Indirekter Kanal spielt Schlüsselrolle beim Vertrieb von Storage Area Networks

08.03.2000
Kooperation statt Konfrontation lautet der neue Trend bei Speicherlösungen. Eine Vereinbarung zwischen IBM und Compaq soll offene Speicherstandards fördern. Glaubt man den Marktforschern, steht einer der größten Nutznießer des derzeitigen Speicherbooms bereits fest: der indirekte Vertriebskanal.

Neue Speichertechnologien sind im Begriff, die Art und Weise, wie Unternehmen auf Informationen zugreifen und diese als Wettbewerbsvorteil nutzen, grundlegend zu verändern. Die Nachfrage nach SAN-Lösungen (Storage Area Networks) boomt. Und einer Studie der International Data Group (IDG) zufolge könnten offene Standards die Verbreitung von SANs noch weiter beschleunigen. Im Rahmen der Studie "The Promise of SAN" hat die IDG-Zeitschrift "Computerworld" 300 US-amerikanische IT-Spezialisten aus unterschiedlichen Wirtschaftsbereiche befragt.

Die Bedeutung von SANs in Unternehmen steigt demnach schneller als erwartet: Der Anteil der Befragten, die den Einsatz von SANs in Erwägung ziehen, nahm innerhalb der letzten neuen Monate von 45 auf 51 Prozent zu. Vier von fünf der untersuchten Unternehmen stufen inzwischen offene SAN-Standards als wichtigen Faktor ein. Die praktische Umsetzung dieser Standards trauen Anwender am ehesten Branchengrößen wie IBM, EMC, Hewlett-Packard, Compaq und Sun zu.

Den hohen Erwartungen der Anwender wollen einige der genannten Unternehmen offensichtlich endlich Rechnung tragen. Compaq und IBM haben jetzt eine Kooperations-Vereinbarung mit einem Volumen von mehr als einer Milliarde Dollar geschlossen.

Durch die Zusammenarbeit wollen beide Unternehmen nach eigenem Bekunden die Interoperabilität ihrer Speicherprodukte gewährleis-ten. Darüber hinaus planen sie, ihr Know-how in Sachen Speichertechnologie auch anderen Herstellern zur Verfügung zu stellen.

Auf positive Resonanz stößt die geplante Zusammenarbeit bei Marktforschern. "IBM und Compaq haben erkannt, dass die Kooperation in den Bereichen offene Standards und Interoperabilität den Interessen beider Parteien, der Branche insgesamt und den Wünschen der Anwender entgegenkommt", lautet das Urteil von John McArthur, Analyst bei IDC.

Gemäß der Vereinbarung wird Compaq das Produktportfolio durch den Enterprise-Storage-Server "Shark" von IBM erweitern und dazu die System-Management-Software "Tivoli" einsetzen. Im Gegenzug hat sich IBM bereiterklärt, Compaqs Speichersysteme der Modellreihe "Storage Modular Array" zu verwenden und deren "Versa Stor"-Technologie für den SAN-weiten Einsatz virtueller Speicher zu unterstützen. Zudem planen IBM und Compaq, dem jeweils anderen Partner Equipment, Software und Personal für so genannte SAN-Kundenzentren zur Verfügung zu stellen. Hier können sich Interessenten in realen Testumgebungen von der Interoperabilität der Produkte und Technologien überzeugen.

Nach Voraussage von Linda Sanford, General Manager der Storage-Subsystem-Division bei IBM, wird die Kooperation der Branchengrößen die Situation am Storage-Markt grundlegend verändern. "Anbieter proprietärer Systeme und Standards werden damit mehr und mehr isoliert." Eine Einschätzung, die Dietmar Wendt, IBMs Vizepräsident für Storage Solutions im Emea-Raum, unterstreicht: "Die Tage proprietärer Speicherlösungen sind definitiv gezählt. In Zukunft werden SANs mit echtem Data Sharing und der Interoperabilität von Servern und Speichersys-temen unterschiedlicher Hersteller aufwarten."

Ungeachtet der hierdurch anwachsenden Konkurrenz, erhofft sich Wendt von dem Deal mit Compaq, seine Marktposition in diesem Segment deutlich auszubauen. Er möchte IBM zum führenden SAN-Anbieter in Europa machen. "Wir haben im Bandspeichermarkt schon einmal bewiesen, dass so ein Führungswechsel möglich ist", macht der IBM-Manager die Entschlossenheit seines Unternehmens deutlich.

8,3 Prozent betrug laut IDC das durchschnittliche jährliche Wachstum des Marktes für Speicherlösungen im Zeitraum von 1995 bis 1999. Von diesem Aufschwung hat danach der indirekte Vertriebskanal überproportional profitiert. Während im Direktvertrieb gerade mal eine Steigerung von durchschnittlich 1,6 Prozent erzielt werden konnte, legte der indirekte Kanal im Mittel um satte 19,3 Prozent zu.

Für IDC-Mann John McArthur ist dies keine Überraschung: "Anwender fordern immer anspruchsvollere Speicherlösungen. Beratende Vertriebsmodelle und gute Kenntnisse der Anwendungen und der Geschäftsabläufe beim Kunden werden damit zur Grundbedingung." Aufgrund traditioneller Kundennähe kann hier der Fachhandel gegenüber dem Herstellervertrieb deutliche Pluspunkte verzeichnen.

Und noch ein weiterer Trend stützt diese Entwicklung: Nach IDCRecherchen gehen verstärkt Kunden aus dem Highend-Bereich - in wachsendem Maße allerdings auch kleine und mittlere Unternehmen - dazu über, Speicher-Entscheidungen unabhängig vom gewählten Servertyp zu treffen. "Kunden betrachten den indirekten Kanal prinzipiell als objektiv und her-stellerneutral. Ein Systemhaus besitzt, was das Angebot der besten Speicherlösung für den jeweiligen Anwendungsfall betrifft, einen Vertrauensvorsprung", resümiert McArthur.

Das wachsende SAN-Engagement traditioneller Server-Hersteller wie IBM und Compaq zeigt, dass diese die Zeichen der Zeit erkannt haben. Sie setzen in zunehmendem Maße unternehmensintern auf eine zweigleisige Vertriebsstrategie. Einerseits gilt es, Marktanteile im Bündelgeschäft - bei dem Server und Storage-Lösung aus einer Hand kommen - zu erhalten, andererseits möchten die Hersteller vom überproportional wachsenden und lukrativen Business mit frei wählbaren Speicherlösungen profitieren.

Wie IDC-Untersuchungen weiter belegen, setzen auch die Storage-Abteilungen der Serverhersteller verstärkt auf den indirekten Vertrieb, der sich aus oben genannten Gründen als deutlich erfolgreicher als der unternehmenseigene direkte Absatzkanal erwiesen hat. Angesichts einer weiter wachsenden Nachfrage nach Storage-Lösungen - IDC prognostiziert hier jährliche Steigerungsraten von über zehn Prozent durchgehend bis 2003 - ist nach Überzeugung von McArthur speziell für Händler und Systemhäuser mit Erfahrung im Serverumfeld gegenwärtig der richtige Zeitpunkt gekommen, aggressiv Kompetenz in SAN-Lösungen aufzubauen. "Wer jetzt zögert, läuft Gefahr, den Anschluss in einem bedeutsamen Markt zu verpassen. Im Gegensatz zu den Server-gebundenen Speicherprodukten im Lowend-Segment besteht bei SAN-Lösungen nicht die Gefahr, dass sie in nächster Zukunft als Alltagsgut direkt über das Internet vertrieben werden." (sd)

www.ibm.com/san

www.compaq.com/storage

Zur Startseite