"Im dritten Quartal schreiben wir wieder schwarze Zahlen"

01.02.2001
2000 war für die kanadische Software-Schmiede Corel ein hartes Jahr. Die Zahlen leuchteten tiefrot. Und nur durch Microsofts rettende Finanzspritze Ende des Jahres hatte der neue CEO Derek Burney Luft, sich Corels neuen Kurs auszudenken. Dieser soll die Firma innerhalb der nächsten acht Monate aus der Misere führen.

Für Corel-Chef Burney gibt es keinen Zweifel. "Wir werden im dritten Quartal wieder schwarze Zahlen schreiben und in den nächsten drei Jahren um je 20 Prozent wachsen", verspricht er. Um dieses hohe Ziel, das sein Vorgänger Michael Cowpland trotz aller Versprechungen nicht geschafft hat, zu erreichen, gibt es einen Drei-Phasen-Plan.

In den nächsten zwölf Monaten wollen die Kanadier vor allen Dingen erst einmal ihre "Kreativ-Produkte" auf Vordermann bringen. Die Kunden sollen dazu gebracht werden, auf die aktuelle Version Corel Draw 10 aufzustocken. Bislang hält sich diese Tendenz noch in Grenzen. Wie Burney die Kunden dazu bringen will, bleibt allerdings offen. Außerdem wird es noch dieses Jahr eine Macintosh-Variante von Draw sowie neue Versionen von KPT (Kai’s Power Tools), Knockout und Painter geben.

In Bezug auf Linux hat Corel den Gerüchten ein wenig die Schärfe genommen. "Die Applikationen werden wir behalten", erklärt Burney. "Die Linux-Distribution steht weiterhin zum Verkauf." Interessenten gebe es, aber man könne natürlich erst Näheres erzählen, wenn der Deal unter Dach und Fach sei.

Grafiken für die Jackentasche

Phase zwei umfasst die nächsten ein bis zwei Jahre. In dieser Zeit soll das Internet ins Visier genommen werden. Corel will unter anderem Draw einer Web-Transformation unterziehen. Neue Produkte sollen für Corel den Markt für Web-Inhalte und -Grafiken öffnen. "Dieser Markt," schwärmt Burney, "ist ein Multi-Milliarden-Dollar-Markt, und wir werden die Chance ergreifen und hier ganz vorne mitspielen." Nach eigenen Angaben rechnet der Hersteller mit einem weltweiten Umsatzpotenzial von rund 2,9 Milliarden Dollar im Jahr 2003. Welche Produkte diesen Markt erobern sollen, darüber schweigt sich der Boss von Corel aus. " Wenn man der erste auf einem Gebiet ist, hat man einen enormen Vorsprung. Um uns diesen Vorsprung nicht zu verderben, können wir nur vage Informationen geben", weicht Burney aus. Ziemlich sicher ist, dass die neuen Produkte im Gebiet "Wireless Imaging" zu finden sein werden - also Grafik-Anwendungen für Handhelds und Konsorten.

In der dritten Phase, die zwei bis drei Jahre dauern soll, will Corel Technologien für die angepeilten neuen Marktsegmente einkaufen. Außerdem sollen die Corel-Produkte, ganz im Sinne der lebensrettenden Vereinbarung mit Microsoft, an die ".net"-Plattform des Gates-Konzerns angepasst werden.

Die Visionen Burneys klingen zwar recht hübsch, entbehren aber einer gewissen Genauigkeit. So wurden sie auch von den Investoren nicht sehr begeistert aufgenommen. Kaum hatten die Kanadier das Drei-Phasen-Programm skizziert, fielen die Kurse an der amerikanischen Hightech-Börse Nasdaq um fast 15 Prozent. Dennoch ist Burney guten Mutes. Er rechnet fest damit, dass sein Plan aufgeht. Bleibt zu hoffen, dass er nicht wie sein Vorgänger am Ende dieses Jahres eine Erklärung abgeben muss, warum Corel immer noch nicht profitabel arbeitet. (gn)

www.corel.de

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