IFA 2003: Endkunden aus Deutschland, Händler aus dem Ausland

04.09.2003
"Die Lust am Neuen" - unter diesem Motto fand in Berlin die Internationale Funkausstellung (IFA) statt.Tatsächlich konnte man erstmals nicht mehr von einer Messe sprechen, die der Unterhaltungselektronik vorbehalten war.

Flachbildschirme wohin das Auge reicht, ein Gewimmel an Digitalkameras und eine unglaubliche Vielfalt an DVD-Playern und Soundsystemen - das prägte die jüngst zu Ende gegangene 44. IFA. "Auf der IFA wurde über den Tod der Röhrenbildschirme gesprochen", lautet das Resümee von Etienne Finet, Vice President Sales bei Trident Microsystems, einem Hersteller von Chips für den Einbau in Flachbildschirmen. Und wer aufmerksam durch die 26 Messehallen schlenderte, musste tatsächlich die alten Röhrenbildschirme mit der Lupe suchen.

Keine Fernsehdominanz mehr

Als "Messe der flachen Bildschirme" vom Veranstalter Messe Berlin GmbH schon vorher angekündigt, war der Wandel der IFA offensichtlich. Die Funkausstellung ist auf dem besten Weg, von einer Messe mit Fernsehdominanz zu einer Art Computermesse zu werden - oder zumindest ihren IT-Anteil deutlich auszubauen. Erstmals seit Jahrzehnten hielten sich die TV-Anstalten bei ihren Messeauftritten stark zurück.

Stattdessen gab es im Zuge der Neugliederung Hallen mit den Schwerpunkten "Personal Computing & Games", "Personal Communication" oder "Digital Imaging & Digital Music". Denn auch dort, wo Unterhaltungselektronik draufsteht, ist Computertechnik drin. Die IFA glänzte mit Produktneuvorstellungen, die ihrer Funktion nach zur Unterhaltungselektronik gehören, sich aber wie Computer in Standardnetzwerke integrieren lassen. Was schon vor Jahren von den Herstellern als Konvergenz von UE und IT angepriesen wurde, war bis zur IFA in dieser Deutlichkeit noch auf keiner Messe sichtbar gewesen.

"Bezogen auf die Endkundenbesucher ist die IFA eine deutsche Messe, bezogen auf die Händlerbesucher eine europäische", beschreibt Holger Gräff, Director Business Development EMEA bei Projektorenhersteller Infocus, die Struktur der IFA. Inwieweit sich der IFA-Auftritt für die Aussteller dann überhaupt lohne? Gräff weicht bei der Antwort etwas aus: "So wie bei uns wird auch bei vielen andere Ausstellern in den Firmenhauptquartieren in den USA auf die Wirkung der IFA geachtet." Schließlich sei gerade für Unternehmen mit Nischenprodukten der Aufwand trotzt derauf sechs Tage verkürzten Dauer noch immens hoch.

Consumer werden auf der IFA angesprochen

Erstmals den Weg nach Berlin hatte Yakumo gefunden. Das vor allem durch Notebooks bekannt gewordene Unternehmen will sich zum Beispiel mit DVD-Playern künftig auch im CE-Markt platzieren. "Und bei der IFA können wir Endkunden ansprechen, während wir uns bei der Cebit doch eher im Stil für Fachbesucher präsentieren müssen", erklärt Jutta Thiel, Produktmanagerin bei der Yakumo GmbH.

Casio begründet seinen IFA-Auftritt damit "dass die neuen Produkte ja irgendwann einmal vorgestellt werden wollen", wie es Stefan Romeyke, Group Leader Marketing bei der Casio Europe GmbH, formuliert. "Außerdem sprechen wir hier mit vielen europäischen Distributoren und Händlern." Romeykes Kollege Sigbert Laakman, Produktmanager bei Casio, spricht von einer hohen Publikumsresonanz in den ersten Messetagen, was beweise, "dass das neue Konzept der IFA stimmt".

Einen anderen Eindruck hatte dagegen Manfred Berger, Senior-Manager of Business Development Emerging Markets bei Hitachi Global Storage Technologies Europe: "In den ersten Messetagen konnte man unbehindert durch die Hallen gehen, es war recht ruhig."

Schwache Resonanz in den Fachhandelsbereichen

Ziemlich leer präsentierten sich auf jeden Fall die beiden Fachhandelsbereiche "Reseller Park Computing" und "Reseller Park Communication", die vom Veranstalter in die entsprechenden Themenhallen eingegliedert waren. Die beiden nur für Fachhändler und Distributoren zugänglichen Bereiche galten als Nachfolger des Fachhandelszentrums "Dealers Only" von der IFA 2001 - was aufgrund der geringen Resonanz eingestellt worden war.

An den Ständen der jeweils etwa 20 Aussteller war auch dieses Mal nicht besonders viel los. "Wir haben aber auch nicht mit einer vollen Hütte gerechnet", erläutert Bob Snyder, der für das Marketing der Reseller Parks verantwortliche Manager. "Es ist eben kaum möglich, zum Beispiel einen kleinen IT-Händler aus Düsseldorf zu einem Besuch der IFA in Berlin zu bewegen."

Der Fachhandelsbereich sei vielmehr von großen Distributoren aus dem Ausland angenommen worden, um dort Kontakte zu Herstellern zu knüpfen. Ob und in welcher Form die Fachhandelsbereiche auch bei der nächsten IFA zu finden sein werden, darüber lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts sagen, so Snyder. (tö)

www.ifa-berlin.de

Die IFA in Zahlen

Zum ersten Mal in ihrer 79-jährigen Geschichte konnte die Internationale Funkausstellung mit 1.007 Firmen eine vierstellige Ausstellerzahl verbuchen. Für das Plus von zehn Prozent gegenüber 2001 (915 Aussteller) waren aber nur die ausländischen Unternehmen (insgesamt aus 35 Ländern) verantwortlich. Denn deren Zahl stieg um 46 Prozent auf 658. Erstmals seit IFA-Bestehen waren also die deutschen Aussteller in der Minderheit: Nur 349 hatten sich für die Messe entschieden, im Vergleich zu 498 von vor zwei Jahren (minus 30 Prozent).

Die meisten IFA-Premieren feierten Unternehmen aus China (plus 88 Prozent gegenüber 2001) und aus Taiwan (plus 53 Prozent). Somit stellten chinesisch sprechende Firmen 36 Prozent der Gesamtaussteller.

Die von neun auf sechs Tage reduzierte IFA belegte wie vor zwei Jahren etwa 160.000 Quadratmeter Fläche. Während im Jahr 2001 370.000 Menschen (davon 140.000 Fachbesucher und 25.000 Fachhändler) die IFA besuchten, verzeichnete die Ausstellung in diesem Jahr an den ersten drei Tagen 150.000 Besucher, davon etwa 50.000 Fachbesucher. (tö)

Kurzkommentar

Die "neue IFA" wird ihren Platz in der deutschen Messelandschaft erst noch suchen müssen. Finden wird sie ihn frühestens dann, wenn sie selbst weiß, was sie will. Will sie beim nächsten Mal zum Beispiel versuchen, die großen Fernsehanstalten wieder zu ihren altgewohnten Auftritten zu überreden? Will sie sich zu einer kleineren deutschen Computermesse verwandeln, zu einer "Cebit im Sommer"? Will sie sowohl als eine Messe für Endkunden und Fachhändler aus Deutschland sowie für Distributoren aus dem europäischen Ausland gelten? Denn während Endkunden schon seit Jahrzehnten die IFA bevölkern und auch Großhändler aus dem Ausland die Messe als Kontakthof nutzen, halten sich Fachhändler, vor allem aus dem IT-Bereich, mit ihren Besuchen bisher noch zurück. Ein großes Problem der Funkausstellung ist ihr zweijähriger Turnus: Niemand wagt vorherzusagen, wie die IFA im Jahr 2005 aussehen wird - selbst die Messeleitung kann nur Vermutungen anstellen. Denn jeder weiß, dass in zwei Jahren in dieser Branche so unglaublich viel passieren kann.

Christian Töpfer

ctoepfer@computerpartner.de

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