In der Anlegergunst weit vorn

08.03.2001
Im fünften Teil unserer Serie "Private Altersvorsorge" befassen wir uns mit der bei Anlegern beliebtesten Fondsgattung, den Aktienfonds.

Trotz der Berg- und Talfahrt an der Börse und des drastischen Einbruchs der Aktienkurse haben die Investmentgesellschaften in jüngster Vergangenheit so viele Aktienfonds verkauft wie noch nie zuvor. Bei den Käufern der Anteile hat sich offenbar herumgesprochen, dass man mit ein wenig Geduld mit den Aktienzertifikaten langfristig doch immer noch am besten abschneidet.

Die großen deutschen Investmentgesellschaften haben im vergangenen Jahr ihr überraschend gutes Neugeschäft fast ausschließlich mit Aktienfonds gemacht. Horst Zirener, Sprecher des Vorstandes im Bundesverband Deutscher Investmentgesellschaften (BVI) und Vorstandschef der Deka Kapitalanlage, erklärt: "Das Jahr 2000 kann getrost als Jahr der Aktienfonds bezeichnet werden. Bereits 1999 waren das die Renner. Im vergangenen Jahr legten aber die Aktienfonds noch einmal deutlich zu. Das Mittelaufkommen war mit 66 Milliarden Euro doppelt so hoch wie im Jahr zuvor." Der Branchensprecher bescheinigt den privaten Anlegern, dass sie sich "äußerst professionell verhalten und selbst in der Baisse Anteile zukaufen".

Bei der zur Deutsche-Bank-Gruppe gehörenden DWS (Die Wertpapier-Spezialisten), derzeit noch knapp vor der Deka Marktführer der Branche, entfielen in dem am 30. September 2000 beendeten jüngsten Geschäftsjahr drei Viertel der Nettozuflüsse auf Aktienfonds. Udo Behrenwaldt, Sprecher der DWS-Geschäftsführung, rechnet wegen der Notwendigkeit einer stärkeren privaten Altersvorsorge mit einer weiter steigenden Bedeutung der Fondsanlage.

Neugeschäft fast ausschließlich Aktienfonds

Bei der Deka, der auf Überholkurs befindlichen und zur Sparkassen-Gruppe gehörenden Nummer zwei am Markt, war die Situation im Kalenderjahr 2000 noch drastischer: Nach Angaben von Vorstandsmitglied Michael Hallacker waren von dem auf 18,9 Milliarden Euro fast verdoppelten Neugeschäft 18,8 Milliarden Euro neu an die Anleger verkaufte Aktienfonds. Im Fondsvermögen hat der Aktienanteil bei der Deka inzwischen 64 Prozent gegenüber 62 Prozent im Durchschnitt der Branche erreicht.

Die zur Gruppe der Volks- und Raiffeisenbanken zählende Union Investment - die Nummer drei am Markt - hat es sogar fertig gebracht, im Neugeschäft mit dem Verkauf der Aktienfonds das gesamte Netto-Mittelaufkommen zu überbieten. Weil bei den Renten- und Geldmarktfonds in kleinerem Ausmaß Gelder abgezogen wurden, steht bei der Union im zurückliegenden Jahr 15,8 Milliarden Euro Nettoabsatz bei den Aktienfonds ein gesamtes Neugeschäft von nur 15,6 Milliarden Euro gegenüber. Die Quote der Aktienfonds im Fondsvermögen der Union ist nach den Worten von Manfred Mathes, Sprecher der Geschäftsführung, im vergangenen Geschäftsjahr schlagartig von 40,6 auf 62,3 Prozent gestiegen. Er sieht bei den Käufern von Aktienfonds eine Neuorientierung: Noch vor fünf Jahren kauften die Kunden fast ausschließlich solche Fonds, die in deutsche Unternehmen in-vestierten. Mit dem Start des Euro rückten zunächst europäisch strukturierte Aktienfonds in den Blickpunkt. Im vergangenen Jahr ließen aber erstmals die global ausgerichteten Fonds die Euroland-Fonds hinter sich. Diese Entwicklung führte dazu, dass bei der Union nach mehr als 40 Jahren der bislang größte Uni-Fonds durch den "Uni-Euro-Stoxx 50" mit inzwischen vier Milliarden Euro Vermögen abgelöst wurde. Im Neugeschäft liegt der auf fünf zukunftsträchtige Branchen ausgerichtete globale "Uni 21. Jahrhundert -net-" mit 2,4 Milliarden Euro Zufluss klar an der Spitze.

Wie sich die Fondswelt geändert hat, zeigt ein kurzer Rückblick: Das Fondsvermögen aller Publikumsfonds - Publikumsfonds im Unterschied zu Spezialfonds für institutionelle Anleger - hat sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt. Dabei hat sich die Fondsstruktur ganz eindeutig in Richtung Aktienfonds verschoben. 1995 waren vom gesamten Fondsvermögen 56 Prozent in festverzinslichen Wertpapieren und nur 13 Prozent in Aktien angelegt. Heute haben die Rentenfonds nur noch 25 Prozent Anteil, während die Aktienfonds die doppelte Quote aufweisen.

Manager mahnen zu ausgewogener Struktur

Wo Fondsmanager noch vor Jahren die Anleger beschworen haben, man möge doch mehr von den auf Dauer immer lohnenden Aktienfonds kaufen, mahnen sie heute zu einer ausgewogeneren Struktur der Investmentdepots. Dazu wieder Horst Zirener von der Deka: "Die Einsicht, dass ein mittel- bis langfristiger Anlagehorizont sich gerade bei der Aktienanlage per Saldo auszahlt, ist aber erst die halbe Miete. Denn für Anleger kommt es auch auf die richtige Strukturierung ihres Gesamtvermögens an. Damit ist nichts anderes gemeint als ein unter Risikoaspekten und entsprechend der Anlegermentalität klar strukturiertes Depot. Und dazu gehören neben Aktienfonds selbstverständlich auch Rentenfonds." Aber gar so leicht über die Lippen geht dem Manager diese Mahnung an die Käufer von Aktienfonds nicht. Will er doch - "mit etwas Glück" - die Aktienquote am Fondsvermögen in diesem Jahr von 64 in Richtung 70 Prozent ausdehnen. Erreicht werden soll das mit einer Reihe neuer Aktienfonds, die stärker auf die individuellen Bedürfnisse der Anleger zugeschnitten sind. Dazu gehören neben Branchen- und Themenfonds auch Dach- sowie Indexfonds.

Die im letzten Jahr unbefriedigende Wertentwicklung der Aktienfonds kommentiert der BVI so: Trotz der ungünstigen Kursentwicklung an den wesentlichen Börsen der Welt im vergangenen Jahr zeigten Aktienfonds unverändert ihre langfristige Renditestärke. Das Jahr 2000 unterbrach den langfristigen Aufschwung an den Aktienmärkten und zeigte deutlich, dass die Börse keine Einbahnstraße darstellt. Der deutsche Ak-tienindex DAX verzeichnete im Jahresverlauf ein Minus von 7,5 Prozent.

Im Vorjahr besser als der DAX

Dieser ungünstigen Entwicklung konnten sich die in Deutschland investierenden Aktienfonds kurzfristig nicht entziehen. Sie weisen einen durchschnittlichen Verlust von 4,7 Prozent auf und schnitten damit deutlich besser ab als der DAX. Das gelang freilich den europäischen Fonds nicht ganz. Für sie gilt eine andere Benchmark. Die Eurofonds werden am europäischen Aktienindex DJ Stoxx gemessen. Der fiel binnen Jahresfrist um 5,2 Prozent, die Fonds dagegen um 5,3 Prozent. Besser schnitten dagegen wieder die Fonds ab, welche die Gelder ihrer Anleger weltweit anlegen. Der Index MSCI-World verlor 2000 gleich 10,3 Prozent. Die globalen Fonds dagegen kamen mit 8,6 Prozent Wertverlust davon.

Dazu noch einmal BVI-Sprecher Zirener: "Das Minus vieler Aktienfonds im Ein-Jahres-Vergleich wird längerfristig betrachtet nur eine kleine Delle im Aufwärtstrend sein. Mit Blick auf die Aktienfondsanlage war das Jahr 2000 äußerst hilfreich - hilfreich, weil wie selten zuvor Höhen und Tiefen bei der Aktienanlage ausgelebt und die Ansprüche wieder auf normales Maß zurechtgestutzt wurden. Die teilweise vehementen Kurseinbrüche an den Aktienmärkten haben kurzfristig natürlich Spuren hinterlassen. Doch bereits ab einem Anlagehorizont von drei Jahren aufwärts sind bis auf wenige Ausnahmen ausgezeichnete Performance-Ergebnisse zu verzeichnen."

Die besondere Eignung der Aktienfonds für den langfristigen und effizienten Aufbau eines Vermögens für das eigene Alter oder die Hinterbliebenen beweisen die Renditen, die man mit dieser Kapitalanlage erzielen kann, wenn man ein wenig Geduld mitbringt:

Die starke, ja geradezu stürmische Nachfrage nach Aktienfonds ist zum Teil auch darauf zurückzuführen, dass andere verlockende Renditechancen - zum Beispiel Abschreibungsmodelle - spärlich geworden sind. Um mit den Anteilen von Aktien und Aktienfonds gute Erfolge zu erzielen, bedarf es aber einiger Mühe. Zum einen ist die Qual der Wahl bei inzwischen Tausenden von Fonds erheblich. Zum anderen verfügt der private Anleger in der Regel nicht über die gleichen ausführlichen Informationen, wie sie die Profis bei den Investmentgesellschaften haben. Diese berücksichtigen bei der Auswahl ihrer Anlagen volkswirtschaftliche und politische Eckdaten und greifen auf detaillierte Kenntnisse der Branchen und Unternehmen zurück. Ein Fondsanalyst einer der führenden Gesellschaften besucht heute jährlich bis zu 500 Unternehmen und nimmt dort die Kennzahlen und das Management gründlich unter die Lupe.

Umgekehrt, so ein Fondsmanager, "stehen bei uns schon ab 7 Uhr die Limousinen mit Vorständen von Unternehmen vor den Türen unserer Zentralen, die uns überzeugen wollen, dass die Aktien ihrer Gesellschaft unbedingt in unsere Portefeuilles gehören". Dazu kommt, dass die Fondsmanager heute keine Einzelkämpfer mehr sind. Sie arbeiten im Team und holen sich Hilfe bei Asset-Managern und Banken.

Was den Management-Stil anbelangt, so sollte sich der Käufer eines Aktienfonds darüber im Klaren sein, ob seine Gesellschaft das aktive oder das passive Management bevorzugt. Oft ist es auch eine Mischung aus beiden Modellen. Der aktive Manager eines Aktienfonds setzt sich zum Ziel, mit der Performance seines Fonds besser abzuschneiden als der Börsenindex, der als Maßstab angelegt wird. Das passive Management war in der Vergangenheit besonders im angelsächsischen Raum zu finden. Diese Vorgehensweise begnügt sich damit, in der Wertentwicklung den Index abzubilden, mit nur ganz geringen Ausschlägen nach oben und unten. Das heißt, dass im Vermögensbestand des Fonds die im Index vertretenen Werte so gut wie möglich abgebildet werden. Auch in Deutschland gibt es inzwischen mehrere von Indexfonds. (pw)

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