Hochglanzbroschüren lügen oft

Innovationskultur? Fehlanzeige

29.09.2011
Viele Firmen versuchen, Geistesblitze durch Regeln und Anordnungen zu erzeugen, sagt Jens-Uwe Meyer.
In vielen Unternehmen bleiben Zukunftsfragen unbeantwortet.
In vielen Unternehmen bleiben Zukunftsfragen unbeantwortet.

Die meisten Unternehmen haben erkannt: Unser künftiger Erfolg hängt weitgehend von unserer Fähigkeit zur Innovation ab. Nur wenigen gelingt es aber, in ihrer Organisation eine Kultur zu schaffen, die Kreativität und Innovation fördert - stattdessen versuchen sie, Geistesblitze durch Regeln und Anordnungen zu erzeugen. Das zeigt die Studie "Erfolgsfaktor Innovationskultur". Für sie wurden fast 200 Innovationsmanager und Top-Manager befragt.

Die meisten Unternehmen sind Innovations-Pioniere - wenn man ihren Hochglanzbroschüren und Jahresberichten glaubt. Doch wie sieht die Realität aus? Um dies zu ermitteln, befragte die Ideeologen Gesellschaft für neue Ideen mbH 194 Verantwortliche in den Bereichen Business Development und Produktentwicklung sowie Vorstände und Geschäftsführer von Unternehmen im deutschsprachigen Raum zur Innovationskultur in ihrer Organisation. Das Ergebnis ist ernüchtert: Zwar erachten die meisten Unternehmen, die Fähigkeit zur Innovation als zentralen Erfolgsfaktor, doch wenn es darum geht, Ideen wirklich voranzutreiben, treten sie oft auf die Bremse.

Die Befragung ergab unter anderem: Nur in jedem dritten Unternehmen ist Innovation ein Teil des täglichen Tuns. 70 Prozent belassen es bei Ankündigungen oder gehen Innovationen halbherzig nach. Und mehr als 80 Prozent der Unternehmen lähmen sich und ihre Mitarbeiter durch lange Entscheidungswege. Eine wirkliche "Macherkultur" hingegen - also ein Umfeld, das kreativen Köpfen zwar einen Rahmen vorgibt, sie aber ansonsten "machen" lässt - existiert nicht einmal in jedem sechsten Unternehmen. Und in drei von vier Unternehmen wird Innovation nur so lange gefördert, wie sie nichts kostet. "Innovations-Budgets", mit denen Mitarbeiter überzeugende Ideen rasch umsetzen können, gibt es gerade mal in jedem vierten Unternehmen.

Beim Thema Innovation extrem uninnovativ

Was ist Wahnsinn? Der ehemalige US-Präsident Benjamin Franklin drückte es so aus: "Immer wieder das selbe tun und dabei auf andere Ergebnisse hoffen." Genau das tut ein Großteil der Unternehmen, wenn es um das Thema Innovation geht. Sie setzen immer wieder auf die "bewährten" Prozesse, um Innovation voranzubringen. Dabei ist spätestens seit Mitte der 90er Jahre bekannt: Innovation lässt sich durch schwerfällige Prozesse nicht effektiv steuern. Und zahlreiche Studien belegen, dass die klassischen Innovationsprozesse mit Verantwortlichkeiten, Schnittstellendefinitionen und klaren Regeln nur für eine Art von Innovation geeignet sind: inkrementelle Verbesserungen und Neuentwicklungen, die nah dran am Bestehenden sind. "Echte" Innovationen hingegen brauchen andere Managementkonzepte und Innovationsmodelle - zum Beispiel solche, wie sie die Forscher Teresa Amabile (Harvard Universität) sowie Alan G. Robinson und Sam Stern von den Universitäten Massachusetts und Oregon entwickelt haben, um Innovation wendiger, kreativer und schneller zu machen. Sie beruhen meist auf der Idee kleiner Start-up-Teams im Unternehmen, die eigenverantwortlich handeln, schnell und flexibel Hürden überwinden und sich ihre Themen mitunter sogar selbst suchen.

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