Technologiehistoriker Salus im Interview

"In Wirklichkeit nutzt heute jeder Linux"

Armin Weiler kümmert sich um die rechercheintensiven Geschichten rund um den ITK-Channel und um die Themen der Distribution. Zudem ist er für den Bereich PCs und Peripherie zuständig. Zu seinen Spezialgebieten zählen daher Notebooks, PCs, Smartphones, Drucker, Displays und Eingabegeräte. Bei der inoffiziellen deutschen IT-Skimeisterschaft "CP Race" ist er für die Rennleitung verantwortlich.
40 Jahre ist es her, dass Ken Thompson in den Bell Labs Unix geschaffen hat. Technologiehistoriker Peter H. Salus spricht über Unix.

40 Jahre ist es her, dass Ken Thompson in den Bell Labs Unix geschaffen hat. Technologiehistoriker Peter H. Salus spricht im pressetext-Interview über die verspielten Anfänge von Unix und warnt vor religösem Betriebssystem-Eifer. Er betont die Allgegenwart von Linux im Leben des Durchschnittsusers und versichert, dass die IT-Welt auch 2038 nicht untergehen wird.

Salus wurde vom Fachverband Unternehmensberatung-IT (UBIT) der Wirtschaftskammer Wien anlässlich des 40-Jahr-Jubiläums zur Veranstaltung "40 Jahre UNIX" als Stargast geladen. Der Experte war im Laufe der Jahre unter anderem als Geschäftsführer der USENIX Association und Vizepräsident der Free Software Foundation tätig.

pressetext: Unix und seine Ableger sind für die meisten nur als trockene Server-Systeme bekannt. Hat das nicht eine gewisse Ironie, wenn man bedenkt, dass die Geschichte 1969 mit einem Spiel begann?

Salus: Aber nein. Einer der Gründe, warum Unix über 40 Jahre so viel Aufmerksamkeit bekam, war sicher, dass die Autoren es zum Spaß gemacht haben. Ken Thompson wollte für ein Spiel Planetenbewegungen simulieren. Es ist doch so: Nur, wenn ein System den Entwicklern Spaß macht, kann es auch Usern Spaß machen. Das war gut 20 Jahre später auch bei Linus Torvalds so. Er war ein großer Fan Unix-artiger Systeme, besonders Minix. Ihn hat interessiert, woraus ein Betriebssystem besteht und was er davon nachbauen kann. Torvalds hat selbst gesagt, Linux sei ein Spielzeug und nichts Ernsthaftes.

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pressetext: Eben Linux ist heute sicher der geläufigste Unix-Ableger. Aber Kritiker sagen, dass ist kein echtes Unix. Wie sehen Sie das?

Salus: Das ist, als würde man sagen, man ist mit Onkel oder Tante nicht verwandt. Linux stammt vielleicht nicht in direkter Linie von Unix ab, aber es gehört definitiv zur Familie. Es hat den erforderlichen Unterbau. Abgesehen davon stammt doch kein aktuelles Unix wirklich direkt vom Original ab.

pressetext: Linux hat Probleme, am Desktop Fuß zu fassen. In diesem Zusammenhang wird oft erwähnt, dass die mangelnde Ausführbarkeit kommerzieller Software - etwa Games - ein Hindernis ist. Ist das wirklich so ein wichtiger Faktor?

Salus: Aber nein. Das Problem ist, dass das Massenpublikum so wenig wie möglich mit der Maschine selbst zu tun haben will. User wollen einfach E-Mails und Texte schrieben und im Web surfen. Was dahinter steckt, kümmert sie nicht - und das zu Recht. Beim Auto kennt ja auch keiner all die Bauteile.

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