Intels Merced nähert sich auf Sammetpfoten

20.03.1998

SANTA CLARA/USA: Erst in über einem Jahr soll Merced, Intels 64-Bit-Prozessor, offiziell der Öffentlichkeit präsentiert werden. Dennoch arbeiten Intel und Partner bereits fieberhaft an den Vorbereitungen für die Ankunft des Stars in spe.Offiziell sollen die ersten System- und Software-Entwicklungen rund um den Merced erst gegen Ende nächsten Jahres auf dem Markt sein, dennoch ist die Entwicklungszeit aufgrund der komplexen Architektur des 64-Bit-Prozessors bereits knapp.

Viel von der verbleibenden Zeit werden Intel und Intel-Partner der Vorbereitung der ersten Merced-Muster widmen, die im vierten Quartal dieses Jahres ausgesuchten OEMs in begrenzter Zahl zur Verfügung gestellt werden sollen.

Zwei wichtige Vorarbeiten zur Vervollständigung des Prototyps gilt es jedoch noch zu leisten: Da ist zum einen die Lieferung der Software Development Kits (SDK) von den Intel-Partnern, zum anderen die Abstimmung zwischen den OEMs und Intel bezüglich des System-Designs. Beide Aufgaben sollen laut Intel noch in diesem Quartal ernsthaft angepackt werden.

Software Development Kits trudeln ein

Hewlett-Packard, Intel-Partner in Sachen Merced-Design, bringt ein Software-Transition-Kit heraus, das es Entwicklern ermöglichen soll, HP-UX-11-Applikationen von HPs PA-RISC-Architektur auf den Merced zu übertragen. Das Kit steht unter www.hp.com gratis zum Download zur Verfügung.

Auch Sun Microsystems Inc. hat kürzlich sein SDK für Merced-Applikationen auf Solaris-Basis herausgegeben.

Die Microsoft Corp. wird ein SDK als Teil seiner zweiten Beta-Version für Windows NT 5.0, die voraussichtlich im April herauskommt, verteilen. Das Kit soll es Entwicklern ermöglichen, Applikationen zu erstellen, die kompatibel zur 64-Bit-Version von NT sind. Allerdings wird die Microsoft-Lösung laut Ed Muth, Microsoft-Produkt-Marketingmanager für Personal Business Systems, keine 64-Bit-Compiler enthalten, die zum Schreiben nativer 64-Bit-Applikationen nötig wären. Ein volles 64-Bit-NT-SDK soll eventuell gegen Ende dieses Jahres verfügbar sein.

Design-Abstimmung zwischen Intel und Partnern

Im vierten Quartal dieses Jahres werden OEMs dann auch Prototypen von Systemen auf Merced-Basis herstellen, auf denen erste Versionen von IA-64-Applikationen laufen können.

"Wer sich als Entwickler heute in Sachen Design nicht auf den Merced einstellt, wird zurückbleiben", ist Ronald Curry, Marketing-Direktor für Intels Microprocessor Products Group, überzeugt. Momentan orientieren sich System-Anbieter wie Compaq Computer Corp., HP, IBM, Sequent Computer Systems Inc., Data General Corp. sowie Netpower Inc. an gedruckten Informationen zum Merced, um Hauptplatinensockel, elektrische Signale und Stromversorgung zu entwerfen.

Bei diesen Herstellern will Intel im nächsten Monat mit dem Design-Check beginnen. Da der Merced auf einer völlig neuen Architektur basiert, müssen sich Systemanbieter mit den neuen thermischen und elektronischen Gegebenheiten vertraut machen. "Wir wollen sichergehen, daß die Merced-Muster sofort funktionieren, demnach müssen wir Dinge wie Luftstrom und Strom überprüfen", ist sich Curry bewußt.

Ebenfalls im nächsten Monat wird der Chip-König seine erste öffentliche Web-Site für Merced-Entwickler eröffnen.

Mit etwa 35 OEMs sowie Independant Software und Hardware Vendors arbeitete Intel in den vergangenen 18 Monaten an technischen Details und Spezifikationen. Eines der Unternehmen, die Merced-Unterstützung angekündigt haben, könnte in Sachen Entwicklung eventuell etwas in Verzug geraten: Digital Equipment Corp. wartet noch auf grünes Licht der US-Bundesbehörden, um das Chip-Geschäft an Intel verkaufen zu dürfen. Bis der Deal endgültig ist, will Intel dem Unternehmen die wesentlichen Informationen zum Merced noch vorenthalten.

Dennoch gibt sich Bruce Claflin, Digitals Senior Vice-President of Worldwide Sales, zuversichtlich: Der mangelnde Zugriff auf die Merced-Dokumentation werde Digital nicht daran hindern, Systeme zur gleichen Zeit wie die restliche Industrie auf den Markt zu bringen. "Bis jetzt hat die Chips ja noch keiner", meint er, "wir werden bereit sein, wenn es alle anderen sind." (taf)

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