IM-Mall: handelsfreundlich,aber langweilig

29.03.2001
Seit der Cebit 2000 ist die IM-Mall des Distributors Ingram Macrotron nun online. Wie attraktiv ist die Plattform für kaufwillige Consumer?

Ein virtuelles Einkaufscenter für IT-Produkte soll die Mall sein. Und sie soll den Fachhändlern einen neuen Vertriebsweg eröffnen. Die Pressemitteilung von Ingram Macrotron zur Ankündigung vor einem Jahr steckt die Ziele ab: "Es handelt sich um eine Lösung, die einerseits den Fachhändlern und Herstellern die Möglichkeit gibt, ihre Produkte anzubieten beziehungsweise zu bewerben, andererseits dem Consumer die ganze Bandbreite der Hard- und Software-Produkte bietet. Er kann nach einzelnen Produkten, Herstellern oder Produktgruppen suchen und 'regional' bei seinem Händler einkaufen." Gleichzeitig profitiert auch Ingram Macrotron, denn zum einen bestellen die Fachhändler die Produkte bei diesem Distributor, zum anderen kann der den Auftritt vermarkten.

Ein breites Angebot und Leistungen rund um PC-Produkte sollen Consumer auf die Site locken. Etwas problematisch ist der Name. Zuerst hieß die Plattform "IT-Mall 24", wegen fehlender Namensrechte wurde sie später umgetauft in "IM-Mall". Doch ob dem Verbraucher ausgerechnet diese Bezeichnung in den Sinn kommt, wenn er nach PC-Produkten im Internet sucht? Aber Ingram Macrotron hatte zum Start versprochen, die Portalseite "als Betreiber intensiv zu bewerben sowie durch zielgruppengerechte Marketing-Aktivitäten publik" zu machen. Und wenn nun der kaufinteressierte Kunde von diesen Aktivitäten nichts erfährt, wie findet er dann zur Site? Der Suchmaschinen-Test mit Begriffen wie Computershop, IT-Mall, IT-Produkte blieb ergebnislos. Da ist wohl beim Eintragen irgend etwas schief gelaufen.

Die Einstiegsseite

Auf den ersten Blick wirkt die IM-Mall, die sich selbst als "eines der größten IT-Shoppingcenter im Internet" bezeichnet, ziemlich langweilig. Die Einstiegsseite ist sehr konventionell und lieblos gestaltet. Die vielen verschiedenen Möglichkeiten, tiefer in den Web-Auftritt einzusteigen, sind verwirrend: im linken Rahmen ein Katalog, in der Mitte Einzelprodukte, im rechten Rahmen Shops einzelner Hersteller, darüber die Zeile mit Feedback-Möglichkeit. Garniert wird das Ganze noch durch blinkende Bannerwerbung. Wohin zuerst?

Die Schriften im blauen Rahmen und im weißen Hauptfeld sind sehr klein, das strengt beim Bildschirmlesen an und erschwert das Erfassen der Site. Die Unterkategorien der Katalogsuche auf der linken Seite sind so eng gelistet, dass es nicht leicht ist, die gesuchte Produktgruppe zu finden. Etwas mehr Zeilenabstand hätte der Aufzählung gut getan. Wenigstens ist die Produktsuche deutlich sichtbar, so dass man die Liste umgehen kann.

Uneinsichtig ist, warum "im Schaufenster", dem weiß-hinterlegten Hauptteil, ständig die gleichen Produkte stehen. Eine Mall lebt doch von der bunten Mischung und abwechslungsreichen Auslagen. Die sehr statisch gehaltene Präsentation der Geräte lädt nicht gerade zum Weiterbummeln ein und widerspricht der angekündigten Vielfalt eines Shoppingcenters.

Interessanter Inhalt versteckt

Wer es nicht schafft, die Anwender mit Neuigkeiten immer wieder auf die eigene Site zu locken, um die Zugriffszahlen zu steigern, hat im Netz kaum Chancen. Doch damit tut sich die IM-Mall offensichtlich schwer. Die Portalseite gleicht einem TV-Standbild, das auch nach Wochen immer gleich aussieht.

Ein weiterer Designfehler der Einstiegsseite: Die wirklich interessanten Features, für die es sich lohnt wiederzukommen, nämlich News, Meinungen zu Produkten, Tipps oder Auktionen, sieht man gar nicht auf den ersten Blick. Dazu muss man erst nach unten scrollen. Der Ansatz stimmt, denn Kundenbindung erreicht man am besten, wenn man Mehrwert bietet, aber die Umsetzung ist mangelhaft. Ganz klein, unter "zusätzliche Informationen" am Ende der Seite, stehen die spannenden Links, die eigentlich sofort sichtbar sein sollten. Um diese Inhalte zu bedienen, arbeitet Ingram Macrotron mit Content-Partnern zusammen. Das ist schlau, denn warum das Rad neu erfinden? Ak- tualität ist im Netz das A und O: Dass der inzwischen gelöschte Link "Gewinnspiel" auch im März noch auf das "Xmas-Special" vom vergangenen Jahr verwiesen hatte, zeugt nicht gerade von einer ständigen Pflege des Auftritts.

Fünf Klicks zum Angebot

Und wie steht es um die Hauptaktivität, die den Nutzer auf die Seiten bringen soll, dem Online-Einkauf? Die Produktvielfalt ist unbestritten. Doch leider ist die Produktpräsentation nicht gerade aufregend: In einfacher Listenform, alphabetisch nach Herstellern geordnet, kann sich der Kunde sein Produkt suchen. In vielen Fällen sind zwar ein Bild und ein Datenblatt per PDF-File beigefügt, beide müssen aber erst angeklickt werden. Die Nutzer sind von anderen Online-Shops eine attraktivere Präsenta-tion gewohnt.

Von der Produktliste geht es dann weiter zum Shopping. Und dann kommt erst mal eine Enttäuschung, denn: Anstatt gleich Preise zu sehen, muss der User erst nochmal eine Entscheidung treffen. Will er einen Händler in seiner Nähe, oder will er bundesweit suchen?

Eines der wichtigsten Kritierien im Netz ist Schnelligkeit. Das gilt nicht nur für die Ladezeiten, sondern auch für die Darbietung gesuchter Inhalte. Kunden, die online kaufen, wollen ganz schnell Preise sehen. Auf www.immall.de braucht der Kaufwillige fünf Klicks, um zum ersten Mal den Preis eines Fachhändlers zu sehen. (Den Listenpreis sieht er schon nach drei Klicks.) Da die Zusammenstellung der Wiederverkäufer noch dazu recht lange dauert, wird die Geduld des Kunden arg strapaziert. Erst dann kann verglichen werden, wer das Produkt zu welchem Preis anbietet. Dazu muss man allerdings auf jeden einzelnen Shop klicken und sich die Preise und Namen merken. Einen direkten, schnellen Vergleich in einer Übersichtstabelle gibt es nicht.

Gutes Feedback

Erfahrene Nutzer wählen einen anderen Weg, und der funktioniert hervorragend: Der Kunde kann nämlich Händlerangebote einholen. Auf der ersten Seite bietet die IM-Mall einen entsprechenden Link. Im Test hat das gut geklappt. Innerhalb von zwei Tagen kamen sechs verschiedene Angebote. Das ist wirk- lich komfortabel. Und noch eine andere Sache hat gut funktioniert: die Reaktionszeit der IM-Mall auf eine Anfrage. Innerhalb einer Stunde kam die Antwort von Robert Solansky, Director E-Commerce-Marketing bei Ingram Macrotron. (is)

Kurz gefasst

Ein handelsfreundlicher Ansatz, aber an der Umsetzung muss noch gefeilt werden. Die Preise müssten schneller zu sehen sein, das Design könnte attraktiver gestaltet werden. Gerade die einzelnen Shops haben ein zu identisches Look-and-Feel, aber vor allem: Ein Auftritt muss im Netz gefunden werden. Nicht umsonst geben Startups Millionenbeträge für Marketing aus. Bei der IM-Mall hakt es aber schon am Suchmaschinen-Eintrag.

Adresse: www.immall.de

Wertung:

Optik/Design: :-(

Produktsortiment: :-)

Navigation/Übersichtlichkeit: :-I

Feedback/Kontakt: :-)

Schnelligkeit: :-I

Zur Startseite