Internet: Breitbandnutzersurfen länger

04.07.2002
Die von der Bundesregierung angeregte Initiative D21 macht sich dafür stark, dass bis 2005 die Hälfte der deutschen Internetnutzer Breitbandanschlusshat. Es fehlt jedoch noch an Finanzierungskonzepten und vor allem an sinnvollen Anwendungen.

Von allen privaten Internethaushalte surfen laut den Marktforschern Netvalue und Emnid 86 Prozent noch auf der Schmalspur per ISDN oder Analogmodem. 1,35 Millionen oder 10,7 Prozent haben aber immerhin schon ADSL-Anschluss. Der klägliche Rest von 3,2 Prozent teilt sich auf Kabel und Satellit auf. Von einem blühenden Wettbewerbder Highspeed-Zugangstechnologien kann also noch keine Rede sein. Mit den neuen kabellosen Technologien Wireless-LAN und UMTS könnte sich das aber bald ändern. Dafür will sich auch eine neue Breitbandoffensive im Rahmen der Initiative D21 einsetzen, die sich bis 2005 zum Ziel setzt, die Hälfte aller deutschen Surfer auf den Highspeed-Internetzug zu ziehen. Tatsächlich waren die Zuwachsraten der letzten anderthalb Jahre immens. Allein zwischen Januar 2001 und März 2002 ist die Zahl der Breitbandnutzer von 4 auf 13,9 Prozent gestiegen. Vor allem Videoenthusiasten und online-verspielte junge Leute springen auf den Zug. Auch zeigt die Netvalue-Studie, dass die Verbindungsgeschwindigkeit sehr wohl Einfluss auf das Nutzungsverhalten hat. So liegt die Zielgruppenreichweite bei Breitbandnutzern im Schnitt bei 66,8 Prozent, bei ISDN- und Analogmodem-Nutzern hingegen nur bei 47,3 Prozent. Außerdem halten sich Breitbandsurfer im Schnitt mehr als doppelt so lange auf einer Webseite auf, zumal viele Webangebote wie Audio- und Videostreaming für sie dort erst richtig interessant werden, wo Schmalspurnutzer schnell die Waffen strecken.

Breitbandnutzer sprechen auch viel mehr auf Erotik an. Der deutsche Durchschnittssurfer hält sich 54 Minuten pro Monat beim "Thema Nummer eins" auf, ein Breitbandnutzer 78,8 Minuten. Doch ob das die Mühe lohnt, dafür eine Initiative zu starten? Schließlich reicht für den Download von Sexbildchen - etwas langsamer zwar - auch ein ISDN- oder normaler Modemanschluss aus. Wie bei UMTS fehlt es hier für das Gros der Internetnutzer noch an schlagkräftigen Argumenten, sprich an attraktiven Anwendungen und Inhalten, warum sie auf Breitband überwechseln sollen. Engelbert Suchla, Direktor IT-Planung und -Kontrolle bei BMW, warnt allerdings davor, die Breitbandtechnik zu sehr mit den Inhalten zu verbinden und immer nur nach der Killerapplikation Ausschau zu halten. Schließlich profitiere davon nicht zuletzt der B2B-Bereich, und nun gelte es, vor allem den Mittelstand zu überzeugen.

Uneins ist man sich auch in der Frage der Finanzierung von Breitbandangeboten. Während die einen schon vom Abschied von der Kostenlos-Kultur im Internet träumen und auf den Erfolg der SMS verweisen, setzen andere auf die Refinanzierung über Online-Werbung, die, multimedial verpackt, Emotionen weckt und damit dem Kino immer ähnlicher wird.

www.netvalue.com

www.initiatived21.de

ComputerPartner-Meinung:

Zusammen mit W-LAN und UMTS eröffnen sich dem Markt für Breitbandinternet vor allem im Firmenkundensegment sicherlich manche viel versprechende Perspektiven. Doch was nützen die schönsten Technologien, wenn die Masse der Internetnutzer darin keinen echten Mehrwert sieht? Und vor allem zu welchem Preis? Die Möglichkeit, Tante Erna auf der Alm für etliche Cent pro Minute life am Bildschirm winken zu sehen, kann es wohl nicht sein. Oder? (kh)

Zur Startseite