Initiative aus Wirtschaft und Wissenschaft kreiert das Büro der Zukunft

11.07.1997
STUTTGART: Zusammen mit 16 Partnern aus der Industrie will das Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Arbeitswissenschaft und Organisation (IAO) das Büro des 21. Jahrhunderts ins Leben rufen. Geplant ist ein visionäres Bürolabor und die Teilnahme an der Expo 2000 in Hannover.Das klassische Büro befindet sich in der Auflösung", ist sich Professor Peter Kern vom IAO sicher. Habe bisher die Maxime gegolten "Arbeite in einer festen Struktur, am fixen Ort und zur bestimmten Zeit", erlaube die Informations- und Kommunikationstechnologie das "Arbeiten mit wem, wo und wann Du willst". Das ist ein erstes Ergebnis des Verbundforschungsprojekts "Office 21", das im vergangenen Jahr ins Leben gerufen wurde.

STUTTGART: Zusammen mit 16 Partnern aus der Industrie will das Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Arbeitswissenschaft und Organisation (IAO) das Büro des 21. Jahrhunderts ins Leben rufen. Geplant ist ein visionäres Bürolabor und die Teilnahme an der Expo 2000 in Hannover.Das klassische Büro befindet sich in der Auflösung", ist sich Professor Peter Kern vom IAO sicher. Habe bisher die Maxime gegolten "Arbeite in einer festen Struktur, am fixen Ort und zur bestimmten Zeit", erlaube die Informations- und Kommunikationstechnologie das "Arbeiten mit wem, wo und wann Du willst". Das ist ein erstes Ergebnis des Verbundforschungsprojekts "Office 21", das im vergangenen Jahr ins Leben gerufen wurde.

Nach zäher Werbung war es dem Stuttgarter IAO im Herbst 1996 gelungen, 16 Partner aus verschiedenen büro-relevanten Branchen für das Projekt zu gewinnen. Einstiegs-Obulus: rund 75.000 Mark. Was Immobilieninvestoren und Möbelfirmen, wie die Deutsche Bahn Immobilien GmbH oder die Schaerf AG sowie IT-Firmen - etwa Hewlett-Packard, Siemens oder SAP - gleichermaßen interessiert, ist die Frage, mit welchen Veränderungen künftig im Büromarkt zu rechnen ist. Betont Kern: "Wir wollten herausbekommen, wie das Büro in 20 oder 30 Jahren aussehen wird, welche Prozesse ablaufen und welche Produkte zum Einsatz kommen werden." So weckt beispielsweise die Diskussion um die Telearbeit, die möglicherweise Firmenbüros schrumpfen läßt, bei Immobilienfirmen, die derzeit noch riesige Dienstleistungsgebäude planen, verstärkte Aufmerksamkeit. Auch die Tendenz, daß weltweit immer mehr über das Internet agiert und kooperiert wird, hat Auswirkungen auf die Hersteller von Büroprodukten und Dienstleistern.

"Büro-Nomaden" suchen in der Firma ein Stück Heimat

Doch bevor die gemeinsame Initiative von Wissenschaft und Wirtschaft eine stichfeste Prognose wagen wollte, versuchten die Beteiligten in zahlreichen Expertengesprächen die Einflußfaktoren der Büroarbeit aufzuspüren. Mehr als 180 Faktoren summierten sich und - wen wundert es - einmal mehr wurde die Informations- und Kommunikation-stechnologie als Schlüsseltechnologie und Triebfeder ausgemacht. Die von den Fraunhofer-Wissenschaftlern entwickelten Szenarien-Entwürfe sollten das komplexe Faktorenspiel dann durchschaubar machen.

Die Darstellung der Zukunftsmodelle per Virtuell-Reality-Präsentationsshow im IOA-Labor in Stuttgart machte auf einen Blick klar, wo die Schwaben unsere künftige Bürowelt ansiedeln. Die beiden widerstrebenden Pole bilden das technikbegeisterte "Orion-Zeitalter", in dem Bürotürme zur temporären Tag- und Nachtarbeit einladen und das von Chaos und von Untergangsstimmung geprägte "Metropolis", das technikskeptisch und protektonistisch alte Strukturen verteidigt. Der (Büro)-Garten "Eden" zeigt futuristische Telearbeitsplätze im eigenen Heim, das in "stabile hierarchische Unternehmensverbünde mit starken Abhängigkeitsbeziehungen" eingebunden ist. Diese Firmenverbünde versuchen im transnationalen Wettbewerb ihre Marktfähigkeit zu erhalten. Handfester für die Presse, die nur mit den Highlights der Untersuchung, nicht aber mit der ausführlichen Studie versorgt wurde (diese bekamen vorerst nur die Firmenpartner ausgehändigt), waren die Erfahrungen aus dem experimentierfreudigen Schweden, das seit einiger Zeit Telearbeit und mobile Büroarbeitsplätze in gewandelten Firmengebäuden testet. Projektleiter Kern: "Nicht die Vereinsamung der Telearbeiter ist das Problem, sondern der fehlende Schulterschluß der Betriebsangehörigen." Das wirke sich auch auf die Corporate Identity und Kundenorientierung aus. Deshalb würden sich Manager und Organisatoren überlegen, die Sozialaktivitäten zu formalisieren, etwa mit regelmäßigen Treffs der mobilen Arbeiter in der Firma und Erfahrungsaustausch. Der Manager müsse immer mehr zum Coach werden und die Aufgabe der Firma sei, den "Büro-Nomaden" ein Stückchen Heimat zu bieten.

Teilnahme an der Expo 2000 in Hannover geplant

Die nächsten Schritte der multidisziplinären Initiative sollen bis zum Jahr 1999 abgeschlossen sein. Ziel: Neue Produkte, Prozesse und Gesamtlösungen aus den Studienergebnissen ableiten und umsetzen. Einen besonderen Stellenwert soll dabei die "Office-Sphere 21" einnehmen - ein Innovationslabor, das ab Herbst 1998 als Ausstellungs- und Projektstandort dienen soll.

Im Moment wird mit der Kölner Messe, dem Stuttgarter Immobilienunternehmen des Senator Häussler und mit dem beteiligten Partner Bilfinger + Berger Projektentwicklung GmbH über die besten Kooperationsbedingungen verhandelt. Und zu guter Letzt ist die Teilnahme an der Expo 2000 geplant, wobei es derzeit noch um ungelöste Kostenfragen geht.

Gabi Visintin Die Autorin ist freie Journalistin in Stuttgart.

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