Im Auftrag des Künstlers oder reine Abzocke?

15.11.2001
Nach längerer Pause schien es letzte Woche zu einer Annäherung zwischen Industrie und Verwertungsgesellschaften gekommen zu sein. Nach Vermittlung von Professor Dr. Herta Däubler-Gmelin setzen sich die Vertreter beider Interessengruppen zumindest wieder an den Verhandlungstisch. Doch nun wird der Ton wieder schärfer.

Die Vermittlung durch das Justizministerium und ins-besondere durch den Einsatz von Frau Professor Dr. Herta Däubler-Gmelin hat zwar gefruchtet, aber auch das Medieninteresse an den Verhandlungen gesteigert. Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer der ZPÜ (Zentralstelle für private Überspielungsrechte) Professor Dr. Reinhold Kreile drängt auf eine schnelle Lösung: "Wegen der anhaltenden Wirtschaftskrise wird es manche Unternehmen bald nicht mehr geben." Hans-Jochen Lückefett, Geschäftsführer und Finanzvorstand von Hewlett-Packard, reagierte mit einer Pressemeldung. Darin bezeichnet er die Aussage von Kreile als wirtschaftlich unverantwortlich. "Es geht Herrn Kreile nicht um den Schutz des Urheberrechtes, sondern um ein unverantwortliches Abkassieren", kritisiert Lückefett. Außerdem wirft er Kreile eine Falschaussage vor. Demnach soll die Industrie bereit sein, weitere Abgaben auf IT-Geräte hinzunehmen. Das sei so nicht richtig. Seit mehr als einem Jahr verhandeln IT-Industrie und Verwertungsgesellschaften über eine gerechte Vergütung für Urheber. Die Verwertungsgesellschaften wollen auch auf PCs und IT-Geräte wie Drucker und CD-Brenner eine pauschale Abgabe erheben, wie sie schon bisher für analoge Geräte wie Kopierer und Videorekorder, aber auch Telefaxgeräte und Scanner gezahlt werden muss. Die Gesamtsumme hierfür belief sich im Jahr 2000 auf 56 Millionen DM. Die neuen Forderungen der Verwertungsgesellschaften addieren sich auf weitere mehrere 100 Millionen Mark pro Jahr. Die Industrie und auch HP dagegen plädieren für den Schutz der Urheberrechte mittels Softwarelösungen zum Digital-Rights-Management. Mit diesen können Inhalte individuell lizenziert und vergütet werden und stellen damit eine sehr viel gerechtere Lösung für Urheber wie Nutzer dar. Den Verbrauchern und Unternehmen in Deutschland drohen stark verteuerte PCs und Zusatzgeräte, wenn sich die Verwertungsgesellschaften mit ihren Forderungen durchsetzen. Auf die besonderen Probleme einer Urheberrechtsabgabe auf Drucker weist eine Allianz der führenden Hersteller von Druckern hin. Drucker würden mit mindestens 40 Mark belastet, was einer Preiserhöhung von nahezu 30 Prozent bei den besonders preiswerten Produkten zur Folge hätte. Das würde bedeuten, dass die Zusatzkosten von bis zu einer Milliarde Mark jährlich letztlich die Verbraucher tragen müssten.

Dr. Katrin Bremer, Rechtsreferendarin des Bitkom, bemängelt das Gießkannenprinzip, nach dem die Verwertungsgesellschaften ihre Tantiemen einfordern wollten. Nicht jeder Brenner, der verkauft wird, werde auch zum Kopieren von urheberrechtsgeschützem Material verwendet. In den meisten Unternehmen dienten diese Geräte zur Datensicherung. Deshalb fordert der Bitkom: Jeder soll nur die Kopien bezahlen, die er auch tatsächlich macht. Dies würde einen Kopierschutz voraussetzen, der ein unberechtigtes Kopieren verhindert. An einen sicheren Kopierschutz glaubt Dr. Hans-Herwig Geyer, Sprecher der Gema, aber nicht. Er tendiert deshalb zur Pauschal-Lösung. Vertreter der Indus-trie wären mit diesem Agreement auch durchaus zufrieden, solange der Zeitraum (im Gespräch sind drei Jahre) begrenzt bleibt. Danach soll dann individuell abgerechnet werden. Voraussetzung dafür ist, dass dann geeignete Geräte auf dem Markt sind.

www.gema.de

www.bitkom.org

ComputerPartner-Meinung:

Niemand will den Künstlern ihr Recht auf ihr geistiges Eigentum absprechen. Allerdings scheinen mir die horrenden Forderungen der Verwertungsgesellschaften erheblich übersteigert zu sein, vor allem, wenn man bedenkt, dass sie rund zehn Prozent der Einnahmen für Verwaltungskosten in die eigene Tasche stecken dürfen. (jh)

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