"Ich habe den geilsten Job der Welt"

08.02.2001
Im August 2000 startete Media-Markt in Kooperation mit Homejumper seine Serviceoffensive im Consumer-Markt. Klaus-Peter Voigt, Vorsitzender der Geschäftsführung, zieht im Gespräch mit den ComputerPartner-Redakteuren Damian Sicking und Cornelia Hefer ein erstes Fazit und zeigt Trends und Perspektiven im Endkundensegment auf.

Mit dem Werbespruch "Wir können nur billig" lehnen Sie sich derzeit ganz schön aus dem Fenster. Auf der anderen Seite haben Sie im August Ihre Serviceoffensive in Kooperation mit Homejumper gestartet. Wie lautet Ihr Fazit nach der Pilotphase?

Voigt: Super! Die Testphase haben wir in zehn Media-Märkten im Dezember sehr erfolgreich beendet. Das heißt, eine neue Idee in Ergänzung zu unserer Positionierung über den Preis - "Wir können nur billig" - ist eben der Service. Für uns war das ein neues Projekt: erstmals Dienstleistung gemeinsam mit Homejumper als Produkt zu verkaufen. Ab sofort vermarkten wir Service über 52 Media-Märkte. Wobei das langfristige Ziel ist, alle 154 Märkte in dieses Konzept einzubinden.

Können Sie Ihr Urteil "sehr erfolgreich" quantifizieren?

Voigt: Umsatzzahlen habe ich leider noch nicht. Die Kundenresonanz war aber sehr positiv, was in dem Fall erst mal auf die mittlerweile 200 Mitarbeiter von Homejumper gemünzt ist. In Spitzenphasen haben die einzelnen Testmärkte bis zu zehn Prozent der PCs mit einem Service-Starthilfekoffer verkauft. Und wir werden die Kooperation mit Homejumper jetzt auch auf die Unterhaltungselektronik ausdehnen.

Lange Zeit dominierte die These, Service sei im Consumer-Markt nicht zu verkaufen. Würden Sie das jetzt revidieren?

Voigt: Diese Aussage würde ich so nicht stehen lassen: Das Produkt Service wird nur zu wenig sichtbar gemacht. Der Kunde ist sehr wohl bereit, für diese Dienstleistung Geld zu bezahlen. Aber auch im Wiederverkauf ist es wichtig, Service, Vertrieb und Marketing zu verschmelzen. Das gehört einfach zusammen.

Sie glauben also an ein Wachtumspotenzial im Servicegeschäft für den Retail-Bereich?

Voigt: Ja, auf jeden Fall.

Warum?

Voigt: Durch die zunehmende Integration des Produkts Dienstleis-tung in die Beratung. Wenn Service im Laden omnipräsent ist und aktiv in die Kundenberatung einfließt, ist auch das Produkt Service erfolgreich. Außerdem werden wir in Zukunft unsere nationale Marketing-Power - wie den Media-Markt-Flyer mit 23 Millionen Auflage bundesweit - nutzen.

Es gibt hartnäckige Gerüchte, dass sich Media-Markt finanziell an Homejumper beteiligen will.

Voigt: Nein, Media-Markt steht für Vermarktung und Vertrieb - das sind unsere Stärken. Wir werden Homejumper aufbauen und nutzen. Aber wir werden nicht ins Servicegeschäft einsteigen.

Der Homejumper-Servicekoffer kostete in den ausgewählten Media-Märkten 149 Mark. Wettbewerber wie Vobis & Co. beurteilten diesen Preis für einen Retailer als zu hoch. Wie sehen Sie das heute?

Voigt: In unseren zehn Testmärkten hat sich dieser Preis durchgesetzt. 99 Mark wäre und ist aus der Sicht von Homejumper betriebswirtschaftlich nicht darstellbar: Sie können keine Manpower verramschen, das ist nicht machbar. Und wenn Vobis meint, dass sei zu teuer, womit vergleichen sie unseren Preis? Schließlich bieten bisher nur wir diese Leistung an.

Ebenfalls im August 2000 haben Sie Ihren Online-Shop gestartet. Die Testphase war mit 40.000 Endkunden-Registrierungen in vier Tagen positiv. Sie sagten uns aber, "Kunden werden sich online informieren und weiter offline kaufen".

Voigt: Dazu stehe ich immer noch. Denn das Touch-and-feel-Erlebnis wird weiter im stationären Handel dominieren: Der Kunde will Produkte anfassen, ausprobieren und sich beraten lassen. Hier ist das Online-Geschäft ein emotionsloses Business. Der Kunde nutzt unsere Homepage für die Vor-Informationen. Das belegen auch unsere Zahlen.

Können Sie dafür schon Zahlen nennen?

Voigt: Ja, im November hatten wir den bisher höchsten Wert von knapp drei Millionen Page-Impressions und 1,5 Millionen Visits, also wirkliche Besuche sowie 7.500 Registrierungen. Den Online-Shop haben im November 550.000 Kunden besucht.

Würden Sie Ihren Online-Shop als strategisch wichtig oder eher als komplementär bezeichnen?

Voigt: Für uns war es eine strate-gische Marketing-Entscheidung. Wenn wir als Sortimentsführer die digitale beziehungsweise vernetzte Welt vermarkten, müssen wir auch mit ihr spielen. Das erwartet der Kunde.

Wen würden Sie in Deutschland als Wettbewerber sehen - zum Beispiel wenn es um das Festlegen von Preispunkten geht?

Voigt: Der nationale Wettbewerber in Deutschland existiert nicht. Es gibt allerdings viele kompetente Spezialisten. Zu nennen wären aber - gerade wenn es um den Preis geht - die Food-Discounter, obwohl ihre IT-Aktionen nur temporär auftreten. Ich würde mir wünschen - so verrückt es sich für Sie anhören mag -, wenn zum Beispiel Aldi zwölf PC-Kampagnen im Jahr auf die Beine stellen würde.

Warum?

Voigt: Weil dann der Reiz für die Kunden verloren ginge. Und die Food-Ketten würden lernen, was es heißt, zwölfmal im Jahr der Beste im Markt sein zu wollen. Das ist nämlich unser Anspruch - was wir jeden Monat wieder versuchen.

Bei den Herstellern taucht immer wieder die Frage auf: Wie viel Retail kann man sich eigentlich leisten? Werden Ihnen bald die Lieferanten weglaufen?

Voigt: Nein, im Gegenteil. Sicher, sind wir ein sehr interessanter Partner für die Industrie, schließlich ist unser Lieferanten-Portfolio größer und nicht kleiner geworden.

Dennoch sind Sie für die Indus-trie ein schwieriger Kunde. Vertraglich festgelegte Konventionalstrafen bei Verfügbarkeitsproblemen und kostenintensive Werbeauftritte in Ihren Flyern gehören für Ihre Lieferanten dazu.

Voigt: Bei einer reinen Lieferantenbeziehung kaufe ich Ware, der Lieferant bekommt sein Geld und tschüss. Bei einer Kooperation oder Partnerschaft mit einem Hersteller geht es ans Eingemachte: um Vermarktung der Produkte und weiterführende Strategien. Dabei sind die Konventionalstrafen reiner Selbstschutz: Wenn wir unsere 23 Millionen Flyer auf den Markt schmeißen, dann sind wir vom Wettbewerbsgesetz verpflichtet, die beworbene Ware vorrätig zu haben.

Stimmt es, dass Sie die Preise für Anzeigen im Media-Markt-Flyer 2001 um 13 bis 15 Prozent angehoben haben?

Voigt: Der neue Flyer hat jetzt statt zwölf 16 Seiten. Wir haben den Preis ja nicht angehoben, weil wir mehr einnehmen wollen, sondern weil die Kosten für mehr Umfang und Druck gestiegen sind.

Neben den PCs ihrer FokusLieferanten wie Fujitsu Siemens oder Compaq verkaufen Sie auch Ihre Eigenmarke Network. Wie sieht hier das Absatzverhältnis im Vergleich zu den Herstellern aus?

Voigt: Über lange Zeit haben wir zu 70 Prozent Network verkauft. In den letzten 15 Monaten wurde das Verhältnis bewusst verändert: Der Network-Anteil der gesamten Hard- ware liegt derzeit bei knapp unter 50 Prozent.

Neueinsteiger ist bei Ihnen Hewlett-Packard. Wie schätzen Sie HPs erneuten Versuch ein, im Consumer-Markt mit der Pavilion-Serie Fuß zu fassen?

Voigt: Ich begrüße es sehr, dass HP wieder in diesem Markt vertreten ist. Denn ihre Produkte stehen weltweit für Top-Qualität und ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Und wie war die Akzeptanz bei Ihren Kunden?

Voigt: Die georderten HP-Stückzahlen haben wir verkauft - und die Resonanz von unseren Beratern und Service-Stellen war durchweg positiv.

Welcher Hersteller ist bei Ihnen am stärksten vertreten?

Voigt: Sony ist unser größter Lieferant für alle Segmente - nicht nur im IT-Bereich. Bei den PC-Herstellern: Fujitsu Siemens.

Bekommen Sie etwas von den internen Turbulenzen bei FSC ab?

Voigt: Von Achim Berg sind wir sehr gut betreut worden. Nichtsdestotrotz vertraue ich auf das neue Management: FSC weiß, dass wir gerne der größte Kunde europaweit sind, also werden sie Betreuung und Support weiter optimieren.

Wie viele PCs hat Media-Markt im vergangenen Jahr insgesamt verkauft?

Voigt: Europaweit waren es 1,4 Millionen Rechner und rund 200.000 Notebooks.

Und in Deutschland?

Voigt: Zwischen 60 und 65 Prozent des Europa-Absatzes: also 850.000 beziehungsweise 900.000 PCs.

Was sind Ihre Erwartungen für das laufende Jahr?

Voigt: Media-Markt wird ein hervorragendes Jahr haben, da bin ich sicher. Wir werden an der Qualifikation unserer Mitarbeiter arbeiten, bei der Flut neuer Produkte ist das ein Muss. Einen Schub erwarte ich vor allem durch das Thema mobile Kommunikation: Die Ausweitung der Sortimente steht hier vor einer wahren Explosion. Wer weiß, ob wir in einem Jahr noch mit dem Handy telefonieren? Vielleicht ersetzen die Organizer dann das Telefon oder die Notebooks. Zwei oder drei Jahre werden wir das Kistenschieben noch auf einem sehr hohen Level betreiben, und dann kommt ein Knick. Dann wird der Endkunde Mobilität für sich beanspruchen.

Mit welchem Umsatzzuwachs rechnen Sie in Deutschland?

Voigt: Mein persönliches Ziel liegt im knapp zweistelligen Bereich.

Welchen Job möchten Sie in Ihrem Leben gerne noch erreichen?

Voigt: Also heute würde ich sagen: Ich habe den geilsten Job der Welt. Mit der bestehenden Mannschaft zusammenzuarbeiten, Gesellschaftern und Geschäftsführern, sie mit einzubeziehen und für neue Warengruppen für die digitale Welt zu begeistern, das ist wirklich genial. Und es macht Spaß, die Nummer eins im Markt zu führen. Ganz ehrlich: Ich kann mir keinen anderen Job vorstellen.

Und wie wäre es denn mit einer Position im MetroManagement?

Voigt: Wenn Doktor Körber seinen Job aufgibt, vielleicht schon ... (lacht).

WHO IS WHO?

Klaus-Peter Voigt

Der heutige Media-Markt-Chef Klaus-Peter Voigt (40) begann seine Karriere als Assistent der Einkaufsleitung beim Elektrogroßhändler Fröschl in München. 1984 übernahm er dort als Geschäftsführer den Einkauf: für Haushaltselektronik, weiße Ware und Unterhaltungselektronik. 1989 wechselte er für diese Bereiche als Produktmanager zur Media-Markt -/Saturn-Gruppe nach Ingolstadt. Ein Jahr später koordinierte Voigt dort als Prokurist den Einkauf des Handelsunternehmens. 1995 wurde er Geschäftsführer der neu gegründeten Media-Markt-Management-Gesellschaft: In dieser Position war er verantwortlich für den Einkauf aller Media-Märkte sowie die künftige Expansion der Unternehmensgruppe in Deutschland, die mittlerweile hierzulande 154 Outlets umfasst (geschätzter Nettoumsatz 2000: 7,44 Milliarden Mark). Am 1.1.2000 übernahm Voigt den Vorsitz der dreiköpfigen Media-Markt-Geschäftsführung. Heute ist er zuständig für die Bereiche Unternehmensstrategie, Einkauf, Marketing und Werbung. (ch)

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