Intel GmbH

10.07.1999

Herrn Günther JüngerDornacher Str. 1

85622 Feldkirchen

München, 04.10.1999

Sehr geehrter Herr Jünger,

es gibt nicht viele Dinge, die meinen Kollegen Hans-Jürgen Humbert aus der Ruhe bringen. Dazu ist er schon zu lange in der Branche und hat zu viel gehört, gesehen und erlebt. Aber in der letzten Woche geriet sein inneres Gleichgewicht dann doch ganz gehörig ins Wanken. Und das kam so:

Herr Humbert hatte sich zum Ziel gesetzt, nähere Hintergründe zur Panne mit dem Camino-Chipsatz von Intel (Verschiebung der Markteinführung auf unbestimmte Zeit) zu recherchieren und hat sich daher ans Telefon gehängt und mit zahlreichen Boardherstellern, Distributoren und anderen Insidern im In- und Ausland telefoniert. Nach acht Stunden Dauertelefonieren hatte Herr Humbert nicht nur Blumenkohlohren, sondern war, was die Firma Intel und ihre Geschäftspraktiken betrifft, auch restlos bedient.

Nun wissen wir ja, daß der amerikanische Chipgigant nicht gerade zimperlich ist, wenn es um die Absicherung seiner Marktposition geht. In dem Verfahren vor der amerikanischen "Federal Trade Comisson" (FTC), der Zwillingsschwester der Kartellbehörde des Justizministeriums, sind ja einige interessante Details bekannt geworden, wie Intel mit Geschäftspartnern umspringt, die sich nicht im gewünschten Maße kooperativ zeigen. Jetzt hat Kollege Humbert ein weiteres Beispiel für die knallharten Geschäftsmethoden der US-Company ausgegraben.

Nach den Informationen, die Herr Humbert erhalten hat, setzt Intel den Motherboard-Herstellern die Pistole auf die Brust, um die Auslieferung von Boards für den Athlon-Chip des Konkurrenten AMD

zu verhindern. Wenn Ihr die Athlon-Boards ausliefert, so die Drohung Intels, können wir Euch nicht garantieren, daß wir Euch in der nächsten Zeit ausreichend BX-Chipsätze, die für die Herstellung der aktuellen Intel-Boards benötigt werden, liefern können.

Offenkundig hat Intel damit Erfolg. Einige Hersteller haben die Auslieferung der Athlon-Boards bereits gestoppt - aufgrund "technischer Probleme", wie es offiziell heißt. Mehr wollten die Gesprächspartner von Herrn Humbert zu den Geschäftspraktiken von Intel nicht sagen. Die Angst vor Repressionen geht um. "Wenn Sie meinen Namen oder den meiner Firma nennen, kann ich mir einen neuen Job suchen", meinte einer. Und ein anderer: "Überweisen Sie mir eine Millionen auf ein Schweizer Bankkonto, dann packe ich aus."

"Business is war", meint lapidar der amerikanischen Erfolgsautor Michael Crichton ("Nippon Connection").

So läuft sie eben, unsere Marktwirtschaft. Damit müssen wir alle leben. Und Herr Humbert auch.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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