Individuell konfigurierte Rechner werden gerne verkauft

22.10.1998

MÜNCHEN: PCs von der Stange zu verkaufen, wird für den IT-Handel aufgrund des beinharten Wettbewerbs und der zunehmenden Vermarktung der Geräte über Lebensmittel-Kanäle immer weniger lukrativ. Mit Build-to-order eröffnet sich eine interessante Möglichkeit, um sich vom Mitbewerb abzuheben und um Lagerkosten zu sparen. Dies gilt für Wiederverkäufer und Distributoren gleichermaßen.Es kommt der Glücksfall in Form eines Kunden ins Geschäft, der nicht nach einem besonders günstigen PC fragt, sondern über sehr genaue Vorstellungen über die Ingredienzen seines zukünftigen Rechners verfügt. Dieser Kunde hat in der Regel Sonderwünsche wie etwa Netzwerkkarte oder SCSI-Controller, über die Standardrechner nicht verfügen. Hier kommt Build-to-order (BTO) ins Spiel.

Ein weiteres Einsatzgebiet für BTO ist das Eingehen auf die Bedürfnisse des Kunden. Durch individuelle Zusammenstellung eines PCs wird so erstens der Kunde optimal beraten, und zweitens werden eventuell auftretende Probleme in der Zukunft - durch die Auswahl der für den Anwendungszweck richtigen Komponenten - minimiert.

BTO beim Händler

ComputerPartner befragte Händler führte zum Thema Build-to-order. Dabei zeigte sich, daß die Bestellung von BTO-Rechnern derzeit von 34 Prozent der Befragten genutzt wird (siehe Grafik Seite 111 "Beziehen Sie..."). Je stärker die Spezialisierung des Händlers, desto mehr werden individuell konfigurierte PCs bevorzugt. So nutzen nur 20 Prozent der Computershops BTO, während Bürohändler zu 50 Prozent auf diese Art der Rechnerbestellung zurückgreifen.

An der Qualität der durch die Distributoren gelieferten Produkte gibt es dabei nach Ansicht von 89 Prozent der Wiederverkäufer, die diese Bestellmöglichkeit nutzen, kaum etwas zu mäkeln (siehe Grafik Seite 111 "Sind Sie mit...") "Die Fertigungsqualität der Geräte ist gut", bestätigt Karl-Erich Weber, Inhaber des PC-Shops Computerlädche in Böhl-Iggelheim. "Erst seit AGP-Grafikkarten in Mode sind, wird uns ab und zu ein Rechner geliefert, bei dem die Karte lose im Gehäuse liegt - allerdings liegt das mehr daran, wie die Spediteure mit der Ware umgehen." Verbesserungswürdig ist nach Ansicht von Weber die Lieferzeit: "Im Schnitt vergehen zwischen zwei und drei Wochen von der Bestellung bis zur Lieferung. Bei dieser Wartezeit gibt es schon Kunden, die ein bißchen ungeduldig werden."

Unterschiedliche Noten verteilt Calin Rotaru, Abteilungsleiter bei EP:Phonomotion in Konstanz: "Wir haben mit Maxdata die besten Erfahrungen gemacht. Die Rechner sind im Schnitt zwar 150 bis 200 Mark teurer als beim Mitbewerb, dafür ist die Qualität vom Feinsten, und, was noch wichtiger ist, Garantiefälle werden schnell und unbürokratisch abgewickelt." Weniger Lob hat der Einzelhändler für die Lintec Computer AG übrig: "Wir haben uns nach zweifachem Anlauf dazu entschieden, mit Lintec nicht mehr zusammenzuarbeiten. Mehrfache Lieferungen von Geräten, bei denen kein Netzteil angeschlossen war oder die Verbindung zwischen Festplatte und Controller fehlte - und das trotz beigelegten 24-Stunden-Dauertest-Scheins. Das ist doch ein Witz."

BTO beim Distributor

Lieblings-Disti der Händler zum Bezug von BTO-Geräten ist Actebis (siehe Grafik Seite 110). 30 Prozent der Befragten beziehen die Geräte am liebsten von den "Targa"-Produzenten aus Soest, gefolgt von Maxdata mit 22 Prozent und Peacock mit 15 Prozent.

"Bei unseren Targa-Rechnern machen wir ausschließlich Build-to-order, das kommt dem Händler entgegen", kommentiert Birgit Fahlbusch, Unternehmenssprecherin bei der Actebis GmbH, das Ergebnis. Das Unternehmen setzt dabei verstärkt auf die direkte Bestellung im Internet. Sowohl Händler als auch Endkunden haben die Möglichkeit, über die Homepage ihren Rechner nach eigenen Wünschen zusammenzustellen. Actebis arbeitet beim "Online-Konfigurator" mit 25 Fachhändlern zusammen. Jeder dieser Partner stellt das BTO-Angebot unter seinem Firmennamen vor und hat die Möglichkeit einen selbst gewählten Kalkulationsfaktor einzugeben. Nach Auftragseingang vom Kunden baut Actebis den Rechner. Fakturiert und geliefert wird dann vom Händler. Auf Wunsch wird der PC auch direkt zum Endkunden geliefert. Während des Rechnerbaus, kann sich der Händler online jederzeit darüber informieren, wie weit die Fertigung des Gerätes im Werk fortgeschritten ist - so entfallen lästige Wartezeiten in der Telefonschleife.

"Durch unseren Online-Auftritt mit Build-to-order konnten wir den Umsatz der Targa-Produkte um etwa acht Prozent steigern", zieht Fahlbusch Bilanz. Tatsächlich befassen sich die meisten Händler im BTO-Segment bereits mit Online-Bestellungen (siehe Grafik Seite 111 "Würden Sie..."). 39 Prozent der Befragten wickeln ihre Bestellungen online ab, und 28 Prozent planen dies für die Zukunft. Nur 33 Prozent haben mit dieser Art der Rechnerbestellung nichts am Hut. Stefan Guth, Unternehmenssprecher bei der Maxdata Computer GmbH in Marl, zeigt Verständnis dafür: "Die Bestellung per Internet wird zwar zunehmen, trotzdem suchen viele unserer Partner das persönliche Gespräch. Gerade wenn es um größere Stückzahlen oder Spezialkonfigurationen geht, läuft der Auftrag fast immer per Telefon." Nach eigenen Angaben beträgt der Anteil des BTO-Geschäftes bei der CHS-Tochter rund 50 Prozent des gesamten PC-Umsatzes. "Unsere Händler sind sehr stark im Business-to-Business-Bereich und im Projektgeschäft tätig, daher ist BTO bei uns im Vergleich zu anderen sicher überproportional vertreten", so der Maxdata-Mann weiter. Bisher läuft bei dem Unternehmen aus Marl alles übers Telefon. BTO per Internet ist in Vorbereitung und läuft gerade intern im Testbetrieb. Der offizielle Startschuß fällt nach Aussage von Guth am 15. November. "Wichtig ist für uns, daß Punkte wie Auftragsverfolgung und die Kompatibilität der angebotenen Komponenten reibungslos funktionieren, bevor wir das System an den Start bringen."

Auch bei Computer 2000 wird mit heißer Nadel an einem neuen BTO-Konzept gestrickt. "Wir können durch die Konzern-Mutter Tech-Data von dem Erfahrungsschatz aus dem amerikanischen Markt profitieren - dort läuft Build-to-order sehr gut", berichtet Stefan Montag, Marketingleiter PC Systeme bei der Computer 2000 GmbH in München. "Nun gilt es, das System auf den deutschen Markt zu übertragen." Schwierigkeiten sieht der C2000-Mann bei der CE-Zertifizierung: "In den USA gibt es keine CE-Norm. Daher läßt sich BTO dort wesentlich einfacher umsetzten als bei uns." Skeptisch gibt sich Montag, ob ein BTO-System bei den PC-Assemblern gut ankommt. Schließlich würde man denen dann einen Teil des Geschäftes wegnehmen.

Daß BTO nicht für alle taugt, zeigt das Beispiel der Batavia Multimedia GmbH & Co. Vertriebs KG aus Tiefenbach. Der niederbayerische Disti setzt verstärkt auf Lagerware. "Im Bereich BTO sind andere Distributoren viel stärker. Außerdem sind individuell zusammengeschraubte PCs nun mal teurer als Lagerware", begründet Vertriebsleiter Dennis Rathjen den ungewöhnlichen Schritt. "Wir informieren unsere Händler vorher, welche PCs sie nach einer gewissen Zeit bei uns kaufen können. Diese können dann mit ihrem Wissen an die Kunden herantreten und die Geräte empfehlen. Nach Fertigstellung liefern wir die Rechner innerhalb von 24 Stunden", erklärt der Batavia-Mann.

BTO beim Hersteller

Auch bei der Industrie stehen die Weichen auf Build-to-order. Beispiele wie IBM oder Compaq zeigen, daß die paßgenaue Produktionsweise immer wichtiger wird. Beide Unternehmen hatten in der Vergangenheit massive Probleme durch hohe Lagerbestände. IBM hat das Problem für die Consumerschiene insoweit in den Griff bekommen, als Rechner komplett im Vobis-Werk in Würselen gefertigt werden. "Vobis baut uns heute, was wir nächste Woche an Aptiva-Rechnern benötigen. Dadurch können wir am Markt viel schneller reagieren und sparen zugleich Kosten", erklärt Hansjörg Frey, Leiter der Consumer-Division bei der IBM Deutschland GmbH in Stuttgart.

Ziel von Compaq ist es, ebenfalls von dem hohen Forecast wegzukommen und damit Kosten zu reduzieren. Unter dem Projektnamen

"ODM - Optimales Delivery Modell" wird gerade fleißig an einem Build-to-order-Konzept für die "Deskpro"-Schiene gebastelt. Der Startschuß dazu soll nach eigenen Angaben im November fallen. (akl)

Wer schraubt gewinnt: Build-to-order erfreut sich bei Distributoren und Handel immer größerer Beliebtheit.

Endkunden können mit dem Online-Konfigurator von Actebis ihren Wunsch-PC selbst im Internet zusammenstellen. Abgewickelt wird die

Bestellung dann über den regionalen Fachhändler.

100 Prozent BTO bei Actebis: Die Rechner der Targa-Schiene werden ausschließlich nach Wunsch gefertigt.

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