In Deutschland wird View-Sonic um das Nokia-Team hart kämpfen müssen

27.01.2000
Die Bombe platzte für Mitarbeiter und Kunden in Deutschland völlig überraschend: Nokia wird das Monitorgeschäft an View-Sonic verkaufen.

Finnische und amerikanische Manager verfassten hinter verschlossenen Türen eine Absichtserklärung über den Verkauf der Nokia-Monitor-Division an View-Sonic. "Nokia wird sich definitiv von der Monitor-Sparte trennen. Die Verträge werden gerade ausgehandelt", bestätigt Peter Oberegger, Mitgeschäftsführer der Nokia GmbH, gegenüber ComputerPartner.

Laut Einschätzung von Marktkennern wird es die Marke Nokia unter den Monitoranbietern nur noch rund zwölf Monate in Deutschland geben. "Damit hätte View-Sonic ein Jahr Zeit, sich die Marktanteile von Nokia zu sichern. Ob sie das auch schaffen, steht in den Sternen", meint ein Manager aus der Distribution.

Nicht nur die deutschen Mitarbeiter traf diese Entscheidung wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Auch der Wiederverkauf bedauert das unvermeidliche Aus der Nokia-Monitormarke: "Dass die Marke sang- und klanglos eingestampft wird, finde ich verdammt schade. Denn die Umsätze stimmten, Service und Support des Hersteller-Teams waren klasse", lobt der Einkaufsleiter einer Computerkette die Zusammenarbeit mit der deutschen Mannschaft. Und setzt nach: "Derzeit stellt View-Sonic für uns keine Alternative zu Nokia dar. Kein Kunde fragt nach der Marke, weil sie hier völlig unbekannt ist."

Laut Bryan Norris hatte View-Sonic, in Nordamerika Marktführer (siehe Kasten), in Deutschland im zweiten Quartal 1999 gerade mal 0,7 Prozent Marktanteil, im dritten Quartal waren es 0,8 Prozent. Im Spätsommer letzten Jahres setzte der Hersteller die Hälfte seiner Mannschaft in Willich vor die Tür - inklusive Geschäftsführer. Der Grund liegt auf der Hand: Der geringe Absatz in Deutschland verlangte nach Kostenreduzierung.

Seither leitet Michael Kommer, General Manager View-Sonic Europa, von London aus die Geschäfte hier zu Lande. "Wir haben jetzt zwei Organisationen, die sich in ihren Stärken und Schwächen ergänzen und zusammengeführt werden müssen. Das wird rund sechs Monate dauern. Die Nokia-Mitarbeiter sind dabei für uns natürlich das größte Potential", so Kommer. Er sieht View-Sonic und Nokia zusammengefasst bereits unter "den Top drei der Anbieter in Deutschland". Da könnte sich der Manager allerdings täuschen: "In Deutschland bestimmen Belinea, Compaq und Eizo das Monitorgeschäft. Und Hersteller wie Sony und Samsung lassen sich auch nicht einfach überrunden", hält ein Marktbeobachter dagegen.

Mit dem Kauf der Nokia-DisplayDivision sichert sich View-Sonic vorerst den Eintritt ins Projektgeschäft, vorhandene Vertriebskanäle und die Kundenbeziehungen der Mitarbeiter. Es scheint aber, als habe View-Sonic in puncto Mitarbeiter die Rechnung ohne den Wirt gemacht: "Die Stimmung bei uns schwankt zwischen Depression und Galgenhumor. Keiner weiß, wie es weitergeht", sagt ein Nokia-Mitarbeiter. "View-Sonic wird sich noch umsehen. Das Projektgeschäft ist ausschließlich von der jeweiligen Mannschaft abhängig, und die muss man erst mal behalten. Die Leute arbeiten bei Nokia, weil sie sich mit dem Unternehmen identifizieren. Sie werden entweder in den Telekommunikations-Bereich oder zu anderen Firmen wechseln", kommentiert ein Systemhauspartner. (ch)

www.nokia.de

www.viewsonic.com

Facts & Figures

View-Sonic mit Hauptsitz in Walnut, Kalifornien, beschäftigt derzeit 700 Mitarbeiter und ist in Kanada, England, Frankreich, Deutschland und Taiwan vertreten. Der Monitorhersteller befindet sich in Privatbesitz von James Chu, Gründer und Chairman/CEO von View-Sonic. Unternehmensfokus sind Display-Lösungen für Firmenkunden sowie für die Bereiche Internet, Bildung und Entertainment. Nach eigenen Angaben setzte der Monitoranbieter im vergangenen Geschäftsjahr weltweit eine Milliarde Dollar um. In Europa waren es 160 Millionen Dollar, wovon rund 20 Millionen auf Deutschland entfielen. Als Umsatzziel 2000 in Europa will Michael Kommer, Managing Director von View-Sonic Europa und derzeit auch Deutschland-Chef, mit Nokia- und View-Sonic-Produkten zwischen 400 und 500 Millionen Dollar erreichen. Das Unternehmen verlegte Anfang des Jahres seine Zent-rale für den Bereich "internationale Geschäfte" von Kalifornien nach London. Chris Franey wird diese Business-Unit leiten. (ch)

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