Internet-Fonds schießen wie Pilze aus dem Boden

03.02.2000
Eine bewährte Anlageform sind Fonds, die in Aktien von IT-Unternehmen (Hardware, Software, Chips), Telekommunikations- sowie Internet-Firmen investieren. Allerdings gilt es, hierbei ein paar wichtige Spielregeln zu beachten.

An der Börse gewinnen wollen alle. Aber was tun, wenn man sich mit der Aktienanalyse nicht auskennt oder keine Zeit dafür hat? Für den Einzelnen ist es praktisch unmöglich, sich im weiten Feld der Technologieaktien komplett auszukennen. Am Neuen Markt in Frankfurt zählen von den derzeit 210 gelisteten Unternehmen rund die Hälfte im engeren Sinne zum Technologiesektor. Einen kompletten Überblick dazu bietet aber keine Bank ihrer Kundschaft an. Die Geldinstitute verfolgen im Wesentlichen nur jene Werte genauer, die selbst emittiert wurden. Die amerikanische Nasdaq rechnet mindestens 2.000 Werte zum Sektor Technologie. An der neuen New York Stock Exchange dürften über 500 größere Firmen dazugehören.

Wer kann solche Datenmengen schon vernünftig bewältigen? Selbst erfahrene Analysten bearbeiten in der Regel nur ein Sachgebiet intensiv, zum Beispiel Software-Aktien und -Trends, und das auch noch nach Ländern unterteilt. Bei den Investment-Gesellschaften hingegen bündelt sich das Wissen und Können mehrerer Experten für die verschiedenen Aktiensektoren. Dazu dürfen auch noch die angestellten Weltökonomen etwas sagen, zum Beispiel über jährliche Wirtschaftswachstumsraten. Tatsächlich konnten sich die Erfolge vieler in Technologieaktien inves- tierenden Anlagegesellschaften in den vergangenen Jahren sehen lassen (siehe Tabelle). Das spricht einerseits für das Können der Profis. Andererseits hat sich die Geschichte der Technologieaktien zu einer Art Selbstläufer entwickelt, von der man noch nicht weiß, wie lange sie dauert und ob sie für alle Beteiligten glücklich endet.

Damit die Investment-Industrie keinen aktuellen Trend verpasst, wird jede erdenkliche Nische rund um den Globus sofort mit einem neuen Produkt abgedeckt. So legte die Nordinvest beispielsweise am 3. Januar 2000 mit dem Nordasia. com einen Fonds auf, der ausschließlich in asiatische Aktien mit Internet-Bezug investiert. Prognosen zufolge werden die jährlichen Wachstumsraten des Web in Asien besonders gigantisch sein - auch weil sie von einer niedrigen Basis ausgehen.

Noch vor drei Jahren gab es kaum einen vernünftigen Internet-Aktien-Investmentfonds. Heute sind sie die Stars jeder Kapitalanlagegesellschaft - dank zuletzt 500- oder 600-prozentiger Gewinne. Längst versucht jede Vermögensverwaltung die großen und bekannten Trends Informationstechnologie, Multimedia, Telekommunikation, Internet einzufangen - und das auf ähnliche Weise. Die einen legen Einzelfonds auf, die anderen stellen einen globalen Mix der Sparten zusammen.

Dass die Kundschaft die neuen Produkte bereitwillig kauft, zeigt die Statistik. 60 Prozent der Fonds, die derzeit angeboten werden, gab es vor vier Jahren noch nicht. Und in diesen Fonds liegen an die 50 Prozent des verwalteten Vermögens. Der wichtigste Erfolgsfaktor neben einer vernünftigen Wertentwicklung der Investment-Zertifikate besteht im überaus fruchtbaren Marketing und in Dutzenden von Kampagnen in eigener Sache.

Bislang funktioniert die Geldmaschine prächtig. Jedem Rückschlag folgten nach wenigen Monaten noch höhere Kurse. Den besonderen Charme erhalten die Zukunftsanlagen allerdings durch die Initiatoren selbst. Je mehr Milliarden sie in ihre Spezialfonds schleusen, desto stärker wird die Nachfrage nach den entsprechenden Papieren, was zu steigenden Kursen führt. Dieser Effekt hat den Internet-Aktien und vielen anderen Papieren in den vergangenen Jahren zu einem kräftigen Höhenflug verholfen - auch am Neuen Markt.

Besonders krass kommt dies in der Hitliste der Standard & Poor’s Funds Services der besten 50 Fonds des Jahres 1999 zum Ausdruck. Nicht weniger als 22-mal tauchen bei den verschiedensten in- und ausländischen Investment-Gesellschaften Fondsnamen mit Schwerpunkt "Nebenwerte Japan" auf. Der bekannteste Nebenwert Japan ist die Softbank-Holding mit einem Anstieg um über 1.000 Prozent im vergangenen Jahr. Die wertvollste Beteiligung besteht in den 27 Prozent der Aktien des amerikanischen Internet-Providers und Online-Merchant Yahoo, dessen Kurs von 100 auf vorübergehend 500 Dollar explodierte. Allerdings gehören nach riesigen Anstiegen Abstürze von 30 oder 40 Prozent binnen weniger Monate auch zum Geschäft. Daran können selbst die besten Experten nichts ändern. (kk)

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