Sensation

Intel und Nvidia unterschreiben Lizenztauschabkommen

01.04.2010
Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Nach diesem Motto scheinen sich derzeit zwei alte Streithähne gegen AMD/ATI zusammenzutun: Nvidia und Intel.

Intel hat es nicht leicht, man kämpft an allen Fronten: Bei der Grafik hat man zwar (noch) die höchsten Marktanteile, ist mit dem GPGPU-Versuch Larrabee aber gründlich auf die Nase gefallen, und bei den Prozessoren hat man zwar ein solides Portfolio, dafür aber ständig die amerikanische Marktaufsichtsbehörde FTC im Nacken, die der Chip-Schmiede ein Monopol unterstellt.

Auch in Europa bekommt der Chip-Riese ständig Ärger mit der Justiz. Im Zuge ihrer Monopolmissbrauchs-Klage gegen Intel legte die FTC im Dezember eine Wunschliste mit möglichen Lösungen vor. Eine davon war, dass Intel x86-Lizenz an andere Firmen geben solle.

Offenbar fand Intel Gefallen daran – oder zog es zumindest den Alternativen vor. Heute am 1. April sickerten Informationen über ein sogenanntes Cross-Licensing Agreement durch – zwischen Intel und Nvidia. Diese beiden Firmen verbindet inzwischen eine Hass-Liebe, der der Grafikspezialist gerne auch in Comicform Ausdruck verleiht. Das Ergebnis ist aber nichts weniger als eine Sensation, denn Intel will NVIDIA nicht wieder nur eine Chipsatz-Lizenz gewähren sondern sogar erlauben, x86-kompatible CPUs zu entwerfen und herzustellen. Im Gegenzug bekommt Intel Lizenzen für gewisse NVIDIA-Techniken im Bereich GPGPU Computing, also CUDA.

Davon profitieren beide: Nvidia darf endlich offiziell mit dem x86-Prozessor herausrücken, an dem die Firma gerüchteweise schon seit Jahren arbeitet, während Intel endlich brauchbare Grafik-Technik in seine Chipsätze beziehungsweise CPUs einbauen könnte.

Der eigentliche Clou ist aber, dass so beide Firmen in der Lage wären, direkt mit AMDs „Fusion“ Ansatz zu konkurrieren, der Verschmelzung von CPU und (potenter) Grafikeinheit samt GPGPU-Fähigkeiten. Immerhin kann selbst eine „kleine“ Grafiklösung es in gewissen Aufgaben mit einer Quad-Core-CPU aufnehmen: Stichwort Video-Transcoding. Eben solche könnten die Firmen direkt auf den Dies zukünftiger Prozessoren einsetzen. Konkrete Informationen sind derzeit noch mehr als spärlich gesät, nur einen Codenamen hat man bei Intel schon für die CPU/GPU-Kombination vergeben: April Falls.

Interessant dürfte auch sein, welche Auswirkungen sich für den GPGPU-Markt ergeben. Immerhin wird es in Zukunft zwei Firmen geben, die CUDA kräftig unterstützen. Beide davon sind dafür bekannt, Entwicklern stark unter die Arme zu greifen, sei es finanziell oder mit Know-How. Nicht zu vergessen: Intel schreibt seine eigenen Compiler, Nvidia die passenden Plug-Ins für CUDA. Auf der Ebene sollte der Austausch also schon sehr bald Früchte tragen.

Für AMDs Stream dürfte die Luft nun aber zunehmend dünn werden. Inwiefern OpenCL als offener Standard betroffen ist, lässt sich schwer abschätzen. Mit CUDA hätte man zwar einerseits das Ruder selbst in der Hand, aus PR-Sicht ist ein geschlossener Standard aber meist die weniger sympathische Lösung. Zuletzt stellt sich auch die Frage, ob NVIDIA und Intel ihr nun nicht unerhebliches Gewicht im GPGPU-Bereich nutzen werden, um Microsoft bei DirectCompute, das Bestandteil von DirectX 11 ist, neue „Wunschlisten“ zu präsentieren und sie durchzusetzen.

Es ist nicht zu erwarten, dass die FTC gegen dieses Abkommen Widerspruch einlegt, da sie selbst die Grundlage gelegt hat. Lizenztauschabkommen wie diese sind außerdem nichts Ungewöhnliches: AMD und Intel schließen sie beispielsweise regelmäßig ab. So kam Intel an AMDs x64-Erweiterung des x86-Befehlssatzes, während AMD im Gegenzug beispielsweise SSE3 nutzen darf. AMD hat mit der Ausgründung seiner Fertigungsabteilung in die Global Foundries genannte Firma die Beziehung zu Intel in letzter Zeit auch stark strapaziert, und Intel drohte sogar mit der Kündigung des Lizenzabkommens. Insofern dürfte Intel dieser Coup gegen den ewigen (kleinen) Rivalen durchaus erfreuen. (tecchannel; cvi) (wl)

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