Immer mehr Intel-Anhänger liebäugeln mit AMD oder Via

20.04.2000
Das Geschäft mit den Hauptplatinen ist stark an den Prozessormarkt gekoppelt. Dementsprechend schleppend ist derzeit der Absatz. Im Aufwind befinden sich hingegen Boards mit einem Via-Chipsatz und Athlon-Produkte.

Im Mainboard-Markt herrscht Unruhe. "Das geringe Angebot an Prozessoren beeinflusst die Motherboard-Bestellungen", sagt Stephan Schwolow, Marketing- und Communication-Manager bei MSI. "Die Kunden ordern ihre Mainboards erst dann, wenn klar ist, welche CPUs verfügbar sind." Dem pflichtet auch Roland Bartunek bei: "Der Markt ist aufgrund der Vielfalt von CPU-Ausführungen sehr unübersichtlich", erklärt der Produkt-Manager von P&T.

Von Intels Pentium III gibt es beispielsweise sechs verschiedene Versionen. Oft ist unklar, welcher Chip mit welcher Hauptplatine fehlerfrei zusammenarbeitet. Zumindest bei Intel kann sich der Integrator darauf verlassen, dass ein Prozessor mit 100 MHz FSB nicht in einem 133-MHz-FSB-Motherboard funktioniert. Intel hat sich mit seiner aktuellen Produktpolitk aber selbst ein Ei gelegt. Der Fachhandel ist immer weniger bereit, alles mitzumachen, was ihm vom CPU- und Chipsatz-Marktführer diktiert wird.

Nicht umsonst profitieren davon andere: AMD und Via. "Die Marktanteile von Via werden unserer Meinung nach weiter steigen", prophezeit Olaf Rochow, Vertriebsleiter von Transcend. "Dies ist allerdings davon abhängig, ob Via weiterhin einen leichten Technologievorsprung gegenüber Intel aufrecht erhalten kann."

Der BX-Chipsatz genießt noch das Vertrauen

Bartunek weiter: "Noch ist Intels BX der meistverkaufte Chipsatz, obwohl er inzwischen technisch längst überholt ist. Aber er läuft stabil mit den meisten Applikationen, was der Kunde immer noch honoriert." Ein Schattendasein fristen derzeit der i820- und i810-Chipsatz. "Kriterien für Integratoren sind im Augenblick nicht nur der Preis, sondern vor allem auch die Vorteile einer Assemblierung", erklärt der P&T-Manager. Wichtig ist auch die Möglichkeit eines späteren Upgrades, sogar im Office-Bereich wird darauf geachtet. Deshalb hat der Intel 810 Schwierigkeiten, sich durchzusetzen, da ihm der AGP-Port fehlt.

"Der Whitney 810 wird hingegen nur bei den großen PC-Herstellern und in Aktionsrechnern für Supermärkte verbaut", erklärt Michael Thedens, Marketing-Leiter von NMC. Beim 820 liegt es wohl eher am Preis, mit SDRAM bringt er kaum Vorteile, und mit Rambus wird ein System sehr teuer. "Dies sollte eigentlich die Chance von Via sein", glaubt Bartunek. "Gerade der 694x bietet nun fast alles, was man sich wünschen kann. Doch bisher sind die Verkaufszahlen noch nicht so hoch wie erwartet, viele Kunden sind doch sehr Intel-treu."

Laut Sven Hollemann hat AMDs Athlon enorm an Akzeptanz gewonnen. "Grund ist vor allem die vergangene Intel-CPU-Knappheit und die Verfügbarkeit leistungsfähiger Mainboards mit einem angemessenen Preis-Leistungs-Verhältnis", sagt der Produkt-Manager BU Components Desk von Computer 2000. "Neben einer relativ hohen Nachfrage bei BX-Boards verzeichnen wir einen weiterhin stabilen Absatz von Sockel7-Platinen."

"Gespannt kann man allerdings sein, was beim Start des Solano passiert", gibt Bartunek zu bedenken. "Via hat es meiner Meinung nach nicht geschafft, sich Marktanteile endgültig zu sichern, so dass Intel große Chancen hat, mit dem 815 wieder alles in die alten Bahnen zu lenken. Viel wird natürlich auch der Preis ausmachen, mit dem die Solano-Boards auf den Markt kommen." Bei NMC sehen es die Verantwortlichen ähnlich: "Mit dem Solano wird Intel zurückschlagen", sagt Marketing-Leiter Thedens. "Die Ansicht, jetzt kommt der Solano, und die Welt ist wieder in Ordnung, teilen wir allerdings nicht."

Preisvergleiche werden immer schwieriger

Mit der zunehmenden Produktvielfalt steigt auch der Preisdruck. Bisher gehörte das Motherboard nicht zu den Komponenten, die großen Schwankungen unterlagen. "Die Preise sind von Board zu Board sehr unterschiedlich", erklärt Bartunek. "Die doch recht knappe Verfügbarkeit der Athlon-Platinen treibt dort den Preis mehr nach oben, während verschiedene Via-Boards eher unter Druck geraten. Gerade Platinen mit dem alten 693A-Chipsatz werden nicht so angenommen wie erhofft."

"Ein Preisvergleich wird für Kunden immer schwieriger", glaubt C2000-Manager Hollemann. "Es bestehen viele verschiedene Konfigurationen. So gibt es zum Beispiel eigentlich gleiche Modelle, jedoch einmal mit fünf PCI- und zwei ISA-Slots, dann mit sechs PCI-Steckplätzen und einem ISA-Port oder mit sechsmal PCI ohne ISA - und dann das Ganze noch mit verschiedenen Audiomöglichkeiten wie AC97- oder PCI-Audio-Chip."

Die Sockel-Vielfalt wird auf jeden Fall noch das restliche Jahr über anhalten. "Unserer Meinung nach wird sich der Sockel370 in diesem Jahr durchsetzen. Dies liegt unter anderem an der Entscheidung von Intel, verstärkt CPUs im FC-PGA-Format zu entwickeln. Des Weiteren sind die Produktionskosten niedriger als für Slot1-Versionen", erklärt Transcend-Vertriebsleiter Rochow.

"Natürlich findet aktuell eine Stückzahlenverschiebung statt, aber auf Basis aktueller Informationen ist ein Ende der Slot1-Generation vor dem vierten Quartal nicht in Sicht", rechnet Hollemann. "Jedoch kann davon ausgegangen werden, dass die Distributoren von der Ablösung eher betroffen sein werden als die OEMs." (kfr)

www.intel.de;

www.amd.de;

www.via.com.tw

Zur Startseite