ein Teil über den Umsatz mit Partnern. Die Ziele werden also klar auf Wachstum im Partnergeschäft ausgerichtet. Auf der Grundlage des Ist-Zustandes bei den Geschäften über Partner plant Kemp für den nächsten Schritt eine Steigerung um 50 Prozent. Der Startschuss fällt am 1. April.

Momentan kann jeder Partner bei FSC direkt bestellen. "Ich möchte allen Handelspartnern eine optimale Betreuung sichern, was heute noch nicht der Fall ist. Das soll sich durch das neue Programm ändern. Dabei werden wir verschiedene Betreuungsarten definieren. Ich möchte schon weiterhin Partner selber betreuen, aber ich will auch die Vorteile der Broadline-Distribution nutzen, um die Liefer-Fähigkeit, -Flexibilität und -Zugangsgeschwindigkeit zu erhöhen."

"Es ist mir sehr wichtig, dass der Partner beide Quellen nutzen kann", so Kemp. Mittelfristig werden für ihn die Broadliner ein auch finanziell attraktives Element darstellen, um bewusst auf dieser Seite einen Anreiz zu schaffen. Das Konditionenmodell will er so darstellen, dass die Einsparungen im Logistikbereich über die Distributoren an die Partner weitergegeben werden. Die großen Partner werden aber weiterhin direkt beliefert, weil durch diese Zusammenarbeit auch ein positiver Synergie-Effekt entsteht. Die anderen sollen in einer optimalen Betreuung seitens FSC sauber an die Wholesale-Kanäle angebunden werden. Kemp arbeitet gerade mit mehreren Broadlinern ein Betreuungskonzept aus. Der kleinere Partner soll sich ohne Verlust und Nachteile zu den Broadlinern orientieren, die eine "optimale Auffangstation" für den Partner darstellen sollen. "Ich will durch diese Umstellung keinen einzigen Partner verlieren", stellt Kemp klar: "Ganz im Gegenteil: Ich hoffe, im Laufe dieses Jahres 1.000 neue Partner zu gewinnen, die mit uns mehr Geschäft machen, als wir es heute tun." Im Retail-Bereich gibt es keine Veränderung. Da funktionieren die Prozesse.

Mit einem neuen Supply-Chain-Management soll jetzt durch automatische Nachlieferung und verbesserten Forecast die Verfügbarkeit und Lieferzeit deutlich verbessert werden. Ganz oben auf der To-do-List von Kemp steht die Prozessbeschleunigung. Derzeit dauert die Zeitspanne zwischen Bestellung und Auslieferung bei den Server-Systemen, einschließlich Unix-Geräten, zwischen zehn Tagen und zwei Monaten. Das Ziel ist, diese Zeit zu halbieren. Im Segment Business-PC startet nun das Value-4-You-Programm, dass die Lieferzeit auf fünf Tage reduzieren soll. Dabei handelt es sich um vorkonfektionierte PCs, die aufgrund der Abverkäufe der Vorwoche quasi Standard-Geräte sind. Im Notebook-Bereich hat FSC Best-Practice-Zeitziele bereits erreicht. Die Verantwortung für das Programm bei der deutschen Vertriebsgesellschaft von FSC trägt Kemp in Zusammenarbeit mit seinem neuen Assistenten Jörg Hartmann, ehemaliger Wholesale-Account-Manager bei HP, der zum 1. April zu den Bad Homburgern wechselt. Eines ist für Uli Kemp sicher: "Egal, welche neuen Partnerprogramme wir auch starten, es ist allemal besser als das, was wir bislang gemacht haben."

Gemeinsamkeit stärkt

Der schönste Plan gelingt aber nicht, wenn die Partner die Chancen nicht sehen und den Plan nicht unterstützen. "Ich bin der oberste Fürsprecher im Unternehmen für die Partnerstrategie. Ich kann diese Strategie aber nur auf die Gewinnseite bringen, wenn mich der Partnerkanal unterstützt." Kemp wurde aufgrund seiner fast schon missionarischen Arbeit mehrfach "Messias" genannt. Dieser Begriff behagt ihm aber gar nicht "allein, wenn man bedenkt, wie die Geschichte ausgegangen ist".

Man sollte ihn vielleicht eher Wirbelwind nennen. Denn derzeit arbeitet er parallel an 15 verschiedenen Tools, die die Partnerschaft mit den Händlern verbessern sollen. Dazu gehören unter anderem die Verbesserung der Partner-Pages, ein Kundenzuordnungs-Tool, Prozess-Tools, die es ermöglichen, bei FSC Projekte abzufragen, für die nach nur vier Stunden ein komplettes Pricing vorliegen soll, und Auto-Replanishment-Tools.

Premiere in der FSC-Geschichte ist auch, dass es erstmals einen eigenen Partner-Only-Bereich auf der Cebit geben wird, in dem die Händler über neue Produkte und Projekte informiert werden. Für Kemp gibt es eigentlich kein Geschäft im Volume-Bereich, das er nicht mit dem Partner gemeinsam abwicklen kann. Der Händler ist für ihn ein Partner im Sinne von Vertrieb, Logistik, Lieferbarkeit, Finanzierung, Qualifikation, Integrationsleistung und Service-Dienstleistung. "Ich möchte das Frontend zum Kunden gemeinsam mit dem Partner halten," umreißt er seine Ziele. Wenn der Kunde allerdings Direktbelieferung seitens FSC wünscht, werden die Bad Homburger dies tun. Bei diesen Kunden, den Large Accounts, ist der Hersteller nach eigener Aussage sehr fest im Sattel. Kemps Hauptaugenmerk liegt deshalb im Mittelstands- und Small-Business-Segment, in dem FSC laut Kemp noch kaum existent ist. Er sieht für den Marktführer FSC eine Verpflichtung, in allen vier Marktbereichen (inklusive dem Consumer-Markt) präsent zu sein, und das geht allein über den IT-Handel. "Ich respektiere unsere Konkurrenten, aber ich scheue mich nicht vor ihnen", stellt er klar. "Ich will vielmehr, dass unsere Konkurrenten mit Argusaugen darauf schauen, was ich tue - und genau das tun sie." Wir auch. (go)

www.fujitsu-siemens.de

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