IDC hält das Dell-Modell nicht für das gelbe vom Ei

15.07.1999

LANGEN: Das Erfolgsimage von Dell in Europa bekommt Kratzer. Das schlechte Deutschland-Geschäft, Personaländerungen und nun auch Schelte von seiten renommierter Marktforscher nehmen den häufigen Ehrfurchtsbekundungen durch die Wettbewerber langsam aber sicher die Grundlage."Dell, Dell, Dell - wohin man hört", schüttelte ein Compaq-Vertriebspartner kürzlich auf einer Veranstaltung den Kopf. "Immer orientieren sich meine Lieferanten an deren Vertriebszahlen und werden grün vor Neid, weil Dell sich nicht mit uns herumschlagen muß. Ich habe in letzter Zeit einfach immer öfter das Gefühl, ein notwendiges Übel für meine Lieferanten zu sein." Was er schon deswegen nicht versteht, weil er seit Jahren einen guten Job macht und den Kontakt zu seinem Vertriebsmanager bei Compaq beispielsweise als "sehr professionell und entspannt" betrachtet.

Eine gerade angekündigte Studie des Marktforschungsunternehmens IDC wird ihm wohl Rückendeckung geben: Dell, so heißt es in der Vorstellung des Berichts "Direct Sales in Europe, Dell's Evolving Business Model", zeige mittlerweile in einigen Bereichen massive Schwächen hinsichtlich der Partnermodelle, der Liefergeschwindigkeit, der Servicevielfalt und auch darin, angemessen auf Krisen zu reagieren. Doch die Herstellerschelte des IDC-Autors Brian Pearce bleibt nicht auf Dell begrenzt: Die klassischen Indirektanbieter wie Compaq, Hewlett-Packard und IBM hätten auf den Wettbewerbsdruck von Dell reagiert "wie verschreckte Kaninchen". Statt auf die eigenen Stärken zu bauen - nämlich die Potentiale und Servicefähigkeit ihrer Vertriebspartner - habe man diese lieber mit Überlegungen zum Thema eigener Direktvertrieb vor den Kopf gestoßen.

Die Studie liefert dem indirekten Kanal weitere gute Argumente: Dell solle sich europaweit endlich explizit zu einem eigenen Partnerprogramm bekennen - die Kunden wünschen sich das von dem Direktanbieter. Die Verkaufszahlen des Herstellers seien mittlerweile so hoch, daß Dell den Service mit seinen bisherigen Partnern Wang und Unisys nicht mehr in ausreichendem Maße abdecken könne. Dazu Brian Pearce: "Die Ironie an der Sache ist die, daß Dells längerfristiger Erfolg an seiner guten Beziehung zum indirekten Kanal hängt."

Die ist - vor allem in Deutschland - derzeit aber mehr als gefährdet. Dem Vernehmen nach schreckt der Hersteller keineswegs davor zurück, bei den Kunden seiner ehemaligen und kürzlich ausgemusterten Handelspartner selber vorstellig zu werden und die Vertriebspartner massiv zu unterbieten. (du)

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