Ingram Micro angelt sich Tulips PC-Fabrik

06.04.1998

S'HERTOGENBOSCH: Pech für Vobis: Tulips nagelneue PC-Fabrik, um die der Computerhändler aus Aachen mehrere Wochen mit anderen hochkarätigen Kaufanwärtern gerangelt hatte, geht in den Besitz von Ingram Micro über.Eine Investition in die Zukunft sollte es werden: Mehr als 85 Millionen Gulden (rund 75 Millionen Mark) hatte sich Tulip die neue PC-Fabrik im holländischen s'Hertogenbosch kosten lassen. 500.000 PCs, so die Planung der Holländer, sollten dort künftig jedes Jahr gefertigt werden. Doch dann drohte vor wenigen Wochen das Aus für einen der letzten europäischen PC-Hersteller - und die PC-Fabrik stand zum Verkauf (siehe ComputerPartner Nr. 8/98, Seite 8).

Für den neuen Besitzer Ingram Micro kam die Tulip-Schieflage wie gerufen: Um künftig in großem Stil PCs von IBM und Compaq zusammenzuschrauben, sei man auf der Suche nach geeigneten Fabrikationsstätten, ließ der weltweit größte IT-Distributor vor kurzem wissen. In dem neuerworbenen holländischen Werk sollen nach Auskunft von Ingram neben IBM- und Compaq- weiterhin auch Tulip-PCs assembliert werden. Den "Rest" von Tulip übernimmt die niederländische Finanzierungsgesellschaft Royal Begemann Group, die über Marketing, Verkauf und Entwicklung wachen will.

In der deutschen Tulip-Filiale in Düsseldorf bleibt nach Angaben von Geschäftsführer Manfred Tigges alles beim alten. "Für unsere Partner ändert sich nichts. Auch die deutsche Tulip GmbH wird es weiter geben", erklärt er gegenüber ComputerPartner. Nur die niederländische Führungsriege um Franz Hetzenauer wird gehen.

Mit dem Erwerb der Tulpenfabrik und dem Engagement in Sachen Channel-Assembly dürfte Ingram Micro die Marktführerschaft im weltweiten

Disti-Geschäft ein gutes Stück untermauert haben. In nur vier Jahren verdreifachte der Distributor aus Santa Ana in Kalifornien seine Umsätze (1997: 16,6 Milliarden Dollar) und stieg damit zur Nummer eins unter den Broadlinern auf. Der Gewinn lag bei 193,6 Millionen Dollar (+ 50 Prozent). Allein im ersten Quartal 1998 verdiente Ingram 56,5 Millionen Dollar (+ 40 Prozent).

Eine Schwachstelle bleibt aber trotz der Übernahme von J&W im letzten Jahr noch immer der deutsche Markt. Der Abgang von Deutschland-Chef Sven Janssen im Juni (siehe Meldung auf dieser Seite) nährt wiederum die Spekulationen, daß Ingram doch noch Macrotron übernehmen wird. Es gibt sogar Brancheninsider, die wissen wollen, daß der Deal bereits perfekt sei. (su/sic)

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