Industrie kontra Verwertungsgesellschaften

06.05.2004
Seit Jahren streiten sich Verwertungsgesellschaften und Industrie um eine gerechte Entlohnung der Künstler. Den Herstellern sind die geforderten Beträge viel zu hoch, da sie beispielsweise Drucker so teuer machen würden, dass Verbraucher nur noch im Ausland kaufen. Von ComputerPartner-Redakteur Hans-Jürgen Humbert

Während Vertreter der Industrie auf digitale Right-Management-Systeme (DRM) setzen, sträuben sich die Verwertungsgesellschaften wie VG Wort und -Bild sowie die Gema und ZPÜ vehement dagegen. Darüber, dass Künstler wie etwa Schriftsteller und Musiker für ihre Arbeiten den gerechten Lohn bekommen sollen, sind sich beide Parteien einig. Doch wie diese Entlohnung im Endeffekt vonstatten gehen soll, darüber gibt es Streit.

Kein Wunder, denn schließlich geht es um sehr viel Geld, das die Verwertungsgesellschaften zu einem Teil (knapp 10 Prozent für ihre Verwaltungstätigkeit) für sich beanspruchen dürfen. Zum Beispiel fordert die VG Wort eine Abgabe von 38,35 Euro für ein Multifunktionsgerät (sw) und den doppelten Betrag für ein Farbgerät. Das sind genau die Beträge, die die VG Wort für Kopiermaschinen kassiert. Die Größen der Beträge stammen noch teilweise aus dem Jahr 1965, wo Kopiermaschinen sehr teuer waren. Heute erledigt ein einfacher Drucker und Scanner in Verbindung mit einem PC dieselbe Arbeit in vergleichbarer Qualität.

Argument der Hersteller: Drucker sind keine Kopiergeräte im Sinne des Urheberrechts. Zusammen mit dem PC werden sie meist als Schreibmaschinenersatz verwendet. Niemand kauft einen PC und einen Drucker, um damit urheberrechtlich geschütztes Material zu kopieren.

Viele Drucker werden in der Produktion oder in Unternehmen eingesetzt. Auch dafür fordert die VG Wort Urheberrechtsabgaben, obwohl auf diesen Geräten entweder gar kein geschütztes Material ausgedruckt werden kann oder aufgrund der gewerbsmäßigen Nutzung gar keine Privatkopien erstellt werden können.

Würden die Verwertungsgesellschaften mit ihren Forderungen Erfolg haben, müssten die Preise enorm angehoben werden (siehe Tabellen). Da in der EU keine einheitliche Regelung bezüglich der Urheberrechtsabgaben besteht, werden viele Käufer ihre Geräte einfach per Internet im Ausland bestellen. Der nächste Händler ist hier nur einen Mausklick weit entfernt. Das Nachsehen hätte der deutsche Handel. Außerdem: Warum sollen die großen Druckerhersteller in Deutschland noch ihre Produkte anbieten? Wenn sie die kompletten Abgaben auf den Kunden abwälzen, kauft keiner mehr in Deutschland einen Drucker. Den Support müssten sie aber trotzdem leisten.

Kopieren erlaubt oder ist alles illegal?

Einige Künstler und Schriftsteller bieten inzwischen Texte, Bilder oder Musik bewusst kostenlos an. Damit verzichtet der Rechteinhaber auf eine Vergütung, um Anwendern einen kostenlosen Mehrwert zu bieten. Werden legale Inhalte gegen Bezahlung angeboten, sind diese oft kopiergeschützt, und es sind Geräteabgaben zu zahlen, obwohl eine private Kopie gar nicht möglich ist. Laut Phonoverband sind 2002 in Deutschland rund 40 bis 50 Millionen kopiergeschützte Musik-CDs verkauft worden. Einige Anbieter erlauben jedoch eine gewisse Anzahl von Kopien, was heute technisch kein Problem mehr darstellt und bereits vielfach umgesetzt wird. Diese Erlaubnis und das private Kopieren sind dann aber bereits mit dem Kaufpreis abgegolten.

Pauschale Abgaben, wie sie von den Verwertungsgesellschaften gefordert werden, waren im analogen Umfeld sicherlich sinnvoll und notwendig. Hier konnte keinerlei Kontrolle ausgeübt werden, um den Ansprüchen der Autoren gerecht zu werden. Im digitalen Umfeld dagegen sind diese Alternativen vorhanden und sollten genutzt werden.

Die Verwertungsgesellschaften sprechen weiterhin davon, dass jeder Kopierschutz umgangen werden kann. Damit wird der Verbraucher aber zwangsläufig von vorneherein kriminalisiert.

Sind wir ein Land von Raubkopierern? Nein, die meisten Anwender wollen sich eine ganz legale und auch erlaubte Audiokopie für ihren CD-Spieler im Auto ziehen. Bei den heutigen Preisen für Tonträger darf es nicht verwundern, dass kaum jemand bereit ist, im Sommer seine wertvolle CD-Sammlung Temperaturen von bis zu 60 Grad (in der prallen Sonne kann sich das Auto sogar bis auf 80 Grad aufheizen) auszusetzen.

Meinung des Redakteurs

Wir brauchen unbedingt ein digitales Right-Management, um die Rechte der Verbraucher auch wirklich einzufordern. Es kann nicht sein, dass nach dem Gießkannenprinzip alle für wenige zahlen, die wirklich nur kopieren. Aber damit würden die Verwertungsgesellschaften überflüssig werden.

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