Ingram Micro drängt in den Home-Entertainment-Markt

29.11.2001
Noch muss Ingram Micro die auf der Systems vorgestellten Plasmabildschirme der Eigenmarke Videoseven (V7) teuer einfliegen, dennoch wurden innerhalb einer Woche sagenhafte 60 Geräte verkauft. Das ist Display-Chef Nils Bischoff aber nicht genug. Er setzt aufs Volumengeschäft und will daher auch in den TV-Fachhandel.

Ein 42-Zoll-Plasmabildschirm mit Fujitsu-Panel für einen Endkundenpreis von unter 11.000 Mark? Das gibt#s ja gar nicht. Doch, der Münchener Distributor Ingram Micro macht es mit der Eigenmarke V7 möglich und hat laut Display-Chef Nils Bischoff kurz nach der Weltpremiere auf der Systems innerhalb einer Woche schon über 60 Stück verkauft (siehe ComputerPartner 38/01, Seite 58). "Das sind mehr als einige andere Anbieter in einem Jahr machen", frohlockt Bischoff.

Die Spezifikationen des "V7 P42SX" können sich wirklich sehen lassen: Das 16:9-Gerät kommt mit einer Kontrastrate von 580:1, einem Bildwinkel von 160, einer Vielzahl von Video- und Audioschnittstellen und mit zwei Jahren Garantie inklusive Panel und Backlight. "Und das zu einem Preis, der um 2.000 bis 4.000 Mark günstiger ist als im Vergleich zu den Plasmabildschirmen der wichtigsten Konkurrenten", triumphiert Bischoff.

Ziel ist das Volumengeschäft auch über den TV-Handel

"Bei Plasmabildschirmen winken Fachhändlern noch richtig Margen. Ich verdiene daran aber zur Zeit noch relativ wenig, denn um richtig Gas zu geben, müssen wir die Geräte noch einfliegen. Das schlägt natürlich stark zu Buche. Wenn wir die Plasmabildschirme per See verschiffen, lassen sich die Frachtkosten auf ein Bruchteil reduzieren. Dafür brauche ich aber Volumen", betont Bischoff und sagt auch gleich, wo die Reise hingehen soll: "Wegen unserer streng auf den IT-Handel ausgerichteten Kundenstruktur hängt der Verkauf noch sehr stark an Projektgeschäften. Anfang des ersten Quartals 2002 wollen wir aber auch in den Markt für Home-Entertainment. Schließlich handelt es sich um ein Produkt, bei dem sich TV- und PC-Fachhandel stark vermischen."

"Es ist an der Zeit, in dem Markt etwas zu bewegen"

V7 sieht sich mit den Plasmabildschirmen nicht zuletzt als Preistrendsetter, auch wenn einige A-Brand-Anbieter sich darüber vielleicht weniger freuen mögen.

"Es ist an der Zeit, in dem Markt etwas zu bewegen", sagt Bischoff und denkt für das erste Quartal schon über einen Endkundenpreis von 9.999 Mark nach und peilt für das zweite Quartal 2002 bei steigenden Spezifikationen schon die 9.00er-Marke an. "Preisrutsche kommen mit dem Volumen, und da wollen wir rein."

Bischoffs Pläne für den V7-Brand gehen aber noch weiter: "Im zweiten Quartal werden wir sicherlich auch Projektoren im Portfolio haben. Zur Zeit sind wir noch in der Evaluierungsphase und auf der Suche nach dem richtigen OEM-Hersteller." Und das braucht Zeit. Mit Lowend will sich Bischoff bei Projektoren nicht abgeben. "Ein solches Gerät muss Highend-Specs haben und mit den A-Brands vergleichbar sein, wobei wir aber preislich den Hebel ansetzen. Wichtig ist, dass wir mit einem Produkt aufwarten, das dort angesiedelt ist, wo der Markt hingeht, und nicht da, wo er verschwindet."

"Unsere Klientel ist in erster Linie der Fachhandel"

Auf die Frage, wie V7 sich gegen die A-Brands im Markt etablieren soll, weiß Bischoff auch gleich eine Antwort: "Unsere Klientel ist der Fachhandel, und den müssen wir in Spezifikationen, Qualität, Preis und Services überzeugen, damit dieser unsere Produkte den Kunden als preisgünstige echte Alternative anbieten kann. Die Erfahrung gibt uns Recht: Normalerweise können Fachhändler White-Box-Produkte nicht mit ruhigem Gewissen anbieten, unsere schon."

Trotz des geplanten Einstiegs ins Projektorengeschäft denkt Bischoff nicht, dass sich diese Geräte anders als die Plasma-Boliden im Home-Entertainment durchsetzen werden. "Wenn man einen günstigen Beamer haben will, ist er vielleicht laut oder stinkt. Und dann braucht man noch eine Leinwand und muss vor allem bei älteren Geräten das Zimmer unter Umständen noch abdunkeln. Probleme über Probleme. Plasmabildschirme hingegen sind ja auch Schmuckstücke, die im Wohnzimmer etwas hermachen."

Bei TFTs geht Bischoff aufgrund der künstlichen Verknappung vonseiten der Panel-Hersteller, bei denen sich die B-Brands langsam wieder ausdünnen, von weiter ansteigenden Preisen aus. Dies betrifft insbesondere 15-Zoll-Geräte, die heute bei einem Endkundenpreispunkt von 899 Mark liegen und sich laut Bischoff im neuen Jahr noch einmal leicht verteuern werden. Den Fachhändlern könne der Preisauftrieb bei LCDs nur recht sein, sorge er doch für eine wesentlich erfreulichere Margensituation. Problematisch sei jedoch, dass die künstliche Verknappung für alle Anbieter auch mit Lieferengpässen einhergehe: "Bekommen wir mal 1.000 Stück herein, dann macht es am Nachmittag zack, und schon sind alle weg."

www.videoseven.com

ComputerPartner-Meinung:

Mit Plasmabildschirmen und Projektoren will der Broadliner Ingram Micro (Macrotron) mit seiner Eigenmarke Videoseven im deutschen Markt über den Preishebel eine der letzten Bastionen knacken, die noch nicht vom Margenverfall bedroht sind: das Display-Highend. Die Rechnung könnte aufgehen, denn ein Home-Entertainment-Freak, der bereit ist, für einen Fernseher 6.000 bis 8.000 Mark auszugeben, den jucken die letzten 1.000 oder 2.000 Mark auch nicht mehr. Die teuren Mitbewerber dürften zwar kochen, aber wie auch im TFT-Segment war es abzusehen, dass irgendwer mal den ersten Schritt macht, diesen Markt einer breiteren Kundenbasis zu öffnen. (kh)

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