Intel hat sich von AMD zu stark ins Gigahertz-Rennen treiben lassen

22.06.2000
Noch hat Intel sowohl bei Chipsätzen als auch Prozessoren die Nase vorn. Doch die Lieferengpässe des einstigen Alleinherrschers drängen die Boardhersteller scharenweise in die Arme der AMD-/Via-Front.

Obwohl viele Boardhersteller es offenbar leid sind, sich von Intel herumkommandieren zu lassen, hält sich ihre Schadenfreude ob der Lieferengpässe beim Chipkrösus in Grenzen: "Als Intel das Zepter noch fest in den Händen hielt, war für uns die Welt noch in Ordnung", beschreibt Gigabyte-Präsident Richard Ma stellvertretend die Verunsicherung der Boardanbieter, auf welche Technologie sie in Zukunft setzen sollen.

"Intel hat sich von AMD zu sehr in die Gigahertz-Schlacht treiben lassen. Das ist der eigentliche Grund, warum die Lieferschwierigkeiten haben." So sieht es jedenfalls Marketingdirektor Richard Brown von Via Technologies, und er fügt hinzu: "Wünschenswert gewesen wäre eine Kooperation mit Intel, doch so bleibt uns nur offene Feindschaft." Grund für die Konfrontation ist der, dass Via sich mit AMD verbündet hat, um PC133 zum Durchbruch zu verhelfen, und damit offenbar gut gefahren ist: "Zwischen 1998 und 1999 konnten wir unseren Marktanteil von 17 auf 23 Prozent steigern", prahlt Brown und setzt noch hinzu: "Für Ende dieses Jahres streben wir die 50-Prozent-Marke an."

Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, geht der Intel-Herausforderer mehrere Wege: Zum einen wolle man enger mit Grafikkarten-Herstellern zusammenarbeiten, "wo Intel wenig zu bieten hat". Gute Absatzchancen verspricht sich Via auch von den neuen KT- und KM-Boards für AMDs nächste Athlon-Prozessoren sowie von einer neuen Speichertechnologie, die Intels Rambus-Pläne einen mächtigen Strich durch die Rechnung machen soll, nämlich Double Data Rate SDRAM (DDR oder PC266). Darüber hinaus hat sich Via auch vorgenommen, mit dem komplett überholten Cyrix III den Markt für Lowend-Prozessoren, etwa für Settop-Boxen, von unten aufzurollen.

Trotz Gerüchten über angebliche Stabilitätsprobleme gibt es kaum einen Motherboardhersteller, der nicht mindestens eine KT-Platine im Programm hat, von denen die meisten sogar bereits im nächsten Monat in die Massenproduktion gehen sollen. Soyo brüstet sich sogar damit, das erste KM-Board mit Savage-4Pro-Grafikchipsatz auf den Markt zu bringen.

Intel vergrault vor allem die Kleinen

Auf die ersten Boards, die DDR unterstützen, wird man allerdings noch warten müssen. "Im dritten Quartal werden wir die ersten Samples herausgeben, im vierten Quartal in die Massenproduktion gehen", verspricht Brown. Auch wenn die meisten Hersteller die neue Technologie als Alternative zum teuren Rambus dankbar annehmen, hält sich ihre Begeisterung offenbar noch in Grenzen. "Einmal gibt es noch Stabilitätsprobleme, außerdem warten alle darauf, dass auch Intel zu DDR übergeht", verrät ein Soyo-Mitarbeiter. Dass Intel die neue Technologie vorübergehend zumindest annehmen muss, ist für Dirk Neuneier von Elitegroup keine Frage. Schließlich gelte es für den Chipriesen, Marktanteile zu verteidigen. So sind 1999 nach Angaben des Taipeher Market Intelligence Center (MIC) über 80 Prozent aller in Taiwan hergestellten PCs - die meisten davon für die Top-OEM-Auftraggeber - mit Intel-CPUs ausgeliefert worden, und der 440-BX-Chipsatz hatte immerhin noch einen Marktanteil von mehr als 60 Prozent. Doch während Intel die großen Boardhersteller wie Asus, MSI, Gigabyte, Elitegroup, Biostar Microtech, FIC und Mitac bevorzugt behandelt, werden die kleineren durch die Lieferschwierigkeiten bei dem Chipriesen geradezu in die Arme von AMD und Via getrieben. So ist für MSI-Marketingspezialist Bryan Liao eines klar: "Neben Intels 815er Chipsatz wird sich der KT-133 auf Sockel A ab dem dritten Quartal als Mainstream durchsetzen."

Doch nachdem nicht einmal Intel absehen konnte, wohin die Nachfrage geht, sind vor allem die kleineren Hersteller zutiefst verunsichert, auf welches Pferd sie nun setzen sollen. (kh)

www.asiaitreport.com

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