Inkonsequenter geht es nimmer

18.10.2001

Die Verhaltensweise von AMD bei der Vorstellung seiner vier neuen Desktop-Prozessoren (siehe Seite 100) ist an Inkonsequenz kaum zu überbieten. "Die Leistung ist wichtiger als die MHz-Zahl", heißt es neuerdings aus der Firmenzentrale im kalifornischen Sunnyvale. Mir erscheint diese Aussage ziemlich lächerlich. Lange Zeit - vor allem so lange man Erster ist - wird im Wettstreit um die schnellste CPU kräftig mitgemischt, und "plötzlich" ist das alles nicht mehr so wichtig!?

Rückblick: Vor zwölf Monaten klang das noch ganz anders. AMD hatte groß getönt, dass man den - zur damaligen Zeit - schnellsten Prozessor (Athlon mit 1.000 MHz) liefern könne. Konkurrent Intel war zu jener Zeit nicht über einen Pentium III mit 933 MHz hinausgekommen. Doch die Zeiten ändern sich, und so wechselhaft wie das Wetter scheint auch AMDs Einstellung zu sein. Frei nach dem Motto: "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?"

Ebenfalls ein starkes Stück erlaubt sich AMD mit Blick auf die Käufer. Intel wirbt beim Pentium 4 mit einer hohen Taktrate. Was AMD kürzlich auch noch getan hat. Daher ist es fast schon unverschämt, die Kunden, die auf eine hohe MHz-Zahl als Zeichen hoher Leistung setzten, nun als Opfer von Intel darzustellen. Vielmehr will AMD schlicht und einfach nicht zugeben, dass es derzeit nicht in der Lage ist, Prozessoren mit Frequenzen jenseits 1,5 GHz herzustellen.

Das Gebaren von AMD erinnert an ein kleines Kind, das mit seinem Spielkameraden wetteifert, wer mit seinen Bauklötzchen den höchsten Turm bauen kann. So lange das Kind den höchsten Turm für sich beanspruchen kann, ist alles in Ordnung und jeder soll es erfahren. Doch dann bringt der Spielkamerad plötzlich Klötzchen aus besserem Material daher, oder er hat vielleicht einfach nur mehr Geduld oder Gefühl in den Händen. Jedenfalls hat er nun den höchsten Turm. Und "plötzlich" sagt das Kind, dass es eigentlich völlig egal sei, wie hoch der Turm sei, da man mit den Klötzchen auch etwas Anderes und Sinnvolles bauen könne. Ein typisches Trotzverhalten von Heranwachsenden - oder von Zweitplatzierten.

Jetzt, da AMD seine Felle davonschwimmen sieht, will es sich über die "relative Leistung" retten. Der schnellste der vier neuen Athlons arbeitet mit einer Taktfrequenz von 1,53 GHz, trägt aber die Bezeichnung "Athlon XP 1800+". Damit will AMD den Kunden suggerieren, dass ein Athlon XP 1800+ mindestens genauso schnell ist wie Intels Pentium 4 mit 1,8 GHz. Bei der Bezeichnung "1800+" handelt es sich also nicht um eine Taktrate. Es ist lediglich eine Modellnummer. Und damit sind wir bei der zweiten Inkonsequenz: Wenn es AMD nicht auf die Taktzahl ankommt, warum - um alles in der Welt - hat es AMD dann nötig, mit einer "irreführenden" Modellnummer zu operieren?

AMD sollte einfach ehrlich sein und sich auf seine Stärken besinnen: schnelle und gute Prozessoren zu einem günstigen Preis zu verkaufen. Dann hätte es auch der Fachhändler leichter, dem Kunden gegenüber zu argumentieren. Sich in Marketingschlachten zu verzetteln ist noch keinem Hersteller gut bekommen.

Christian Töpfer

ctoepfer@computerpartner.de

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